Die Wüste ist ein grausamer Ort

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Die Freundschaft zwischen Jack und Tory wurde bereits mehrfach auf harte Proben gestellt, aber sie hält dennoch schon seit 15 Jahren – und das obwohl der jähzornige Tory seinen besten Kumpel einst bei einem Streit so schwer verletzte, dass Jack auf einem Auge blind ist. Doch jetzt droht der latente Streit zwischen den beiden zu eskalieren, denn Tory findet heraus, dass Jack ein Verhältnis mit seiner Frau hat.

Jack flieht in ein Motel in der Wüste, um der Rache des Psychopathen zu entgehen. Dort trifft er auf die jugendliche Ausreißerin Rachel und die undurchsichtige Mona, die ihn sofort fasziniert. Die beiden beginnen eine leidenschaftliche Affäre, doch Jack weiß, dass er nicht bleiben kann, er muss auf der Hut sein. Bevor es richtig ernst werden kann, verlässt er die dunkle Schönheit und will sich absetzen, nur weg, nur keine Verantwortung, nur nicht noch mehr Komplikationen!

Komplizierter wird es allerdings: Mona wird bestialisch in Jacks Motelzimmer abgeschlachtet, und Jack gerät unter Mordverdacht. Doch er weiß: Torys Rachefeldzug hat gerade erst begonnen…

Daniel Pyne hat sich vor allem mit Drehbüchern zu Filmen wie Der Manchurian Kandidat oder Der Anschlag einen Namen gemacht, mit Rachezeit liegt der Debutroman des 1955 in Illinois geborenen Autors vor. Und Pyne hat ordentlich vorgelegt!

Die Erzählweise lässt einen sofort das Geschilderte visualisieren, vor dem inneren Auge entstehen karge Wüstenlandschaften, die so fremd sind, dass sie auf einem anderen Planeten liegen könnten, schäbige Motels, mexikanische Dörfer und glamouröse Hollywood-Villen. Immer wieder zaubert Pyne in kurzen Absätzen solche Stimmungsbilder, bewusst knapp gehalten und doch machtvoll und deutlich.

Die Figuren sind undurchsichtig, opak und erscheinen seltsam reduziert in ihren Ausdrucksmöglichkeiten. Das macht es schwer, sich mit einer der Figuren zu identifizieren, aber das soll hier auch nicht erreicht werden. Stattdessen wird das Geschehen in Episoden gezeigt, die sich nach und nach zu einem Gesamtbild zusammenfügen. Unwillkürlich muss man an Filme der Coen-Brüder denken, die auf der Leinwand ganz ähnlich operieren. Jack, aus dessen Perspektive meistens erzählt wird, bleibt die ganze Zeit über undurchsichtig, seine Reflexionen finden im Verborgenen statt. Umso drastischer und schockierender ist die rohe Gewalt, die um ihn herum plötzlich explodiert, ihn zur Flucht, aber nicht zur Aufgabe zwingt. Vor der plastisch entworfenen Kulisse rückt der Showdown immer näher – und Pyne hält immer noch die ein oder andere Überraschung bereit…

Mein Fazit: Absolut lesenswerter Thriller mit ganz eigener Atmosphäre!

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Daniel Pyne: Rachezeit
Deutsche Erstausgabe im Wilhelm Heyne Verlag, München
€ 8,99
Leseprobe

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