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Die österreichische Crossover Band Kontrust hat als Support der Apokalyptischen Reiter im letzten Jahr meine Aufmerksamkeit erregt. Mit ihrer explosiven Bühnenpräsenz und dem abwechslungsreichen Liedgut haben sie mich überzeugt. Die zuammengewürfelten Mitglieder verraten uns als Band der Woche mehr über sich!

Wer verbirgt sich hinter Kontrust?
Eine explosive Mischung aus sechs Jungs und einem Mädchen, die sich trotz unterschiedlichster persönlicher Hintergründe (Wien, Polen, Oberösterreich, USA) in Wien künstlerisch gefunden haben. Weiterlesen

Band der Woche

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Die Österreicher machen kraftvollen Crossover und haben Likiwing im Vorprogramm der Apokalyptischen Reiter echt gut gefallen. Wer sich hinter Kontrust verbirgt, zeigen wir euch in unserer Rubrik Band der Woche.

 

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Reiter rocken im heißen Hirsch

Konzerte beginnen nicht mit dem ersten Ton, nein, sie beginnen bereits vor dem Einlass. Da stehen viele schwarzgekleidete Personen und lauschen dem letzten Soundcheck, manche hauen sich noch schnell eine Pizza rein oder trinken das Bier aus, das sie in Händen halten. Man begrüßt sich, hört im Auto Musik, raucht. Es ist eigentlich eine sehr friedliche Sache und auch wenn man es uns nicht zutraut: Wir stellen uns brav und ohne zu drängeln in einer Schlange an, auf den Einlass wartend. Dennoch ist es faszinierend, wie die Außenwelt auf uns reagiert: Da ist der ältere Herr auf seinem Abendspaziergang und wird natürlich aufmerksam. Als schließlich Musik einsetzt, mit viel Drums und Bass, bleibt er stehen, die Augen nehmen einen ängstlichen Ausdruck an. Er guckt um sich, macht noch ein paar Schritte und wendet sich dann in die Richtung, aus der er gekommen ist, um in erhöhtem Tempo wegzukommen. Und da sind die beiden Jungs, die eigentlich schon ganz cool sind und einer von ihnen hat sogar leuchtendgrüne Sportschuhe an – vermutlich hat die auch sein Fußballidol. Nein, durch die Menge der Schwarzgewandeten trauen sie sich dann doch nicht und auch nicht an uns vorbei. Man weiß ja nie… Da versagt die Coolness ein wenig. Aber schmunzeln können wir darüber, schließlich sind wir das ja gewohnt.

„Ihr habt gutes Bier!“

Im Hirsch selbst ist noch gar nicht so viel los, wie zuerst vermutet. 18:00 Uhr ist auch am Samstag zu früh, um auf ein Konzert zu gehen. Viele sitzen draußen oder stehen an der Bar. Als es dunkel wird, betreten fünf Männer die Bühne und machen bereits mit den ersten rockigen Klängen auf sich aufmerksam. Als Malrun aus Dänemark stellen sie sich vor, zunächst noch auf Englisch. Sie rocken, sind gut drauf und schaffen es, ihre gute Laune langsam auf das Publikum zu übertragen. Und tatsächlich: Der Hirsch füllt sich immer mehr und Malrun geben Gas. Jacob Lobner, Leader und kraftvolle Stimme der Band, spricht schließlich Deutsch und erklärt, dass er total begeistert davon ist, mit den Apokalyptischen Reitern unterwegs zu sein. Wir seien sicherlich überrascht, weshalb er „ein bisschen“ unsere Sprache spreche: Er habe als Kind immer deutsche Serien geguckt. Fernsehen bildet eben doch. Sofort geht es weiter. Die Dänen bieten Rock, gemischt mit Shouts und hymnischen Elementen. Es scheint kein fester Stil zu sein, kein reines Genre, das sie liefern, aber genau das macht sie hörenswert: die Abwechslung. Manchmal erinnern sie sogar ein bisschen an Queen, wenn Jacob den Arm in den Himmel – oder zumindest zur Saaldecke – reckt, die Augen schließt und seine Textzeilen ins Mikro schmettert.
Gute Riffs bieten sie, hier fällt mir spontan HammerFall ein, und dann sogar Passagen, die richtig guter Black Metal sind. Ich kann sie nicht einordnen, aber das ist vielleicht auch gar nicht nötig. Wichtig ist, dass Malrun rocken und die Stimmung schon mal gut anheizen. Nach vierzig Minuten ist es vorbei und die Dänen teilen uns noch zwei Erkenntnisse mit: „Mann, die Jungs (Anm. d. Red.: Die Apokalyptischen Reiter) können saufen!“ und: „Ihr (Anm. d. Red.: Deutschen) habt gutes Bier!“. Dem kann man einfach nicht widersprechen.

