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Alles nur Lügen

In dieser Familie stimmt wirklich alles. Zwei liebevolle Eltern, drei Geschwister, die sich verstehen, ein schönes Haus und natürlich ein knuffiger Familienhund. Doch irgendwas geht irgendwann schief. Eingeläutet wird dies gleich zu Anfang in der ersten Einstellung. Die 17jährige Vivi (Julia Beautx) humpelt, noch in Schuluniform, heulend durch die Straßen. Was ist hier passiert?

Es sieht doch alles so harmonisch aus, dieses Leben in der Oberschicht in einem Münchner Vorort. Der Vater ist Anwalt, die Mutter ist zu Hause und kümmert sich um die Familie. Die Kinder sind in einer teuren Privatschule. Doch schon im ersten von sieben Teilen bringt der Vater die Mutter (Maria Simon) um, an ihrem 44. Geburtstag, und ruft daraufhin die Polizei und zeigt sich selbst an. In Rückblenden sehen die Zuschauer*innen, was einige Stunden davor war, oder auch vor 25 Jahren. Der jetzt erfolgreiche, sympathische Anwalt Peter Klettmann (Torben Liebrecht) hatte eine schwere Kindheit. Vom cholerischen Vater (Ulrich Tukur) gegängelt und drangsaliert, von der Mutter (Karoline Eichhorn) im Stich gelassen, weil sie selbst große Probleme hat. Da macht der junge Abiturient auf der Abi-Feier einmal so richtig Quatsch und löscht dabei eine ganze Familie aus. Diese Tat, von der niemand erfährt, verfolgt ihn sein ganzes Leben. Und weil seine Angebetete sich auf der Feier ohnehin keine Zeit für ihn genommen hat, gibt er sich mit Anna ab, die schon lange in ihn verliebt ist. Sie beide kommen zusammen und gründen eine Familie. Wie kommt es also, dass Papa Mama umbringt, an ihrem 44. Geburtstag? Es wird doch nicht daran liegen, dass diese so abergläubisch ist und schon immer daran geglaubt hat, dass sie das 44. Lebensjahr nicht erreichen wird? Gottseidank gibt es da diesen jungen Polizisten, der zum Tatort gerufen wird. Mit ihrem letzten Atemzug raunt die Sterbende ihm noch etwas ins Ohr, dass so wie „Kümmere dich um meine Kinder“ klingt. Und das tut er auch. Sehr schnell merkt man aber, dass dieser leicht psychopathisch agierende junge Mann zwei Gesichter hat. Was stimmt nur nicht mit ihm? Da sich die Geschichte sehr bald auf verschiedenen Zeitebenen abspielt, sieht man, dass auch er ein Kindheitstrauma hat, und wie es der Zufall will, war er auch noch dazu der Geliebte der Verstorbenen.

Ja, ihr habt Recht, das klingt jetzt schon ein wenig wie Rosamunde Pilcher, aber es ist dermaßen spannend gemacht, die Charaktere sind gut gezeichnet, viele Ideen sind eingebaut, auf die man nie kommen würde, und man fiebert darauf hin, wie es weitergeht mit dieser einstigen Bilderbuchfamilie. Warum hat der Vater die Mutter erstochen? Und hat er sie überhaupt wirklich umgebracht? Können die Kinder wieder zusammenkommen? Wo ist eigentlich der Hund, und was will in Wirklichkeit dieser junge Polizist?
Ganz am Ende frage ich mich, wie wäre es gekommen, wenn der Abiturient von damals seine Traumfrau bekommen hätte. Aber es kann doch nicht immer alles nur an der Liebe liegen, oder?

Diese vielleicht ein wenig überzeichnete aber überaus spannende Geschichte wurde im Januar im linearen TV als Dreiteiler erzählt und ist jetzt in der ZDF-Mediathek in sieben Episoden zu sehen. Ich habe mich bestens dabei unterhalten.

:popcorn: :popcorn: :popcorn: :popcorn: :popcornsw:

Gestern waren wir noch Kinder
Thriller, Familiendrama
Regie: Nina Wolfrum, Autorin: Natalie Scharf
Cast: Julia Beautx, Karoline Eichhorn, Ulrich Tukur, Maria Simon, Torben Liebrecht, Julius Nitschkoff u.v.m.

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