Tattoos sind für alle da

krause

Daniel Krause – dank der Fernsehshow „Berlin sticht zu“ und regelmäßiger Auftritte im Sat1-Frühstücksfernsehen einer der prominentesten Tätowierer Deutschlands – erzählt in seinem Buch aus seinem bewegten Leben und was das Tätowieren und die ganze Szene für ihn bedeuten.

Aufgewachsen in Ost-Berlin, gerät er als Punk schon im Teenageralter mit der Staatsgewalt aneinander und landet schließlich kaum volljährig wegen wiederholter Renitenz im Gefängnis. Dort kommt er zum ersten Mal richtig mit dem Tätowieren in Kontakt und ist fasziniert von der symbolischen Bedeutung, die es über die pure Farbe unter der Haut hinaus gerade in einem DDR-Knast hatte. Sich gegenseitig im Gefängnis zu tätowieren wurde nämlich mit hohen Strafen geahndet, und ein Tattoo war die einzig wahre Form der Rebellion dort. Dennoch sollte es noch eine Weile dauern, bis Daniel Krause sein erstes richtiges (abgesehen von einer stümperhaften Rose mit 16) Tattoo bekommt und voll in die Tätowiererszene, die sich nach der Wende in Ost-Berlin erst etablieren muss, einsteigt.

Die Jahre nach der Wende verbringt er als Reisekaufmann und Türsteher, und vor allem letzterer Job bringt ihn mit der rauen Welt der Rockergangs und zwielichtigen Tattoo-Studios in Kontakt. Doch erst 1999 steigt er als Geldgeber in ein Studio ein, das Tätowiererhandwerk lernt er sogar noch später. Seit 1999 existiert das „Classic Tattoo“ (mittlerweile mit mehreren Filialen in Berlin) in Berlin-Mitte und ist zu einer festen Institution im Kiez und der Berliner Tattoo-Szene geworden. Nicht zuletzt durch die Persönlichkeit von Daniel Krause, der redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, oft derb, oft großkotzig, aber immer ehrlich und oft auch mit einer Prise Selbstironie; er präsentiert sich als herzlicher Mann, dem seine Nachbarn, sein Studio und seine Kunden alles bedeuten, der sich aber auch von niemandem dumm kommen lässt. Der Mann mit dem auffälligen Äußeren – muskulös, tätowiert bis zu den Handgelenken, Glatze und kleines Zöpfchen im Nacken – ist aber auch Vegetarier, sehr an Spiritualität interessiert und ein sehr nachdenklicher Mensch, der seinen Horizont auf ausgedehnten Reisen um den ganzen Erdball erweitert.

Einen großen Teil des Buches nehmen dann nach Eröffnung von „Classic Tattoo“ Geschichten über Kunden ein, über verrückte Erlebnisse, über die harte Macho-Welt der Tätowierer, über die unzähligen Frauen, die man in den Anfangstagen der Szene vernaschen konnte, generell über die wilden Zeiten damals. In der zweiten Hälfte des Buches wird es dann zum Glück etwas ernster, die hier vorgestellten Episoden handeln von tragischen und berührenden Begegnungen mit Kunden und von Leuten, deren Leben von ihrer Tattoo-Leidenschaft bestimmt wird. Außerdem werden die Zeit der Doku-Soap-Produktion und die enorme Popularität nach ihrer Ausstrahlung beschrieben, die ihm viele prominente Kunden (darunter Sarah Connor und andere Musiker, Schauspieler etc.) einbrachte.

Das Buch ist ein flüssig zu lesender Abriss von Daniel Krauses Leben und Karriere als Tätowierer und Tattoo-Shop-Besitzer, er will das Tattoo aus seiner Schmuddelecke holen und zeigen, wie normal der Körperschmuck mittlerweile geworden ist, dass er ein Ausdruck von Individualität ist und Respekt verdient. Leider erfährt man für meinen Geschmack zu wenig über das Tätowieren an sich, außerdem haben mich neben der extrem schnodderigen Sprache auch seine hobbypsychologischen Exkurse über das Wesen der Frau, Beziehungen und den Sex genervt – ein kleiner Macho ist Daniel Krause schon.
Wenn man das Buch aber mit dem Anspruch liest, etwas über ihn als Menschen zu erfahren und dabei auch über die für viele sicher fremde Welt des Tätowierens, wird man nicht enttäuscht werden.

:buch: :buch: :buch: :buch2: :buch2: (mit Tendenz zu vier Smileys)

Autor: Daniel Krause
Verlag: Droemer Paperback
Format: Paperback mit Klappenbroschur, 248 Seiten
Preis: € 14,99 (eBook: € 12,99)

Classic Tattoo
Berlin sticht zu

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