Bitterböser Höllenspaß

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Rashen ist ein Dämon. Besser gesagt, er war ein Dämon. Denn nun fristet er ein Dasein als Oishine, ganz unten in der Hierarchie der Hölle. Oishine können von Menschen gebannt werden und müssen ihnen dann für 22 Tage, 22 Stunden, 22 Minuten und 22 Sekunden dienen und sieben Wünsche erfüllen. Dazu muss der Bannende nur sieben Geheimnisse über sich in das Buch der Oishine schreiben. Von diesem Buch gibt es fünf Exemplare. Eines davon fällt in die Hände der Engländerin Claire Cockswell, die daraufhin Rashen beschwört und bannt. Und damit beginnt der Ärger für den einst leuchtenden Stern am Höllenhimmel.

Rashen ist in dem Körper von Claires verstorbenen Verlobten James gelandet, was gegen eine Regel aus dem Buch der Oishine verstößt. Jetzt muss sich Rashen nicht nur mit der vorlauten Claire herumschlagen, sondern auch die Gefühle von James unterdrücken, die in seinem Innersten aufbranden. Nach einer halsbrecherischen Flucht von einem Dachboden, beginnt für den gefallenen Dämon die zweiundzwanzigtägige Tortur.
Da sich Rashen immer in der Nähe seiner Meisterin aufhalten muss, ist er gezwungen, Claire überall hin zu folgen. Zu seiner Überraschung führt sie ihn zunächst in einen Stripclub im Londoner Stadteil Soho. Was für den Oishine noch überraschender ist: Die so unschuldig wirkende Claire verdient sich ihr Geld viermal die Woche als Stripperin. Als taffe Air lässt sie im Club von Madame Pompadour die Hüllen fallen und die Hüften kreisen.
Während Airs Auftritt begegnet Rashen einem alten Bekannten: Nazar Malovic, der mächtigste Hexenmeister Europas. Dessen Tochter Ezra war die letzte Sterbliche vor Claire, die Rashen gebannt hatte. Doch was macht so ein Mann in einem Stripclub im Herzen Londons?

Keine gute Nachrichten überbringen, dass wird schnell klar: Nazars Lehrling Hoyt hat dem Hexenmeister seine Formelsammlung gestohlen. Darunter befindet sich auch ein Zauber, der es dem Hexer erlaubt, einen Oishine dauerhaft zu bannen. Spätestens hier wird Rashen hellhörig. Auf ewig einem Menschen dienen? Nein, das will der stolze Höllendiener mit Sicherheit nicht! Also bleibt ihm wohl oder übel nichts anderes übrig, als zusammen mit Claire den abtrünnigen Lehrling zur Strecke zu bringen.
Die ist von der ganzen Situation hingegen wenig begeistert, denn immerhin stehen die Prüfungen bevor. Prüfungen? Ja, denn die Teilzeit-Stripperin ist wieder einmal für eine Überraschung gut. Sie strippt nämlich nur, um ihr Studium zu finanzieren. Bei Tag unschuldige Studentin, bei Nacht verruchte Stripperin … So langsam beginnt Rashen den rothaarigen Kobold zu mögen, der ihn gebannt hat.

Als wären seine wachsenden Gefühle für die Studentin nicht schon genug, so erfährt Rashen zudem, dass Claire mit einem Dämon namens Leviathan einen Blutpakt eingegangen ist. Der Deal lautete, dass Leviathan die Seele von James aus den ewigen Qualen des Tatarus befreit und Claire sich dafür nichts von Rashen wünscht, sondern die 22 Tage verstreichen lässt. Erst nach und nach entfaltet sich, was es mit diesem ungewöhnlichen Pakt auf sich hat und was Rashens Bruder Chaske damit zu tun hat. Will dieser etwa Rache für den Umstand, der zu Rahsens Degradierung geführt hat? Oder steckt am Ende der Dämonenfürst Pragaz hinter der ganzen Sache? Alles läuft auf einen spannenden Showdown hinaus, an dessen Ende nur eine Seite als Sieger hervorgehen kann.

Kurzweiliger Roman mit Biss

Der Debüt-Roman von Michaela B. Wahl besticht durch seine lockere und doch spannende Erzählweise, seinen Witz und seine sympathischen Charaktere. Rashen ist ein wirklich bösartiger Dämon, der sich keine auch noch so kleine Spitze entgehen lässt. Claire kann da durchaus mithalten, hat aber auch eine verletzliche Seite, die immer stärker ans Licht kommt, je intensiver die Beziehung zwischen ihr und Rashen wird.
Eigentlich sind Romane über Dämonen blutig und brutal. Wahl geht einen anderen Weg: Ihre Dämonen sind zwar ebenso bösartig, jedoch viel charmanter als üblich. Rashen – der als Erzähler aus der Ich-Perspektive fungiert – zeigt ein beeindruckendes Repertoire an sarkastischen, ironischen, teilweise auch sehr zynischen Kommentaren. Ein kurzweiliges Lesevergnügen ist somit garantiert. Wahl lässt es sich auch nicht nehmen auf die erfolgreiche Twilight-Saga abzuzielen. So denkt sich Rashen beispielsweise, als er den Decknamen Robert erhält: „Ob sie mich mit Robert Pattinson in Verbindung bringt? Bitte nicht.“ Auch Harry Potter bleibt nicht unerwähnt, ebenso wie einige Film- und Musikgrößen. Die meiste Häme kriegt jedoch Twilight ab (was mir persönlich äußerst gut gefallen hat). So stellt man sich einen Dämon vor: Arrogant und bösartig!
Die Befürchtung, es würde sich hier um einen Frauenroman handeln, wurde schnell zerstreut. Zwar enthält Rashen – Einmal Hölle und zurück auch eine Prise Romantik, doch es nimmt nie Überhand und ist somit auch ein Buch für die Herren der Schöpfung. Das Ende ist jedoch etwas zu klischeehaft und zu sehr Happy End, darum gibt es dafür einen Punkt Abzug für ein sonst sehr unterhaltsames Buch.

Michaela B. Wahl ist das Pseudonym einer 1992 in der Schwabenhochburg Stuttgart geborenen Autorin, die Gymnasiallehramt an der Ludwigs-Maximilian-Universität in München studiert. Neben der Literatur, egal ob aktiv als Schreiberin oder passiv als Leserin, zählen das Kochen von ausgefallenen Gerichten, gute oder auch typische Frauenfilme und regelmäßiges Schwimmen sowie Tennisspielen zu ihren Hobbys. Rashen – Einmal Hölle und zurück ist ihr erster Roman. (Quelle www.droemer-knaur.de)

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Michaela B. Wahl: Rashen – Einmal Hölle und zurück
Droemer-Knaur, 2013
300 Seiten
4,99 € (eBook)
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