Wenn Philip K. Dicks Geschichten, David Lynchs Phantasien und Ex-Machina Realität werden

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Da war diese Künstliche Intelligenz namens „Benjamin“. Der Künstler und Informatiker Ross Goodwin und der Regisseur Oscar Sharp sind die Schöpfer von Benjamin. Goodwin und Sharp fütterten die KI mit Dutzenden Drehbüchern von Science-Fiction-Filmen, darunter Blockbuster wie Independence Day und I Robot, aber auch Fernsehserien wie Akte X oder alte Filme wie The last man on earth von 1964. Zudem gab man Aufnahmen von Gesichtern von Schauspielern dazu. „Benjamin“ legte los. Er dachte sich eine Filmrahmenhandlung aus.

„Benjamin“ hat die Gesichter dann auf die Szenen gesetzt, hat einen Film zusammengebastelt, eine Geschichte erzählt. In dieser geht es um eine „prenatal face swap plague“, um eine Seuche, bei der Gesichter vor der Geburt vertauscht werden. „Face swapping“ ist eine Funktion von Apps, die automatisch zwei Gesichter im Bereich der Handykamera auf den jeweils anderen Körper verpflanzen. Das kann ganz schön unheimlich sein, und Schauspieler fürchten diese Technologie, seit sie auf den Körpern von Pornodarstellern landen können. Im Film wirkt das allerdings nicht so sehr unheimlich, es hat eher den Touch eines alten, manchmal unbeholfenen Schwarz-Weiß-Films. Man denkt an Vincent Price, an den alten Horrorfilm Die Fliege, an endlose Fahrten auf dunklen Autobahnen wie bei David Lynch. „Benjamin“ gab man nur 48 Stunden Zeit für seinen Film, daher sehen die Gesichter irgendwie verschwommen, wackelig aus. Die Story ist auch etwas diffus. Eigentumshäuschen, heile Welt, Terrasse, Mann küsst Frau. Szenenwechsel. Auto fährt, hält bei Frau an, diese lehnt sich zu einem Mann ins Cabrio und fragt völlig zusammenhanglos: „How do you know what happens to the guy?“ Er: „I’m doing it for you.“ Warum? „What the hell is going on?“ „I don’t know.“ Der Mann weiß es nicht. Die Dame auch nicht. Und dann gibt es da eine Apparatur mit Kopf ohne Körper. Auch diese weiß nicht Bescheid.

Also, ein Meilenstein wegen seiner Handlung und Schauspielerei ist dieser Film nicht, andererseits aber, wenn man bedenkt, dass ihn sich eine Künstliche Intelligenz ausgedacht hat (Drehbuch, Regie, Text, Schnitt), dann wiederum schon. Zu Zeiten, in denen Künstliche Intelligenzen superintelligente Schachgroßmeister besiegen, und nichts wichtiger ist, als dass man endlich das Thema Digitalisierung voranbringt – die in den nächsten vier Jahren laut dem Weltwirtschaftsforum wohl fünf Millionen Arbeitsplätze vernichten wird.
Spannend, das alles.

Der Film auf Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=vUgUeFu2Dcw

Drehbuch, Regie, Text, Schnitt: „Benjamin“ (Künstliche Intelligenz)
Mit den Gesichtern von Thomas Middleditch u.v.m.

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