Neue Schuhe

Der Umbau geht schnell vonstatten und auf der Bühne gibt es für den zweiten Support etwas mehr Bewegungsfreiheit. Diese hatte Malrun absolut gefehlt.
Mit Drums, Percussion, Bass, Gitarre, einem Sänger und einer fetzigen Sängerin geht es weiter. Bevor Kontrust die Bühne erobern, ertönt Jahrmarktsmusik, dann diabolisches Lachen, als beträte man ein Gruselkabinett. Diese Elemente wiederholen sich auch während des Auftritts immer wieder.
Nun stürmt aber endlich die Band auf die Bühne und legt sofort los. Aus Wien kommen sie und einmal mehr wird festgestellt, dass Bayern und Österreich ja doch irgendwie zusammengehören.
Sänger Stefan zeigt sich omnipräsent: Er nimmt die gesamte Bühne ein, tanzt, springt, rennt von einer Seite zur anderen, spielt mit den Mikroständern, die mit Fahnen geschmückt sind und ist kaum zu fassen. Voll in seinem Element singt er, flirtet mit Publikum und Bandkollegin Agatha, die ebenfalls wilde Textzeilen ins Mikro schreit.
Ihre Ansagen sind lang, die beiden unterhalten sich, haben Spaß und übertragen diesen auf die Zuschauer, die mittlerweile zahlreich geworden sind und ordentlich mitfeiern.
Einen politischen Song wollen sie darbieten und fragen, wo die Streber sind. Doch wer würde sich schon freiwillig als ein solcher outen? Niemand, genau. Daher meint Agatha auch „Keiner? Das ist so, wie: Keiner wählt FDP. Wobei, mittlerweile tuts doch jeder!“ Sogar an deutscher Politik scheinen sie interessiert zu sein, ist einen Tag nach dem Konzert doch Landtagswahl in Schleswig-Holstein.
Kontrust werden sehr gut angenommen: Bei ihnen klatscht man den Takt mit, singt einzelne Zeilen nach und macht auch mit, wenn es gefordert wird. Bei einem Song werden Feuerzeuge geschwenkt, beim nächsten schüttelt das Publikum begeistert die Köpfe und schwingt die Arme durch die Luft. Ihre Musik zu beschreiben ist gar nicht so einfach. Teilweise könnte man sie als Punk bezeichnen, am besten kann man sich Kontrust aber vorstellen, wenn man an die Guano Apes denkt. Eine sehr sympathische Frontfrau, ein äußerst agiler Sänger und die Instrumentalisten verstehen ihr Handwerk.
Vergangene Woche erst wurde das neue Album „Second Hand Wonderland“ veröffentlicht und natürlich bekommen wir einige Songs daraus zu hören. Zwischendurch erfahren wir auch noch, dass Stefan neue Schuhe braucht, mit Klettverschluss, aber keiner möchte seine abgeben. Schade. Doch es bleibt keine Zeit für Traurigkeit, denn das nächste Lied reißt mit: Mit viel Bass, schnellem Rhythmus und der Aufforderung, zu „jumpen“, wird weitergefeiert. Nach 45 Minuten steht fest: Nürnberg mag die Österreicher – und die finden die Stimmung „leider geil“!

