Alte Schwabinger Architektur

Die Katholische Akademie in München-Schwabing hat auf ihrem Grundstück zwei barocke Bauten versteckt: Schloss Suresnes und den Viereckhof. Im Rahmen des Tags des offenen Denkmals 2019 am 8. September gab es die Gelegenheit, die Baulichkeiten zu besichtigen, das ließ ich mir nicht entgehen.

Schloss Suresnes

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An diesem Tag kommt man als Besucher über die Mandlstraße 23 (Adresse der Katholischen Akademie) auf das große Gelände. An dem Sonntagvormittag herrscht ein reges Kommen und Gehen in dem Bau, den ich nur durchquere, hinten hinaus geht es in den Garten. Am anderen Ende der Wiese kann man trotz des Regens bereits Schloss Suresnes, ein dreigeschossiger Mittelbau mit zwei Seitenflügeln, leuchten sehen. Allerdings führt einen der Weg erst einmal über einen gepflasterten Laubengang am Grundstücksrand entlang, bevor man das Gebäude betreten kann.
Aber was ist da? Die Besucherkarawane vor mir stockt, fast jeder schaut interessiert auf die am Rand des Gartens installierte Bronzefigur, die gebückt im Efeu evtl. nach einem Regenschirm sucht.

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Weiter geht’s nach dem Zwischenstopp auf dem Weg, unter anderem vorbei an steinernen Sitzgelegenheiten und Figuren aus der Vergangenheit. Unterwegs hat man einen schönen Blick auf weitere bronzene Installationen und Blumenbeete, die dem Baustil des Hauses entsprechend angelegt sind. Über den nördlichen Eingang betritt man dann endlich Schloss Suresnes. Johann Baptist Gunetzrhainer hat den Barockbau von 1715 bis 1718 nach dem Vorbild des Chàteau de Suresnes bei Paris für den Kabinettssekretär des bayerischen Kurfürsten Maximilian II. Emanuel, Franz von Wilhelm, errichtet.
Ende des 19. Jahrhunderts gingen hier junge Künstler ein und aus. 1918 konnte man Maler wie Hans Reichel und Paul Klee antreffen, die zeitweise im Schloss wohnten und arbeiteten. Während der Münchner Räterepublik versteckte Reichel in seiner Atelierwohnung den Revolutionär und Schriftsteller Ernst Toller.
Heute ist Schloss Suresnes im Besitz des St. Korbiniansvereins der Erzdiözese München und Freising, seit 1967 dient es als Tagungs- und Gästehaus der Katholischen Akademie.
Nach dem Eingangsbereich geht es weiter in die drei anschließenden Räume des Schlösschens. Auf der westlichen Seite, zur Werneckstraße hin, findet man das Hauptportal, deshalb wird der Bau auch als Werneckschlößl bezeichnet. In der Bibliothek kann man einen schön gestalteten marmornen Kamin entdecken. Im Untergeschoß dürfen die Besucher sogar in den Küchenbereich, vorbei an einer sehr gut erhaltenen Geschirrvitrine. Außerdem befindet sich hier unten auch eine Wirtsstube (nichts für 2-Meter-Menschen). Es geht über enge Stufen zurück ins Erdgeschoß und über die knarzende Holztreppe in den ersten Stock zu den Gästezimmern, in die man auch schauen darf. Im Norden hat man am Ende des Flurs einen Ausblick auf eine Dachterrasse (Richtung Feilitzschstraße), am anderen Ende tritt man auf eine barock gestaltete Loggia mit Ausblick auf einen kleinen Innenhof mit Brunnen (eine Münchner Julia könnte hier ihrem bayerischen Romeo hinterher schmachten).
Schloss Suresnes – ein wirklich schönes barockes Interieur wird umgeben von über 300 Jahre alten Mauern, die sehr gut erhalten sind. Sehenswert (sofern möglich)!

Viereckhof

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Aber jetzt gilt es die zweite Sehenswürdigkeit auf dem Gelände zu entdecken: den Viereckhof. Zurück über den Laubengang geht es an der nächsten Ecke links, vorbei an einem kleinen Bauerngarten steht da das alte denkmalgeschützte Bauernhaus. Über 700 Jahre befindet es sich hier (Ecke Feilitzsch-/Gunezrainerstraße). Der Bau ist typisch für die damalige Zeit: ein im bayerischen Voralpenland charakteristischer Einfirsthof. Es ist das älteste erhaltene landwirtschaftliche Gebäude in Schwabing. Dafür muss man sich vielleicht auch die freien Flächen rund um das Grundstück unter ihrem Besitzer Balthasar Viereck (1635) vorstellen: Herum watschelndes Federvieh, die Kühe auf ihrem Weg zurück in den Stall, der geschäftige Bauer und seine Knechte bei der Arbeit, die Bäuerin und ihre Mägde beim Brotbacken – schließt die Augen, denkt euch einfach die jetzige dicht bebaute Fläche außen herum weg. Einen kleinen Eindruck von der Vergangenheit des Viereckhofs und Münchens erhält man im Treppenhaus mittels schwarz-weiß Bildern und dem alten Pfahl im Erdgeschoß (links), der laut Beschreibung aus dem Dachstuhl des Münchner Liebfrauendoms (Meister Heinrich von Straubing – aus dem Jahr 1477) stammt.

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Vorbei am ersten Stock (Seminarräume, sehr nüchtern) geht es weiter in das Dachgeschoß, das erstaunlich gut saniert ist: Die neueren dicken Balken haben etwas zeitlos Erhabenes, ganz dem barocken Stil angepasst.

Barock, es gibt ihn nicht nur in Münchner Kirchen zu sehen, und Geschichte erkennt man an vielen Bauten in München, manchmal auch wie hier verborgen vor der Öffentlichkeit. In der Regel kann man das Gelände der Katholischen Akademie und die zwei Bauten nicht besichtigen, umso interessanter ist vielleicht das Programm zum Tag des offenen Denkmals 2020: https://www.tag-des-offenen-denkmals.de/

Bei der Quellenrecherche halfen:

Katholische Akademie in Bayern

Wikipedia Schloss Suresnes

München Wiki Schloss Suresnes

Wikipedia Viereckhof

 

 

 

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