Denn sie weiß, was sie gesehen hat,
oder doch nicht?

Der bestimmt längste Serientitel, den ich kenne und diese Frau mit einem absurd großen Weinglas in der Hand, das auch noch bis zum Rand gefüllt ist, hat mich neugierig gemacht, und tatsächlich, diese Miniserie ist eine kleine Perle.

Anna Whitaker (Kristen Bell) lebt allein. Sie verbringt ihre Tage damit, Rotwein zu trinken und aus dem Fenster zu schauen. Sie ist traurig und depressiv, und sie hat allen Grund dazu. Sie war verheiratet und hatte eine kleine Tochter. Ihr Mann, forensischer Psychiater für Serienmörder beim FBI, nahm die Tochter eines Tages mit in die Arbeit für ein Schulprojekt. Die Kinder sollten sich den Arbeitsplatz ihrer Eltern ansehen. Da Anna Künstlerin war und den ganzen Tag zu Hause, wäre das zu langweilig gewesen. So kam die kleine Elisabeth leider im Gefängnis mit einem Kannibalen zusammen.

Es ereilte sie das gleiche Schicksal, wie seine früheren Opfer. Diesen Verlust hielt das Ehepaar zusammen nicht aus. Sie kamen auseinander, und seitdem kann Anna nichts anderes tun, als dahin zu vegetieren, Rotwein zu trinken, Tabletten zu nehmen und aus dem Fenster zu sehen. Eines Tages gibt es dort auch etwas Interessantes. In das Haus auf der anderen Straßenseite zieht ein attraktiver Mann ein, noch dazu mit einer kleinen Tochter im ähnlichen Alter, in dem Elisabeth nun wäre. In Anna meldet sich der Lebenswille zurück. In echter amerikanischer Vorstadtmanier bringt sie einen Auflauf zu den neuen Nachbarn und verbringt dort ein paar wirklich schöne Stunden. Doch leider wird das nichts mit Neil, denn dieser hat eine Freundin. Lisa, eine Flugbegleiterin, ist recht eigenwillig, und es kommt bald zu einem kleinen Streit zwischen den beiden Frauen. Anna ärgert sich, aber am gleichen Abend sieht sie dann, ein wenig weinselig von der Couch aus, wie Lisa umgebracht wird. Die herbeigerufene Polizei kann nur leider nichts Ungewöhnliches finden, schon gar nicht eine Leiche. Lisa scheint es gut zu gehen, sie ist zur Arbeit gegangen. Die Cops nehmen mit gerunzelter Stirn leere Weinflaschen, angebrochene Tablettenpackungen und ein halbvolles Mammut-Rotweinglas zur Kenntnis, und die Glaubwürdigkeit von Anna ist dahin. Doch Anna gibt nicht auf. Sie erfährt, dass Neil ein Gewaltproblem hat, und somit ist ihr klar, er muss der Mörder sein. Sie stellt Nachforschungen über den Nachbarn an. Sie erfährt von verstorbenen Frauen, und jede dieser acht kleinen Folgen hat einen Cliffhanger und eine andere Wendung. Die Weiterentwicklung der Geschichte nimmt dermaßen Fahrt auf, und die Auflösung ist regelrecht bizarr und fast unglaublich! Das ist fast eine Mischung aus Das Fenster zum Hof von Alfred Hitchcock gepaart mit Desperate Housewives. Beim Ersten dachte der durch sein Gipsbein an den Sessel Gefesselte auch, einen Mord gegenüber beobachtet zu haben. Und nur bei Desperate Housewives gab es auch so ätzende Nachbarinnen und Alkohol schon vor dem Frühstück!

Das skurrile Ende könnte glatt ein Versprechen für eine zweite Staffel sein. Ich wäre dabei!

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The woman in the house across the street from the girl in the window
Produktionsland: USA
Mystery, Thriller, Schwarzer Humor
Idee: Rachel Ramras, Hugh Davidson, Larry Dorf
Regie: Michael Lehmann
Cast: Kristen Bell, Tom Riley, Benjamin Levy Aguilar, Michael Ealy, Appy Pratt, Rachel Ramras u.v.a.
8 Teile à ca. 25 Minuten, seit 28.01.2022 auf Netflix

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