„Die Sonne scheint mir aus dem…“

Der Umbau ist rasch abgeschlossen an diesem Abend. Das reicht für eine Zigarette, den letzten Schluck Bier und das Vordrängeln in die ersten Reihen. Der Hirsch ist mittlerweile bis auf den letzten Platz gefüllt und das Publikum wird unruhig. „Wir wollen die Reiter sehen!“, wird lautstark bekanntgegeben und es missfällt manchen, dass ein schwarzer Vorhang aufgehängt wurde, damit die Umbauarbeiten nicht verfolgt werden können. Außerdem wird dieser bei Konzertbeginn von hinten mit grünen Lichtern angestrahlt, während ein langer Text vorgetragen wird – der niemanden zu interessieren scheint und der leider in oben genannten Rufen untergeht. Doch endlich stehen die Reiter auf der Bühne, der Vorhang fällt, die Musik erklingt und man sieht… nicht ganz so viel: Hauptsächlich ist da Nebel, der nur die Silhouetten von Gitarrist Ady und Bassist Volk-Man enthüllt. Die legen sich auch gleich ins Zeug, genauso wie der unsichtbare Schlagzeuger Sir G. Von einer kleinen Erhöhung im hinteren Teil der Bühne springt schließlich Fuchs nach vorne und beginnt eine exzellente Show. Die Töne sitzen, die Texte werden uns entgegen geschmettert und der Sänger läuft hin und her, dreht sich, grinst und gibt bereits jetzt alles.
Die Menge dankt es ihm. Es wird gemosht, wild mit den Haaren um sich geschlagen, im Takt geklatscht. Auch erweisen sich die zahlreichen Fans als äußerst textsicher: Eigentlich könnte Fuchs still bleiben, jeder noch so kurze Vers ist bekannt. Die Stimmung ist großartig! Einige Mutige lassen sich auf Händen von der Menge tragen, einmal durch den ganzen Hirsch. Zwischendurch wird auch die Kanone gezündet, die auf der Bühne steht und Papierschnipsel in die ersten Reihen pustet.
Es wird wärmer, nein, es wird brütend heiß! Wie das die ersten Reihen aushalten, die so dicht stehen, dass die sprichwörtliche Maus nicht mehr dazwischen passt, ist mir ein Rätsel. Immerhin wird auf Bitte des Sängers hin Wasser verteilt – das scheint auch dringend notwendig zu sein.
Bewundernswert ist der Gitarrist, der die ganze Zeit über ein Lächeln auf den Lippen trägt, das zeigt, wie viel Freude er an dem Gig hat.
Ach ja, nicht zu vergessen der Keyboarder. Dr. Pest im gewohnten knappen Lederoutfit und hin und wieder die aufgebaute „Schaukel“ benutzend, steht zwar im Hintergrund, trotzdem ist seine Show perfekt. Sichtlich Freude bereitet ihm das Schwingen der Lederpeitsche.
Musikalisch bieten die Reiter das, was sie versprochen haben: The greatest of the best. „Wir reiten“ animiert zum Feuerzeug-Schwenken und ist nahezu das einzige ruhige Lied auf der Setlist. Die Nebelmaschinen sprühen drei Rauchsäulen in die Höhe, die mit rotem Licht angestrahlt werden: Die Effekte sind gekonnt eingesetzt.
Wo es passt, stimmt das Publikum „Hey“-Rufe an, da bedarf es nicht einmal mehr einer Aufforderung.
Die Reiter hauen ordentlich rein. Gewohnt schnelle Rhythmen, viel Bass, wirklich guter Sound und eine tolle Show. Auch die Hitze kann die Fünf von nichts abhalten. Anfangs wechselt Fuchs noch sein Hemd, tauscht es gegen Weste oder gar einen langen Mantel ein, schließlich aber steht er oben ohne da.
Ein Keyboardsolo sorgt für eine kurze Verschnaufpause, doch die ist auch schnell wieder vorbei. Es geht weiter mit Songs wie „Die Flut“, „The Iron Fist“ oder „Reitermania“. Auch das „Seemannslied“ fehlt nicht. Ein weiblicher Fan wird in ein knallschwarzes Gummiboot gesetzt und einmal durch den Hirsch über die Köpfe der Zuschauer getragen. Die Seemannsbraut wagt dann auch noch ein Tänzchen mit Fuchs auf der Bühne und grölt den Refrain mit.
Ob es die danach geforderte Wall of death wirklich gibt, kann ich nicht sehen.
Nach etwa einer Stunde verschwinden die Reiter, aber man will sie noch nicht gehen lassen. Klar, sie lassen sich nicht lange bitten und kommen zurück. Drei Songs werden gespielt und der emotionalste Moment des Abends ist wohl der Refrain von „Roll My Heart“, der einstimmig von den Anwesenden gesungen wird. Es klingt nach eher tausend Zuschauern, nicht nur nach geschätzten 300.
Die Musiker sind noch nicht einmal von der Bühne gegangen, da ertönt erneut der einstimmige Ruf nach einer weiteren Zugabe. Wir haben noch lange nicht genug, auch wenn es brütend heiß ist.
Ja, es gibt noch ein letztes Lied und auch wenn es unmöglich scheint, drehen Band und Publikum noch einmal auf. Die letzten Reserven werden zusammengekratzt, nun headbangen auch die hintersten Reihen und grölen mit. Und ja, uns allen scheint in diesem Moment „die Sonne aus dem Arsch“. Es ist eine berauschende Stimmung, wie auf einem Festival vor der Hauptbühne. Unglaublich, wie Die Apokalyptischen Reiter begeistern, wie stark die Anwesenden mitgehen.

Fazit für diesen Abend: Drei tolle Bands und ein fantastisches Publikum. Die Reiter haben das Beste vom Besten gezeigt – nur leider viel zu kurz.