Eine Welt ohne Gefängnisse

c) ARD

Rheinstadt, eine fiktive Stadt in Nordrhein-Westfalen, startet ein Experiment, ein Pilotprojekt namens „Trust“. Es basiert auf Vertrauen. Strafgefangene in Gefängnissen sollen in die Freiheit entlassen werden. Im Knast kann man ihnen nichts mehr beibringen, im Gegenteil, Knast macht alles nur noch schlimmer. Also werden alle Insassen des lokalen Gefängnisses nach vorherigen Gesprächen zu einem Stichtag gleichzeitig in die Freiheit entlassen, circa 300 an der Zahl.

Sie bekommen eine Wohnung gestellt und einen Job. Mitarbeiter*innen von Trust begleiten und betreuen sie.
Das klingt toll, hinterlässt aber gleich einen eigenartigen Nachgeschmack. Die Zuschauer*innen sehen nämlich schon in den Szenen, die noch im Gefängnis gespielt werden, dass auch dort untereinander nicht zwischen allen das beste Klima herrscht. Ob das draußen im Zusammenspiel mit den „normalen“ Bewohnern der Stadt gut geht?
Der eine kehrt zu seiner Familie zurück. Die Kinder sind entfremdet, die Frau vertraut ihm nicht. Ein anderer bekommt ein Zimmer in einer gänzlich anderen Gegend als die, aus der er stammt. Er bekommt einen Job in einem Autohaus. Beides gefällt ihm gut. Doch er hat keine Chance. Seine Schwester spürt ihn auf und konfrontiert ihn gleich mit Drogen, schickem Auto, der alten Clique, die ihn nicht in Ruhe lassen wird. Aus einem kriminellen Milieu herauszukommen, scheint nicht ganz so leicht zu sein. Wieder ein anderer Ex-Insasse ist ein Neonazi, der einen türkischen Jungen getötet hat. Er tut sich schwer mit Job und Unterkunft. Und dann ist da noch einer, der ganz unten in der Rangliste ist: Er ist pädophil, ist zwar in Behandlung, aber selbst im Knast ließ man ihn spüren, was er ist, und draußen ergeht es ihm nicht anders.
Das ist es, wie es den Tätern ergeht. Doch was ist mit den Opfern und deren Angehörigen? Hier herrscht zum Teil totales Unverständnis, Trauer, Zorn, Angst vor Rache und vieles mehr.
In gemeinsamen Täter-Opfer-Gesprächen will man schlichten und Verständnis füreinander entwickeln. Doch selbst die Bevölkerung, die weder mit einem Täter noch mit einem Opfer persönlich zu tun hatte, bildet sich eine Meinung. Vehementer Widerstand wird gebildet. Bald heißt es „Knast statt Trust“.

Diese deutsche Miniserie bringt einen wirklich zum Nachdenken. Erstens ist sie super spannend, zweitens ertappt man sich dabei, wie man selbst empfinden würde, stünde einem sein schlimmster Feind in Freiheit gegenüber, drittens stellt sich generell die Frage: Wie mit Straftätern umgehen? Ist Strafe in Gefängnissen das Allheilmittel? Kann man Straftäter dort wirklich resozialisieren und für ein Leben danach vorbereiten? All das lässt einen mit einem Kopf voller Ideen, Fragen und Emotionen zurück.

:popcorn: :popcorn: :popcorn: :popcorn: :popcornsw:

A Better Place
8 Folgen à 45 Minuten seit dem 10. Januar 2025 in der ARD Mediathek abrufbar
Regie: Anne Zohra Berrached und Konstantin Bock
Mit Maria Hofstätter, Steven Sowah, Katharina Schüttler u.v.m.

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