torshammare

t-Sophia-FrNach einer Stadtrunde (wie immer ist es für mich viel zu warm und zu schwül, und voll ist es auch überall – nur nicht mit Schwarzvolk, das ist deutlich weniger vertreten als die Jahre vor dem bösen C) und ein bisschen Pause in der Wohnung fahren wir dann zur ersten Band des Tages, Sophia in der Kuppelhalle, meiner Lieblingslocation auf dem WGT. Die Halle ist perfekt für den mal ruhigen, mal intensiven Ritual/Martial/Ambient von Sophia, die heute aus Peter Bjärgö, seiner Frau Cecilia und Per Åhlund bestehen. Die Band ist sichtlich froh, wieder auf der Bühne zu stehen, und noch dazu auf dem WGT, auch wenn mit der Erinnerung an den kürzlich verstorbenen Albin Julius (The Moon Lay Hidden Beneath A Cloud, Der Blutharsch) auch ein wehmütiger Moment dabei ist. Ein wunderschöner Festivalbeginn! Danach steht die erste große Entscheidungsfrage an, wohin es als Nächstes gehen soll. Das Programm ist überall hervorragend, trotz vieler Absagen und Änderungen (noch am Donnerstag werden die letzten Bands für Montag bestätigt).
t-Basszilla-FrIch entscheide mich fürs Haus Leipzig, wo ich später sowieso xotox sehen will. Basszilla feiern noch eine amtliche Raveparty, als ich eintreffe, das Publikum geht euphorisch mit, einige tragen gelbe Warnwesten, und in der ersten Reihe wippt ein aufblasbarer Flamingo auf dem Hut eines Besuchers im Takt mit. Auf halbe Konzertlänge ist mir das Utz-Utz ein bisschen zu eintönig, es macht aber definitiv Stimmung, und die Temperatur im sowieso schwülwarmen Haus Leipzig steigt unerbittlich. Die Band und die zwei Tänzerinnen sind glücklich, das Publikum auch, passt also alles.
t-xotox-FrIch bin dann bei xotox sehr glücklich, Andreas Davids und seine Frau Claudia zerstören erst auf der mit zwei schlichten xotox-Läufern geschmückten Bühne gekonnt die Wirklichkeit, sichten ein „UFO“ und „Leben und sterben für Musik aus Strom“, dann kommt nach dem „Schwanengesang“ noch ein Stargast auf die Bühne, zu dem Andreas sinngemäß gewohnt knackig sagt: „Das ist jetzt ein bisschen was anderes, da müsst ihr jetzt aber einfach durch.“ Zusammen mit Konrad Schubert aka Utopiae (Darkfolk, das Debütalbum Ostblock Bohème erscheint am 22. Juni) spielen xotox deren Remix von „Praha“, was eine coole Bereicherung des Elektrosets ist. Die Gitarre und die etwas anderen Sounds werden vom Publikum gut angenommen – sehr schön!
t-Rue-Oberkampf-FrLeider muss ich danach gehen, weil im Alten Stadtbad Rue Oberkampf anstehen, und die sind auch Pflicht. Rue Oberkampf sind eine der Bands, die mich mit ihren Live-Performances in München durch die Pandemie gebracht haben, und auch das Konzert im Ampere vor ein paar Monaten war wunderschön. Das heute ist allerdings noch mal eine ganz andere Hausnummer. Das Alte Stadtbad – nicht proppenvoll, aber gut gefüllt – bietet eine tolle Konzertumgebung, der Sound passt auch, und die Band liefert ein perfekt aufgebautes Set, das sich von Song zu Song steigert (viel vom aktuellen Album Liebe, aber natürlich auch Klassiker wie „Kalt“ oder „Es versucht“). Das Finale mit „Never stop to dance“ wird euphorisch bejubelt, und natürlich werden wir nie aufhören zu tanzen. Magnifique, alles!!
t-MB-außen-nachtsNach einem kurzen Ratsch mit einem schwedischen Bekannten geht’s nach einem kurzen Abstecher zur Moritzbastei dann zurück in die Wohnung, den ersten WGT-Abend mit den Mitbewohner*innen ausklingen lassen. Nachdem ich mich an unserer S-Bahn-Station noch mit zwei Leipzigern verquatscht habe, was sehr lustig und sehr skurril war, aber das würde jetzt hier zu weit führen …

