Live, until you die!


Karla (Anke Engelke) und Stefan (Johannes Zeiler) feiern ihren 25. Hochzeitstag, ausgelassen, überschwänglich, im Kreis ihrer Freunde und Familie. Am selben Abend stirbt Stefan. Für Karla stürzt eine Welt ein, und dennoch muss sie die Familie zusammenhalten und vor allem die Bestattung organisieren. Diese soll eine große Sache werden, doch zuvor noch findet Karla einen Schlüssel zu einer Garage.

Es stellt sich heraus, dass Stefan schon seit zwei Jahren nicht mehr in seine Zahnarztpraxis fuhr, sondern seine Zeit in einem Kunst-Atelier verbrachte. Das sind natürlich nun ganz andere Verhältnisse. Karla fühlt sich betrogen. Bei der Beerdigung fällt sie ganz spontan Borowski, dem Leiter des Beerdigungsinstituts, ins Wort, und sie hält die Trauerrede, sehr persönlich. Sie findet, sie hat hier eine neue Berufung gefunden: Sie wird ein Seminar besuchen und dann professionelle Trauerrednerin werden, bei Borowski. Dieser ist anfänglich nicht hingerissen von der Idee, doch Karla hat tatsächlich eine Gabe. Sie schafft es auf ganz natürliche und ungekünstelte, nicht rührselige Art und Weise einzugehen auf Menschen, die einen Verlust erlitten haben. Sie begleitet die Hinterbliebenen in der Zeit vor der Beerdigung, setzt kreativ und einfühlsam die Wünsche der Trauernden um, ihre Reden wirken so, als hätte sie die Verstorbenen gekannt.
So gut die Sache mit ihrem neuen Beruf auch anläuft, so chaotisch wird es bei Karla leider privat. Ihr 15jähriger Sohn hat Probleme und braucht psychologische Betreuung. Ihre Tochter weiß nicht recht, wie es in ihrem Leben weitergehen soll. Ihre Mutter fliegt zum wiederholten Mal aus einem Pflegeheim und muss nun zu Hause versorgt werden. Und zu allem Überfluss kann sie mit ihrem Mann Stefan nicht abschließen. Sie sucht nämlich fast jeden Tag das Atelier auf, wo dieser schon auf sie wartet.

In dieser kleinen Serie sitzt jedes, nicht nur das letzte Wort. Der richtige Ton für Trauer und Verlust wird getroffen. Situationskomik, Sarkasmus, Schmerz, Hysterie, den ganzen Strauß an Emotionen beherrschen die Schauspieler. Dass ausgerechnet zu Anke Engelke ein „letztes Wort“ gut passt, muss man nicht erwähnen. Auch Nina Gummich, die ich zuletzt in einer Hauptrolle in Charité gesehen habe, spielt großartig, Thorsten Merten (von dem auch die Idee zur Serie kam), Nora Tschirners Chef im Weimarer Tatort, das junge Talent Aaron Hilmer oder die ältere Dame Gudrun Ritter, alle spielen sie liebevoll ausgefallene Gestalten. Der Sohn verliebt sich in eine weitaus ältere Psychologin, die Tochter liebt vielleicht einen sehr viel jüngeren Bestatter, Karlas Mutter ist des Altseins überdrüssig und verlangt aktive Sterbehilfe, und dann ist da noch ein Clown mit Pizzaresten auf der Zimmerdecke.

Dass diese kleine Serie etwas Besonderes ist, merkt man schon beim Vorspann zu Frank Sinatras „I’m gonna live till I die“. Das passt perfekt zum Thema! Nicht ganz so episch und mystisch umgesetzt wie vor 20 Jahren Six feet under, aber dieser Balanceakt zwischen Leben und Tod und das ganze Tohuwabohu dazwischen – davon will ich unbedingt eine zweite Staffel sehen.

:popcorn: :popcorn: :popcorn: :popcorn: :popcorn:

Das letzte Wort
Produktionsland: Deutschland
Genre: Dramedy
Cast: : Anke Engelke, Nina Gummich, Aaron Hilmer, Thorsten Merten, Juri Winkler, Johannes Zeiler, Gudrun Ritter u.v.m.
6 Folgen à ca. 45 Min. in 1 Staffel
seit Sept. 2020 auf Netflix

(975)