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Die Toten wollen wieder alleine sein

SLIME_wem_gehört_die_Angst

Die Hamburger Punk-Band Slime ist seit 1979 aktiv und gehört damit gleichzeitig zu den ersten und dienstältesten unter den deutschen Punk-Kapellen. Naturgemäß hat die Band einige Höhen und Tiefen durchlebt, es gab Streitereien und Musikerwechsel, auch zweier Bandauflösungen zum Trotz sind Slime im Jahre 2020 noch immer da. Slime, das sind die drei Urgesteine Michael „Elf“ Mayer, Christian Mevs (beide Gitarre) und Sänger Dirk „Dicken“ Jora sowie Bassistin Nici und Schlagzeuger Alex Schwers, die auch schon seit 2010 an Bord sind. Auch im fernen München stellen sie immer wieder ihre Live-Qualitäten unter Beweis, ob akustisch mit reduzierter Besetzung (Lesung zu Deutschland muss sterben) oder mit der vollen Show (Link 28.10.2016). Anlass genug, um der Frage Wem gehört die Angst auf den Grund zu gehen. Weiterlesen

He’s a Wanker

Fuctifano42 Jahre sind Peter And The Test Tube Babies nun schon aktiv, und damit sind sie eine der letzten aktiven Bands aus der ersten Welle des Punk. Die beiden Gründungsmitglieder Sänger Peter Bywaters und Gitarrist Derek Greening alias Del Strangefish werden durch Bassist Nick Abnett und Sam Fuller am Schlagzeug ergänzt. Drei Jahre sind seit dem letzten Album That Shallot (Link zur Review) vergangen, und so freue ich mich auf ein neues Lebenszeichen abseits der alljährlichen Tournee in der Vorweihnachtszeit. Fuctifano heißt das neue Album, das im März erschienen ist. Weiterlesen

Hate for sale

hate-for-saleDie legendären Pretenders bringen den Titeltrack „Hate for sale“ ihres neuen Studioalbums!
Der Song feierte jüngst in Steve Lamacqs BBC 6 Music Show seine Premiere und kündigt das gleichnamige, für den 17. Juli 2020 geplante Album Hate for sale an.

Chrissie Hynde über den Track „Hate for sale“: „Nun, wir alle lieben Punk. Man könnte wohl sagen, dass man den Titelsong von Hate for sale als unseren Tribut an die Punkband bezeichnen könnte, die ich als die musikalischste in ihrem Genre betrachte – The Damned.“ Weiterlesen

Gothic Pogo

Aus dem französischen Nantes stammt die Band Bleakness, die sich 2016 gegründet hat und mittlerweile nach Lyon umgesiedelt ist. Sie treten in klassischer Dreier-Besetzung an mit Drummer Jake, Bassist Phab sowie Sänger und Gitarrist Nico. Alle haben zuvor schon Erfahrung in anderen Bands gesammelt, und nach einigen EPs in der Vergangenheit ist Functionally instinct ihr offizielles Debütalbum, das nun bei Icy Cold Records erschienen ist. Der Pressetext verrät, dass die drei ihre Version von Punk als Ventil für die Frustration über die politischen Zustände in Frankreich nutzen, was zunächst wenig überraschend ist. Dass dabei aber punkuntypisch melancholische Melodien integriert werden hingegen schon. Weiterlesen

Bad hair day

P1210629Wie jedes Jahr sind die seit 1978 aktiven englischen Punk-Legenden Peter And The Test Tube Babies kurz vor Weihnachten in München zu Gast und liefern so eines der letzten Highlights des Jahres. Spannend ist natürlich, mit welcher Kostümierung sie heute auftreten werden, denn sie lassen sich stets etwas Besonderes einfallen. Im Vorprogramm sind Battleme dabei, die trotz vier veröffentlichter Alben Unbekannte für mich sind. Auf Wikipedia erfahre ich, dass sie zudem quasi die Hausband der bekannten Serie Sons of Anarchy sind, auch das ist an mir vorbeigegangen. Beim kurzen YouTube-Check präsentieren Battleme eine Art Americana-Blues, und ich frage mich, wie die beiden Bands zusammenpassen sollen. Weiterlesen

Das Spiegelbild des Dorian Gray

pochette-nairod-yarg-hdWir rezensieren Nairod Yarg, Google Translate und ich. „Aufgabe oh so schwer!“, sagt es beim Übersetzen der französischen Homepage. Pah, sag ich, ganz einfach: Ihre Einflüsse nennen sie ja freundlicherweise gleich auf ihrer Homepage, und wer sich vorstellen kann, wie Oscar Wilde, Banksy, David Lynch und Virginie Despentes unter einem musikalischen Hut klingen, kann sich bestimmt auch vorstellen, was Nairod Yarg machen. Das Label, das die Band ihrer eigenen Musik gibt, ist schlicht „cold-loud“, und wer bin ich, das besser wissen zu wollen? Ansonsten: Die sind sehr, sehr gut. Fertig!

