Der Ausblick, die Schafe, der Cocktail
und das Klo

Schönes Wetter, aber nicht viel Zeit? Wo zieht es den Münchner hin? Isar? Englischer Garten? Ich habe eine andere Idee: Setzt euch in den Bus, in die Tram oder in die S-Bahn und fahrt zum Ostbahnhof, geht durch die Unterführung in Richtung Friedenstraße und von dort nach rechts ins Werksviertel. An der Ecke, wo einst die Pfanni-Verwaltung stand, geht es in die Atelierstraße rein, und man sieht schon von weitem das Highlight, das es seit 2019 gibt: das Hi-Sky, das größte mobile Riesenrad der Welt und größte Riesenrad Deutschlands, fast 80 Meter hoch und damit 30 Meter höher als das Riesenrad auf der Wies’n.

Man steht nicht sehr lange an und schon darf man eintreten in die Gondeln. Man hat als Pärchen, Familie oder Clique eine Gondel für sich. Ganz gemütlich geht es nach oben. Bei Föhn hat man eine außergewöhnlich gute und weite Rundum-Sicht, auf der einen Seite die Berge, auf den anderen Seiten ganz München mit seinen bekannten Wahrzeichen wie Frauenkirche, Olympiaturm, Allianz Arena, das Münchner Tor, die BMW-Semmel, die Hypo-Vereinsbank im Arabellapark, alles zum Greifen nah.

Dazwischen industrieller Charme wie rauchende Kraftwerksschlote, die Züge von und zum Ostbahnhof, unten das Werksviertel. Auf dem Dach von Werk 3 sind doch tatsächlich Schafe zu erkennen! Für Fotografen trotz der verglasten Gondeln ein Paradies. Eine Fahrt dauert 30 Minuten und kostet für einen Erwachsenen 14,50 Euro. Das neue Riesenrad wird aber nur zeitweise im Münchner Werksviertel stehen. 2021 muss es dann einem neuen Konzertsaal weichen.

Man kann nun gleich weiter fahren oder aber noch einiges anderes sehen. Wo einst Optimol stand und daneben gleich die Pfanni-Kartoffelpuffer hergestellt wurden, war lange Jahre ein Ausgehviertel mit legendären Diskotheken und Partylocations. Doch irgendwann war mit allem Schluss, die Stadt München hat den Grundstein gelegt für das neue Werksviertel. Hier entstehen nun Kultur-, Büro- und Wohngebäude sowie besagter Konzertsaal. Es sieht alles noch ein bisschen kruschig aus, teils wurde abgerissen, teils wurde schon neu gebaut, vieles sieht supermodern aus, anderes lässig improvisiert. Graffitikünstler aus aller Welt haben hier ihre Spuren hinterlassen, Loomit hat hier sein Atelier, die Whitebox ihr Domizil, und es gibt ein „Musicalhaus“, das Fack ju Göhte spielte und Die fabelhafte Welt der Amélie. Die Münchner Künstlerin Beastiestylez hat Amélie in einem zauberhaften Graffiti dazu an die Wand gesprayt.

Leider ist nach diesen zwei Musicals im ehemaligen Kartoffelspeicher der Pfanni-Werke das Licht ausgegangen. Die Produktionsfirma hat das Werksviertel verlassen. Keine Ahnung, was mit der Halle passiert. Schade.

Seit kurzem gibt es aber in der Nachtkantine jeweils freitags und samstags den bekannten „Quatsch Comedy Club“. Verliebt habe ich mich aber regelrecht ins Container Collective. „Eine eigene Stadt aus Containern, wo man seine kreative Ader ausleben kann“, so steht’s im Internet. Auch hier viele neue Graffitis, wie der neueste Clou von Loomit: das „Mietenmonster“, mit dem er ein Statement zu den Münchner Mieten setzen wollte.

Wer vom Herumstreunen müde geworden ist, für den hätte ich da einen Tipp für einen charmanten Sundowner: Oben auf der Terrasse der Bar of Bel Air, auch so einem herrlich besprühten Container, kann man nach einem schönen Tag einen wundervollen Sonnenuntergang genießen, mit Blick in die City, auf die untergehende Sonne, mit einem Getränk seiner Wahl in der Hand.

Keine Angst, wer nun noch auf die Toilette muss, bevor er die Heimreise antritt: Die von außen wohl witzigsten Toiletten Münchens (und auch innen relativ gepflegt) sind nur wenige Meter von der Bar entfernt! (Künstler: Lesie)

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