Die ganze Welt auf 44 Quadratmeter
Fred (Wilson Gonzalez Ochsenknecht) ist wirklich ein Loser. Er bekommt nichts auf die Reihe, seine Freundin hat die Nase voll von ihm. Genau genommen hat er nun nichts mehr außer kein Geld und viel Zeit. So ergreift er die Gelegenheit, als der Besitzer seines Lieblings-Spätis, quasi sein Zuhause, seine ganze Welt, kurzfristig in die Türkei reisen muss.
Seine Tochter Aylin (Gülseren Erkut) ist zwar eine extrem clevere junge Frau, doch sie ist noch nicht volljährig und soll außerdem für die Schule lernen. Also opfert sich Fred, er wird den Laden schon schmeißen, kann ja wohl nicht so schwer sein! Leider stellt er sich dermaßen grauenhaft an und hat zusätzlich noch seinen Kumpel Konoppke (genau, wie der Würstel-König) an der Backe, dem wirklich auch nur Quatsch einfällt. Gut, dass Aylin von Anfang an jegliche Zeit außerhalb der Schule im Späti verbringt und dort nach dem Rechten sieht. Stammkund*innen des Spätis sitzen wie selbstverständlich jeden Tag davor und tragen auch ihren Teil bei.
So müssen die Zuschauer*innen sich mitansehen, dass Fred wirklich verbockt, was es zu verbocken gibt. Fred kennt keine Preise, kann die Kasse nicht bedienen, keinen Kaffee kochen, nicht auf Schlüssel von Stammkunden aufpassen (in einer Gastrolle Bill Kaulitz, der mir in der Situation sogar besser gefällt als der Hauptdarsteller). Eine defekte Toilette, vor deren Benutzung groß und breit gewarnt wird, wird natürlich doch benutzt, das macht den Späti zur Kloake. Das Ordnungsamt wird betrogen, Siegel werden gefälscht, Feste werden im Späti gefeiert, der Laden dabei demoliert, der Notgroschen wird aufgebraucht. Doch als es hart auf hart kommt, halten alle zusammen und versuchen den Späti zu retten. Fred wächst über sich selbst hinaus und wird mir gegen Ende plötzlich fast sympathisch. Fast!
Berlin, wieder einmal anders. Das hier spielt in der Kultur- und Partyszene, hier sieht man Feier-Volk, bekannte DJs, angehende Künstler*innen. Aber hier gibt es auch die Problematik der Gentrifizierung, hier will man den Späti entmieten, damit man ein Yoga-Studio einrichten kann. Die Bäume da draußen, die müssen dann bei der Gelegenheit gleich mal weg, die Yogis wollen atmen können!
Schöne Berlin-Bilder, gute Musik (Hildegard Knef bis Rio Reiser), prominente Gastdarsteller*innen (Sophie Passmann, Bill Kaulitz, Alli Neumann, Leila Lowfire, Ines Anioli, Ski Aggu, Nikeata Thompson, Lisa Vicari, Jasna Fritzi Bauer, Niklas & David), sympathischer Cast, witzigerweise teils der gleiche wie in Marzahn Mon Amour (Maja Bons, Eva Weißenborn). Dass Wilson Gonzalez Ochsenknecht hier bis auf wenige Momente so dermaßen peinlich spielt, kann ich kaum verstehen, immerhin ist die Idee zur Serie von ihm. Aber alles in allem: Kann man schauen.
Späti
Sitcom
Idee zur Serie: Wilson Gonzalez Ochsenknecht
Mit: Wilson Gonzalez Ochsenknecht, Gülseren Erkut, Sahin Eryilmaz, Alexander Finkenwirth, Maja Bons, Eva Weißenborn u.v.m.
Achtteilige Miniserie
Ab 28. März 2025 in der ZDF Mediathek
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