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Yggdrasil

Nach einem gepflegten Frühstück haben wir also aus dem Hostel ausgecheckt, um unsere übliche WGT-Wohnung zu beziehen. Eine 30-minütige Fahrt mit der Tram Nummer 7 Richtung Böhlitz. 30 Minuten hören sich lange an, sind es aber in Wirklichkeit gar nicht. Einmal quer durch Leipzig vorbei am so ziemlich coolsten Viertel der Stadt. Wohnung bezogen, ein wenig frisch gemacht, und fast war ich auch wieder im Festivalmodus. Ganz emsig überlegt, was denn nun mit dem Abend anzufangen sei. Meine bessere Hälfte hatte sich tatsächlich bereit erklärt, mich zu einem Neofolk-Abend zu begleiten.
Die majestätische Kuppelhalle war der Veranstaltungsort eines der von mir heiß erwarteten Konzerte, namentlich Death in Rome und Of the Wand and the Moon. Auf dem Weg zur Kuppelhalle merkte ich wieder diese besondere Stimmung in der Luft. Erwartung, Freude und Dankbarkeit, ein solches Event erleben zu dürfen nach der ganzen Lockdown-Katastrophe. Wir waren sogar so früh dran, dass wir noch The Devil and the Universe mitbekamen, die auf der Hauptbühne spielten. Ihre Mischung aus Tribal, Industrial, technoiden Beats und viel mystischen Vibes ging sofort in die Gelenke. Der Band werde ich auf jeden Fall mehr Gehör schenken. Die Akustik in der Kuppelhalle war wie immer über jedem Zweifel erhaben. Die Kantine der Kuppelhalle (der zweite, etwas kleinere Veranstaltungsort) war für Death in Rome hergerichtet worden. Nach kurzem Soundcheck (der quasi nicht vorhanden war) betraten die Akteure auch schon die Bühne. Die Kantine war erstaunlicherweise recht gut gefüllt, das kenne ich auch schon anders. Mit ihrer Mischung aus Military Pop, Neofolk und Avantgarde feuerten sie einen Hit nach dem anderen ab. Die Menge ging begeistert mit bei Coverversionen der Marke „What is love“ oder „You’re my heart, you’re my soul”. Ja, ihr habt richtig gelesen! Dies sind nur zwei einiger Coverversionen, die die Band veröffentlicht hat. Stilgerecht natürlich im Deckmantel des Folk Noir und Military Pop gehalten. Insgesamt eine gute Show, aber für meinen Geschmack zu wenig eigene Songs, und die Atmosphäre war der Kuppelhalle unwürdig. Mein Highlight des Tages folgte nach wenigen Minuten auf der Bühne in der Halle. Noch schnell etwas zu trinken geholt, und ab ging es. Vor der Bühne war es leider zum Bersten voll, sodass ich leider keinen guten Platz ergattern konnte. Da mir bei Neofolk die Bühnenshow nicht so wichtig ist, setzten wir uns auf eine Stufe, wo ein wenig Frischluft zu spüren war. Kim Larsen (Mastermind von Of the Wand and the Moon) spielte hauptsächlich Stücke seines 2021 veröffentlichten Albums Your love can´t hold this wreath of sorrow. Das Album ist im Vergleich zu seinen Frühwerken ein wenig poppiger geraten, aber das ist eine Entwicklung, die früher oder später jeder Künstler durchlebt. Eine super Atmosphäre und ein warmer Sound. Glücklich machten wir uns anschließend auf den Weg nach Hause.

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Mrs.Hyde

In voller Montur schauen wir bei den beiden verbliebenen Humanas vorbei, und ich ergattere eine Hemdbluse im Frackstil und eine Mütze jeweils aus den 80ern. Leider wurden wir auf dem Balkon zum Viktorianischen Picknick überredet, das uns letztes Mal schon viel zu überlaufen war. Als wir im Park ankommen, werden unsere schlimmsten Erwartungen immerhin nicht bestätigt, aber dafür noch um Längen übertroffen. Wohin man auch schaut: Nur Buntis, Gaffer, Instagram-Handyknipser und Profi-Fotografen mit Spiegelreflex, Teleobjektiv und Laptop, die ungefragt entgegen aller Rechte Bilder schießen. Schöne Kostüme sehen wir nur drei oder vier, ein paar mehr dann am nächsten Tag in der Blödzeitung. Bild dir deine Meinung: Das Event zerstört sich selbst.
Aber zu den Bands, wir starten mit den Shad Shadows im Stadtbad. Doch wegen technischer Probleme kommt es erst zu einer Verzögerung, und der Sound ist in der Folge leider furchtbar. Die Abstimmung fehlt leider völlig, und als beim vierten Song der Gesang quasi unhörbar leise wird, brechen wir ab und gehen lieber bei „unserem“ Vietnamesen GiMyLi beim Felsenkeller essen. Anschließend sind Funhouse im Täubchenthal ebenso gut wie das Essen und liefern mitreißenden Gothic Rock, der Balsam für meine geschundene schwarze Seele ist. Ich freue mich auch über Children on Stun und Nosferatu, auch wenn beide Bands das vorgelegte Niveau nicht halten können. Für die „When we were young“-Aftershow-Party fehlt heute die Energie.

