Yggdrasil

Y_TrobarDeMorte_nGlücklicherweise fingen meine Konzerte allesamt erst am späteren Nachmittag an, sodass ich meiner Lieblingsbeschäftigung während des WGTs nachgehen konnte. Ich ließ mich einfach treiben und saugte dieses Gefühl von „dunkle Familie“ auf. Am besten geht das natürlich, wie sollte es auch anders sein, von der Moritzbastei aus. Bei einem kühlen Getränk (das brauchte man auch bei der Schwüle, die in der Luft lag) schmiedete ich die Pläne für den Tag. Da mein Schatzi und ich getrennte Wege gingen an diesem Tag, dachte ich an das Konzert von Trobar de Morte im Heidnischen Dorf.
Hinein in die kultige Tram 11 Richtung Ziel und siehe da, liefen mir doch tatsächlich Freunde aus München über den Weg, die ein wenig ziellos waren. Nach kurzem Small Talk überzeugte ich sie tatsächlich mitzukommen. Pünktlich betrat die Band um 17:50 Uhr die Bühne, und es versammelten sich die Schwarzromantiker, Medieaval-Fans, Freunde der Neoklassik und Folker zu einer Riesenparty. Trobar de Morte aus Spanien verbinden geschickt Mittelalter-Bombast (keine Schalmeien und so ein Krampf), spanische Folklore (mit Flamenco-Gitarren) und Fantasy-Musik. Eine Mixtur, die gut funktioniert hat. Aus allen bisher erschienen Veröffentlichungen wurden Songs gespielt. Es wurde getanzt, als ob es kein Morgen mehr gäbe. Nach einem kurzen Stop am Augustusplatz ging es dann direkt ins Westbad. Zwei Konzerte, die mich interessierten, nacheinander in einer Location: ein Traum. Auf dem Weg dahin schloss ich mich einer Gruppe Besucher an, die offensichtlich Richtung Westbad unterwegs war, und so kam man ein wenig ins Gespräch.
Y_Brutus_nBrutus aus Belgien (hatte ich schon einmal in München gesehen, im Vorprogramm von Chelsea Wolfe) sind live der pure Wahnsinn! Eine energiegeladene Show, dass man die Duracell-Häschen als lasche Säcke bezeichnen möchte. Ihre Songs durchzucken den Körper, und selbst wenn man nur mitwippt, ist man doch immer in Bewegung. Die Bandhymne „War“ nötigte mich zum Bangen. Sensationell! Zum Abschluss des Abends gab es dann zwei erfreuliche Sachen für mich. Mein Schatzi schloss sich mir im Westbad an ganz unverhofft. Meine Freude war riesig!
Y_Alcest_nDie mächtigen Alcest betraten die heiligen Bretter des Westbads und eröffneten den Metal-Reigen. Überraschenderweise sehr Black-Metal-lastig. Man kennt ja ihre letzten Werke, und die waren ja mehr im Post Black Metal angesiedelt. Es wurden Stücke aus fast allen Werken zum Besten gegeben. Ein rundum gelungener Tag neigte sich dem Ende zu, und wir ließen den Abend noch bei Toast mit Marmelade in der Wohnung ausklingen.

