Spatzl, schau wia i schau!

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Es wird wohl kaum einen Münchner geben, der Helmut Dietl, 2015 an Lungenkrebs gestorben, nicht kennt. 70 Jahre ist er alt geworden, und er hat uns so großartige Kultfilme und -serien hinterlassen wie Münchner Gschichten, Monaco Franze, Kir Royal, Rossini, Sprüche wie „A bissel was geht immer“, „Des musst scho meng, sonst mogst as ned“, „Logisch!“ – man kennt sie oder hat zumindest schon davon gehört. Das Literaturhaus hat Dietl eine Ausstellung gewidmet.

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Der langgezogene Raum, in den man unter dem Leuchtröhrenschriftzug „Monaco“ eintritt, soll das Restaurant Rossini aus dem gleichnamigen Film nachstellen, mit Original-Schachbrettbodenmuster. Monaco ist sicher die Reminiszenz an einen ganz großen Münchner, die erfundene Figur Monaco Franze, gespielt von Helmut Fischer.

Man schlendert an Original-Kinder- und -Jugendfotos vorbei, an Stapeln von Manuskripten, Kalenderblättern und Hemden in allen Variationen von Weiß. Dietl hat sich immer in Szene gesetzt, sich schon in jungen Jahren erfunden, geformt, perfektioniert. Am Ende war er der Herr im lässigen weißen oder schwarzen Anzug mit Schal und Bart. Ein Prototyp von einem Regisseur, jederzeit bereit, gesehen und erkannt zu werden. Seine Frauen waren fast ebenso interessant wie er. Als junger Mann war er mit der über zwanzig Jahre älteren Elfie Pertramer zusammen, dann kam Barbara Valentin, die zunächst vorrangig als laszives Blondchen im Einsatz war – bis Dietl kam. Und dann kam die Ferres und danach seine vierte Ehefrau Tamara. Er liebte die Frauen, am meisten aber, wenn sie charakterlich seiner Mutter und seinen Omas ähnelten, denn Mutter und die Großmütter hatten ihn aufgezogen, und diese waren in seinen Filmen und Serien oft die schrulligen, resoluten, und doch liebenswürdigen Neben- und auch Hauptfiguren: Erni Singerl in Kir Royal und Monaco Franze oder die große Therese Giehse in ihrer letzten Rolle als Oma Häusler in Münchner Gschichten. Dietl hat Freundschaften gepflegt mit Billy Wilder in den USA, mit Bernd Eichinger und ganz intensiv mit dem Münchner Patrick Süskind. Schauspieler wie Helmut Fischer, Günther Maria Halmer, Towje Kleiner wurden durch ihn bekannt, Franz Xaver Kroetz, der eigentlich Bauerntheater spielte, wurde durch ihn zum bekannten Serienhelden. Mo Schwarz, Christine Kaufmann, Michaela May, Barbara Valentin, Veronica Ferres, Gudrun Landgrebe … Man kann die Liste der Schauspieler, die man in seinen Filmen und Serien wiederentdeckt, in einer einzigen Review nicht aufführen, sie wäre zu lang. Aber in den einzelnen kleinen Stationen in der Ausstellung wird per Audioguide auf Erlebnisse aus Dietls Leben, ob privater oder künstlerischer Natur, eingegangen.

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Ganz besonders nett ist nebenbei, dass diese Texte Günther Maria Halmer mit seiner prägnanten Stimme gesprochen hat. Sehr schön ist ein kleiner Bereich, in dem auf ein unvollendetes Buch Bezug genommen wird. 2006 begann Dietl über seine ehemaligen Filmfiguren zu sinnieren. Er wollte keinen weiteren Film dazu machen, sondern sich nur ausdenken, wie es seinen Protagonisten später ergangen ist. Heiner Lauterbach liest ein paar männliche Charaktere, Martina Gedeck die Damen. Hier sollte man viel Zeit mitbringen, es ist zu köstlich. Zeit sollte man auch dann noch haben, wenn man dann nach den Exponaten die Gelegenheit hat, sich an Tischen niederzulassen, die mit Tischdecke und brennenden Lüstern verziert sind. Hier werden an die Wand Situationen aus Rossini, Kir Royal, Der ganz normale Wahnsinn und Münchner Gschichten projiziert. Man sieht fast in Kinoformat Filmausschnitte, hört aus seinem Audioguide die entsprechenden Szenen, und man sieht sich selbst und die anderen um einen herum schmunzeln und auch mal laut auflachen.

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Helmut Dietl hat München in den 70er und 80er Jahren einfach großartig, kritisch, aber unheimlich lustig in Szene gesetzt, er hat Schwabing, Szenekneipen, Stenze und Originale beleuchtet und einem ans Herz gelegt. Dafür lieben ihn die Münchner noch immer. Deshalb gibt es die Ausstellung ein Jahr nach seinem Tod.
Am liebsten möchte ich mir an der Kasse die DVDs dieser tollen Serien kaufen und sofort nach Hause gehen. Ob ich noch Zutaten für einen Kir Royal habe? Ansonsten halt einen Tee. Oder Rotwein. Egal. Ein bissel was geht ja immer.

„Der ewige Stenz“: Helmut Dietl und sein München
Eine Ausstellung des Literaturhauses München
Öffnungszeiten: Mo-Mi, Fr 11-19 Uhr,
Do 11-21.30 Uhr, Sa/So/Feiertage 10-18 Uhr
Eintritt: Euro 7.- / 4.-
(Montag für Studierende & Schüler: Euro 3.-)
Noch bis 26.2.2017

http://www.literaturhaus-muenchen.de/ausstellung/items/150/vars/id-2016-helmutdietlausstellung.html

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