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Phoebe

P_WonnemondKirschbierEin außergewöhnlich gutes Frühstück gibt es in diesem Hostel! Danach raus nach Leutzsch, ein wenig für die nächsten Frühstücke einkaufen, einen Kaffee im Garten, dann mit unserer geliebten Straßenbahn Nr. 7 zum Augustusplatz. Das Kirschbier auf dem Wonnemond-Mittelaltermarkt auf der Moritzbastei schmeckt nach mehr! Aber danach steht die Kuppelhalle an mit The Devil and the Universe (atmosphärisch, unheimlich, man könnte sich in Trance schwingen) und danach Death in Rome in der Kantine. Hier wurde mir versprochen, dass es mir gefallen könnte, ich kannte die Band vorher nicht. „Take on me“, „What is love“, „Nein years“, „Diamonds“, „Summertime sadness“, „Dirty Diana“? Moment mal, die Songs sind alle gecovert! Aber cool gemacht, mit absolut genialen, passenden Videos im Hintergrund. Das ist ja mal Neofolk, wie ich ihn nie erwartet hätte.

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Ankalaetha

Sophia-1Wie immer am WGT-Freitag würde ich gerne zum Viktorianischen Picknick wollen, muss aber erstmal noch los und mir, nach schlechter Erfahrung am Vorabend, einen besseren Make-up-Entferner kaufen. Und merke dabei: Es ist heiß. Etwas zu heiß, um als noch nicht wieder akklimatisierter Wahl-Skandinavier in halbwegs passender Klamotte in der Nachmittagshitze unterwegs zu sein, weshalb wir es lieber ruhig angehen lassen und erst am späten Nachmittag mit torshammare zu Sophia in die Kuppelhalle fahren. Danach muss ich unbedingt noch ein paar Fotos von der Kuppelhalle machen – für mich eine der schönsten Locations auf dem WGT –, bevor wir mit der Tram in die Stadt fahren.
Hier wollen wir „schnell noch was essen“, bevor es in die Moritzbastei geht – das mit dem Essen dauert dann allerdings etwas länger, und so kommen wir erst zum Gewölbe, als SRSQ schon auf der Bühne stehen. Die Tonne wirkt zu diesem Zeitpunkt ordentlich voll, der Rest der MB dagegen ohne Party und DJs sehr leer, und so genießen wir erstmal den ungewohnt reichlichen Platz und trinken noch was.
NightNight-1In der Umbaupause leert sich die Tonne dann auch fast vollständig, und man findet bequem einen Platz seitlich an der Wand, wo man zwischendurch das Glas abstellen oder sogar mal sitzen kann. Dass wir uns absolut nicht zwischen all den anderen Headlinern entscheiden konnten und deshalb beschlossen haben, uns Bands anzuschauen, die wir noch nicht kennen, erweist sich dann als eine der besten Ideen des Wochenendes – NightNight aus Brooklyn mit ihrem abwechslungsreichen und doch stimmigen Mix aus diversen Stilen und Stimmungen sind definitiv eine lohnende Neuentdeckung für mich. Yasmin Maryam Haddad (The Wants) widmet sich live dem Gesang und wird dabei von keiner geringeren als Void Vision/ Shari Vari an den Synths unterstützt. Das Ergebnis kann sich sehen und vor allem auch absolut hören lassen und passt mit der US-Underground-Attitüde noch dazu perfekt in das MB-Keller-Setting. Absolut ein Erlebnis!
Live @ MoritzbasteiDagegen fallen die Headliner des Abends, Deathsomnia, für mich dann beinahe schon ein wenig ab, aber das ist natürlich der persönlichen Präferenz geschuldet. Die elegante Mischung aus Dark Wave und Post Punk ist nichtsdestotrotz ein würdiger Schlusspunkt des Konzertabends.

Hier geht’s zum WGT-Samstag!

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