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Mrs.Hyde

Als Erstes besuchen wird den Schwarzmarkt in der Agra-Halle. Eine Halskette, ein Paar spitze Creepers und eine Plüschfledermaus später testen wir zusammen mit Freunden den Cocktailstand und genießen das allgemeine Schauspiel. Der Trümmerbarde Noctulus liefert wie eh und je dazu den unvermeidlichen WGT-Soundtrack. Herrlich. Weniger herrlich sind leider die Bandüberschneidungen, denn es tut mir um Totenwald leid, und ich muss mit The Exploding Boy eine meiner Lieblingsbands sausen lassen, um dafür die Kontrolle zu behalten, die im Stadtbad spielen. Sie danken es mir mit einer tollen Show, und ich hoffe, das bald in einem kleinen Club wiederholen zu können. Zurück in der Agra folgt mit Welle:Erdball das Kontrastprogramm. Es werden keine Hits ausgelassen, und das Publikum feiert die Band verdientermaßen ab. Besonderes Highlight ist der Gastauftritt der ehemaligen Sängerin Fräulein Plastique mit dem Megahit „Ich bin aus Plastik“, die sich das vor so großer Kulisse nicht nehmen lassen will.
SigueSigueSputnik2Den finalen Abriss liefern anschließend Sigue Sigue Sputnik im Täubchenthal, die live immer wieder Spaß machen. Imposant ist wie immer der gewaltige Kopfschmuck von Sänger Martin Degville. Noch imposanter ist es, wie Gitarrist Tony James auch mit 69 noch mit Strapsen, nacktem Hintern und Pferdeschwanz die Bühne rockt. Zur Aftershow-Party sind wir zur Glitter und Trauma gegenüber im Elipamanoke verabredet. Allerdings ist die Schlange am Einlass bereits 100m lang und wird hinter uns stetig länger, da es kaum vorwärts geht. Also entscheiden wir uns spontan für die Gothic Pogo Party im Werk II. Als wir die Segel streichen, wird es bereits wieder hell.

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Phoebe

Der Samstag ist der Tag der ungeplanten Begegnungen. Überraschend Leute getroffen, die ich schon lange nicht mehr gesehen hatte, neue Leute kennengelernt. Ich fahre und laufe viel herum und fotografiere, bevor ich mich mit dem Schatz im Westbad zu Alcest treffe. Okay, das ist jetzt eher was für ihn, aber stört mich nicht groß, die Weißweinschorle und dazu die Leute beobachten, ist auch schön. In den frühen Morgenstunden lassen wir den Tag noch Revue passieren zu Rotkäppchensekt (von der Vermieterin gesponsert) und Erdbeermarmeladetoasts.

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torshammare

Der Samstag beginnt etwas planlos, doch dann treffe ich mich kurzentschlossen mit der Münchner Freundesgruppe im Heidnischen Dorf, was eine sehr gute Entscheidung ist. Man hat ein wenig mehr Platz zum Flanieren gelassen, mehr Platz zum Sitzen, das ist sehr angenehm. Auch die Toilettensituation ist etwas besser, sodass man sich dort noch etwas entspannter als in den letzten Jahren aufhalten kann. Wir hören Aeronautica (Mittelalterrock, engagiert, aber zieht uns nicht vor die Bühne) und sitzen gemütlich in der Sonne. Dann teilen wir uns auf, ich fahre mit einem guten Freund in die Stadt zurück, die anderen schauen sich Vroudenspil an. Die Einlassschlange geht mittlerweile fast bis zur Straße vor, und wir sind froh, so früh im Heidnischen Dorf gewesen zu sein.
t-Exploding-Boy-SaNach einem Snack in der Innenstadt bin ich dann pünktlich bei Exploding Boy im Haus Leipzig (und es ist sogar noch Zeit für Einkäufe und Ratsch mit Mercher Johnny und Sänger Johan). Endlich wieder XBoy! Das letzte Konzert ist einige Zeit her, ebenso unser Interview mit Johan und Les. XBoy liefern einen fantastischen Auftritt vor knallvoller Hütte ab, und die ganzen Hits wie „Torn“, „London“, „Desperados“, „Dark city“, „Heart of glass“ und „Street cliché“ werden lautstark bejubelt. Wer noch atmen kann in der Schwitzhütte, tanzt. Tack så mycket!!
t-Then-Comes-Silence-SaDanach kommt gleich das nächste Schweden-Goodie, Then Comes Silence, die etwas postpunkiger als XBoy unterwegs sind, aber genauso zwingende Ohrwurmmelodien in ihren Songs haben. „Stranger“ darf natürlich nicht fehlen, außerdem gibt es schon was vom neuen Album Hunger zu hören, das in ein paar Wochen erscheint (wir konnten schon reinhören – lasst euch die Scheibe nicht entgehen!). Then Comes Silence bauen ihr Set etwas langsamer auf als XBoy, geben am Ende dann aber richtig Gas, und von weiter hinten sieht man in ein Meer aus hochgereckten Händen, die Menge ist euphorisch. Zu Recht! Ein großartiger Auftritt, tack så mycket!!
t-Sydney-Valette-SaDanach ziehe ich noch weiter in die Moritzbastei, weil ich mit Sydney Valette und Dead Lights zwei mir bisher noch unbekannte – also nur vom Reinhören bekannte – Bands anschauen will. Die Konzerttonne in der Moritzbastei ist zum Glück nicht überfüllt, sodass ich noch gut reinkomme. Sydney Valette ist ein Act von Young & Cold Records und damit von garantierter Qualität. Der flotte elektronische Dark Wave des Franzosen macht richtig Laune und geht sofort in die Beine, und nach dem Konzert muss unbedingt eine Stofftasche vom Merch mit (von denen man eh nie genug haben kann).
t-Dead-Lights-SaDie nachfolgenden Dead Lights hatten mich beim Reinhören zu Hause sofort gefesselt, die Mischung aus Synth, Beats, viel Energie und eindrucksvollem Gesang war irgendwie etwas Neues. Die Band bringt die Energie und die stimmliche Leistung auch live einwandfrei auf die Bühne (und eine schön funkelnde Tiara gibt es auch zu sehen), ich muss allerdings ein bisschen früher gehen – der Tag war warm und sehr schwül, und das merke ich jetzt. Trotzdem: Dead Lights sind eine Empfehlung!

