Beiträge

Das polnische WGT

20220708_180104Eigentlich war es schon länger geplant, die Castle Party zu besuchen, das legendäre kleine „dark independent festival since 1994“, und damit fast so alt wie die große Schwester Wave Gotik Treffen in Leipzig. Doch erst passte es nicht in die sonstige Urlaubsplanung, und dann kam die Pandemie dazwischen. Doch nachdem das Festival bereits letztes Jahr als eines der wenigen überhaupt wieder stattgefunden hatte, sollte uns dieses Jahr nichts mehr aufhalten. Bolków, wir kommen! Weiterlesen

torshammare:

Lust-Syndicate1-1-von-1Den Freitag beginne ich mit einer kleinen Shoppingrunde in der Stadt und treffe mich später mit Freunden zum Mittagessen, bevor um halb vier in der Kuppelhalle das WGT auch musikalisch für mich beginnt. The Lust Syndicate lassen allerdings noch ein wenig auf sich warten beziehungsweise der Einlass verzögert sich, sodass wir draußen noch ein inbrünstiges „Jesus is the king!“ von einer vorbeiziehenden christlichen Gemeinde zugerufen bekommen, was unter dem Schwarzvolk milde Erheiterung auslöst. Schließlich geht’s dann aber doch in die unheiligen Hallen. Hinter The Lust Syndicate verbirgt sich u. a. Simone Salvatori von Spiritual Front, und das verbergen ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn die drei Musiker treten mit schwarzen Kapuzen und schwarzen Halbmasken vor dem Gesicht auf. Die Musik ist sehr rhythmisch und trommellastig, teilweise hämmern alle drei auf die vor ihnen stehenden Trommeln ein und erzeugen damit schon mal Gänsehautstimmung. Simone ist ein wenig nervös, offensichtlich spielt die Technik auch immer wieder Streiche, aber das WGT-Publikum verzeiht ja eh alles. Im Hintergrund laufen Schwarz-Weiß-Filme von verschiedenen Aufständen auf der ganzen Welt, die Lyrics sind ebenso kämpferisch („Capitalism is cannibalism“), alles in allem macht diese Post-Industrial-Pop-Mischung mit gelegentlichen Neofolk-Ausreißern richtig Spaß.
Wegen der anfänglichen Verzögerung sehe ich von St. Michael Front nur ein bisschen was, bevor ich weiterziehe, das reicht mir dann aber auch. Im Vorfeld dachte ich, ironischer Kitsch könnte Spaß machen, dann ist es aber nur Kitsch. Nicht mein Ding, daher geht es rasch Richtung Stadtbad für den elektronischen Teil des Abends.
Void-Vision-1-von-1Void Vision (aka Shari Vari) aus New York bereitet mir dann die erste veritable Überraschung des WGTs (und wird auch rückblickend die größte Entdeckung für mich sein), denn sie dominiert mit Stimme und Sound das Stadtbad, dass selbst King Dude hinter mir nur noch andächtig murmelt „She’s soooo good“. Hier tun sich Soundwelten auf, spacige Klangteppiche, eine Reise durch Jahrzehnte elektronischer Musik, gekrönt von Sharis unglaublicher Stimme, alles aus einer riesigen Armada von Synths und Effektgeräten mit einer Beiläufigkeit hervorgezaubert, dass es einem den Atem verschlägt. Ganz großes Kino und eine absolute Empfehlung für alle, die was mit Hante., Zanias, Boy Harsher etc. anfangen können. Wobei – das ist auch nur eine Annäherung. Lieber selbst anhören und vor allem anschauen! Weiterlesen

Wave-Gotik-TreffenDas WGT ist eine schöne Tradition auch in unserer Redaktion. Unsere Forumsmitglieder und Webzine-Mitarbeiter/innen Ankalætha, littlenightbird, Mrs.Hyde, Phoebe, prager.student, torshammare und Yggdrasil waren auch in diesem Jahr wieder vor Ort und geben euch einen Einblick in viereinhalb Tage voller Musik, Spiel, Tanz und andere Erlebnisse, von Black-Cat.net durften wir uns freundlicherweise einige Bilder ausleihen. Im Namen der Redaktion von SchwarzesBayern sagen wir vielen Dank für eure Mühe, die Bilder und Kooperationsbereitschaft!

Mrs.Hyde:

Pünktlich um 5:30 Uhr verlassen wir München, und schon um 9:30 Uhr sitzen wir bei einem gemütlichen Frühstück im Café Kater in Leipzig-Lindenau. Der Cappuccino ist großartig, im Vergleich zu München bekommt man hier zwei zum Preis von einem. Derart gestärkt begeben wir uns zu einem sonnig-heißen Bummel in die Stadt, wo dann auch die ersten schwarzen Gestalten gesichtet werden. Im Humana habe ich Glück und finde gleich drei schöne Teile original aus den 80ern für wenig Geld. Für mich ein optimaler Start ins WGT. Die Bändchenschlange ist um 15 Uhr zum Glück noch übersichtlich, sodass wir anschließend vor dem großen Regen unser Quartier bei Freunden beziehen können, denn mittlerweile ist es ziemlich düster geworden. Der Abend wird erst einmal verquatscht, bis wir uns zu Spark! auf der EBM-Warm-up-Party im Felsenkeller gleich um die Ecke aufmachen. War es mittags einfach nur warm, ist es hier abartig heiß. Die Luft kann man fast trinken, und es stinkt im Saal nach dem Schweiß unzähliger tanzender Leiber.
Dennoch sind Spark! ebenso gut drauf wie das Publikum und lassen sich ihre Clownsmasken in der ersten Hälfte der Show trotz der Hitze nicht nehmen. In einer kurzen Pause, die durch einen witzigen und selbstironischen Filmeinspieler überbrückt wird, zollen Mattias Ziessow und Christer Hermodsson dann doch der Hitze Tribut und entledigen sich der Masken und Bühnenklamotten. Die Stimmung steigt mit jedem Song ebenso wie die Saaltemperatur. Zum Finale der Show wird vom Band ABBA eingespielt, eine Hommage an Schwedens beste Band (endlich ABBA auf dem WGT!), und dann passiert es: Der Feueralarm wird ausgelöst. Ich halte das wie wohl die meisten Anwesenden erst für einen weiteren Witz von Spark!, doch der Alarm ist echt. Alle Notausgänge werden geöffnet, die Leute strömen ruhig und ohne Panik nach draußen. Natürlich brennt es nicht, daher vermute ich, dass die Saaltemperatur schlicht die 50°C-Marke geknackt hat und somit automatisch der Feueralarm ausgelöst wurde. Respekt an Spark! für diese Leistung, die ohnehin den besten Gig vom WGT abliefern! Kurze Zeit später dürfen wir wieder hinein, die Party kann weitergehen, wahlweise mit Dive oder einer der Tanzflächen. Wir ziehen uns auf die Angstpop-Party im Naumanns zurück, bei der die Musik richtig gut ist. Das merken leider auch die anderen Besucher, denn wann immer Personen hierherfinden, bleiben sie auch da. Somit reicht es uns heute nach zwei Stunden, schließlich stehen ja noch vier weitere Tage an. Weiterlesen