Extended version: Nairod Yarg sind Sébastien Ficagna und Rudy Centi aus Villefranche-sur-Saône (nahe Lyon), Frankreich. Sie kannten sich bereits von dem früheren Bandprojekt Plastic People, und als sie sich im Sommer 2018 beide ohne Band wiederfanden, forderten sie sich selbst und gegenseitig heraus: zehn Songs in zwei Monaten und einen Monat drauf den ersten Gig! Offenbar übererfüllten sie diese Vorgabe, denn auf ihrem selbstbetitelten Erstling finden sich bei einer Lauflänge von gut 34 Minuten sogar elf Songs. Wenn es denn eine Genre-Zuordnung geben muss, wäre Postpunk mit starkem Wave-Einfluss (der Bass! und der Drumcomputer!) und Noise-Rock-/Metal-Elementen (die Gitarre!) vermutlich nicht falsch – und käme doch nicht wirklich an das heran, was auf dieser Platte alles passiert.

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Seltene Momentaufnahmen

Geschichte-wird-gemachtDeutscher Underground in den Achtzigern lautet der Untertitel des von Xaõ Seffcheque und Edmund Labonté herausgegebenen Buches. Damit ist eigentlich schon alles gesagt, und doch wiederum gar nichts. Beide waren damals mittendrin: Seffcheque gründete unter anderem zusammen mit Peter Hein (Fehlfarben) die Band Family*5 – der Mann hinter dem etwas geheimnisvoll klingenden ar/gee gleim (eigentlich Richard Gleim) ist kein Fotograf im herkömmlichen Sinne, sondern ein Zeitzeuge, der die Aufbruchstimmung im deutschen Underground in den Achtzigern instinktiv gespürt und zum Glück auf zahllosen Parties und Konzerten mit seiner Kamera festgehalten hat. Weiterlesen

2019, und das Internet so: Synths?! – Ja, Synths auf einem Album von Sleater-Kinney, das ist an sich auch gar nichts Neues. Schon eher überraschend ist die Produzentin, die das in Punk und Riot Grrrl verwurzelte Trio für sein neuntes Album The center won’t hold (Veröffentlichungstermin 16. August) ins Studio holte: Annie Clark aka St. Vincent, die bei allen Experimental- und Jazz-Anleihen in ihrer eigenen Musik doch mit beiden Beinen fest im Pop steht.

Diese Kombination wird spannend, so viel hört man schon auf der aktuellen Vorab-Auskopplung „The future is here“: Carrie Brownsteins Gitarre grollt und zuckt über einen düsteren Synth-Backdrop wie ein sich näherndes Gewitter, Corin Tuckers Gesang, bei dem man sonst meist aus ein paar Metern Abstand heftig auf die Ohren bekommt, ist in ungewohnt tiefer Stimmlage gehalten, fast schon zurückgenommen, nah an den Hörer gemischt. Anders, trotzdem unverkennbar. Sleater-Kinney sind immer sie selbst, gerade weil sie nie die gleiche Platte zweimal machen.

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Nach einigen bereits 2017 veröffentlichten Songs hat das Passauer Trio Rue Oberkampf mit Waveclash im letzten Jahr ein großartiges Debüt-Album herausgebracht – ein genialer Sound aus pulsierenden Coldwave-/Minimal-Elektro-Klängen und eindringlichen französischsprachigen Vocals. Sie selber beschreiben ihre Musik als „ColdEBMigerTechnoPunkWave“. Am 6. Juni spielen Rue Oberkampf auf dem WGT EBM Warm-Up in Leipzig. Hier habt ihr schon jetzt die Gelegenheit mehr über das Trio zu erfahren.

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(Foto: task77_fotografie)
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Mehr als nur Tetris

coverKürzlich waren der Berliner Minimal-Punker Ben Bloodygrave und die Leipziger Wave-Punk-Band Dividing Lines zu Gast im Münchner Kafé Kult, diesen feinen Konzertabend hat der Münchener GrGr eröffnet. Sein wichtigstes Instrument ist der Gameboy, von dem gleich zwei zwischen allerlei Elektro-Equipment bereitstehen. Der Auftritt machte mächtig Spaß, also kaufte ich Gregor Sandler, wie GrGr im bürgerlichen Alltag heißt, nach der Show mangels Alternativen eine Kassette ab. Die erste Auflage war wohl schon vergriffen, aber am Vortag kam zum Glück die neue Ladung. Also GrGr für ein Exemplar einfach anschreiben. Das Gameboy Tape ist giftgrün, und die Black Flag Hommage mit Gameboys ist einfach klasse. Ich habe nun endlich einen Grund, den alten Walkman aus der Schublade hervorzukramen. Weiterlesen