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Ankalaetha

Mimimi-Frühstück-1Fast hatte ich schon befürchtet, dass es ausfällt, aber kurz vor dem WGT kam sie dann doch noch: die Einladung zum diesjährigen Mimimi-Frühstück, dieses mal – mi?- nicht in der altbewährten Lokalität, sondern – mimi! – in einem anderen Cafe am andern Ende des Leipziger Marktes. Und dann gehen uns eine knappe Stunde nach Beginn wegen zu großem Zulauf auch noch die Stühle aus! Mimimi!!
Nachdem es also beim Frühstück schon ausreichend Gelegenheit gab, über die wirklich gnadenlose Überschneidung unzähliger großartiger Bands zu klagen, ist es dann am Nachmittag und frühen Abend endgültig Zeit, sich dieser zu stellen und böse Entscheidungen zu treffen. Unsere fällt in diesem Fall auf die Agra, weil ich unbedingt Rabia Sorda sehen will, und mit den kurzfristig für Neuroticfish eingesprungenen Rotersand kann man auch nix falsch machen. Dank Tram-Chaos (wegen einer Demo in der Innenstadt, die nicht nur zu Verspätungen, sondern auch dazu führt, dass die Trambahnen eine andere Strecke fahren als sonst – das muss man als nicht ortskundiger Mensch aber halt erst mal kapieren …) kommen wir zwar nicht ganz pünktlich, und das geplante gemütliche Agra-Trinken muss damit auch ausfallen, aber wir treffen Freunde, stehen rechts vorne vor der Bühne und haben eine sehr gute Zeit.
Rotersand-1Rotersand spielen ein zunächst eher ruhiges Set, was in der Hitze gar nicht so verkehrt erscheint, bevor zum Schluss mit „War on error“ und „Exterminate annihilate destroy“ dann doch noch ordentlich Gas gegeben wird.
Jetzt also gut aufgewärmt geht es im Anschluss bei Rabia Sorda dann richtig ab, die „deutsch-mexikanische Freundschaft“ gönnt weder sich noch den Fans irgendwelche Ruhepausen in ihrem sehr schnellen und punkigen Set.
Rabia-Sorda-1Auf der einen Seite ist das etwas schade, hat die Band doch durchaus auch sehr tolle ruhigere und komplexere Songs auf ihren Alben, andererseits gelingt es dadurch aber, den etwas mangelhaften Agra-Sound durch reinen Energieüberschuss aus dem Weg zu fegen.
Darum ohne größere Klagen, aber etwas müde und durstig finden wir danach einen Platz im Agra Cafe – draußen ist es nämlich inzwischen nass. Hier, und auf dem doch ziemlich geschrumpften Agra-Markt, haben wir dann wohl mehr Zeit vertrödelt, als wir vorhatten, jedenfalls sind Dead Lights schon fertig, als wir wieder an der Moritzbastei ankommen. Wir nehmen noch ein Getränk, dann geht es nach Hause.

Hier geht’s zum WGT-Sonntag!

(2090)

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