Nehmt euch in Acht vor dem Tränentriefer!

Anton hat kein GlückDu liest einen Buchtitel und die Kurzbeschreibung, plötzlich weißt du: Das ist ein Buch, das du lesen solltest. Anton hat kein Glück klingt jetzt nicht unbedingt nach einem vielversprechenden Titel, aber das Lesen hat meine Vermutung bestätigt: magische Geschöpfe, etwas Lebensphilosophie und ein nörgelnder, egoistischer Protagonist im schwedischen Nationalpark von Tiveden.

Anton tingelt seit Jahren mit seiner Zaubershow durch die Außenbezirke von Stockholm, von Altersheimen zu Einkaufszentren, er findet an vielem etwas auszusetzen, er ist einfach ein Nörgler und Pessimist. Hätte er sich als junger Mann anders entschieden, dann wäre er heute vielleicht genauso erfolgreich wie sein Ex-Zauberpartner Sebastian. Vielleicht wäre dann Charlotta auch noch an seiner Seite und nicht mit Sebastian verheiratet. Diese Gedanken beherrschen Anton auch an seinem 45. Geburtstag – bis plötzlich ein rotes Ledersofa auf der Straße steht, und er ihm mit seinem Auto ausweichen muss. Ganz toll, jetzt muss er sich durch den angrenzenden Wald schlagen, um Hilfe zu bekommen. Und was macht denn dieses kleine Mädchen hier so allein im Wald? Sie bittet Anton darum, sieben verschiedene Blumen für sie zu pflücken, damit sie diese in der Mittsommernacht unter ihr Kopfkissen legen kann. Ja klar, weil er sonst keine Probleme hat! Der Egoist entzieht sich natürlich der Bitte und geht seiner Wege – eine falsche, ganz falsche Entscheidung! Denn das Mädchen war eine Waldfee, und ihre Rache ist grausam: Sie belegt ihn mit einem Todesfluch. Nur gut, dass er dann doch noch Greta und Gunnar begegnet, die ihn in das Leben der magischen Wesen einführen. Anton muss drei Prüfungen bestehen, um den Fluch abzuwenden. Der Zauberer, der nicht an Magie glaubt, soll sich merkwürdigen Aufgaben unterziehen und muss sich der Gunst der Waldfee bzw. des Miststücks unterwerfen, und da gibt es noch den Tränentriefer. Ob das gutgeht?

Mein Schweden-Urlaub brachte mich vor zwei Jahren auch in die Nähe des Nationalparks Tiveden, Lars Vasa Johansson hat mich mit seinem Debütroman wieder daran erinnert. Die Geschichte ist aufgrund seiner Entwicklung, der Situationen und Geschehnisse etwas ganz eigenes und hat einen schrägen, zum großen Teil unaufgeregten Erzählstil. Der Autor vermittelt einen trockenen Humor, der dem Buch gut steht und entwickelt mit seiner Geschichte ein Bild von einem Mann, den man nur ungern zum Freund hätte. Aber er zeigt auch auf, wie Anton zu dem Mann wurde, der jetzt diese zum Teil gefährlichen und eigenartigen Prüfungen bestehen muss, um sein Unglück bzw. Pech abzuwenden. Dass der Tränentriefer es auf Anton abgesehen hat, verwundert nicht wirklich, aber glaubt mir, den will und muss man auch nicht kennenlernen. Die Entwicklung dieses Charakters und all der anderen magischen Wesen ist sehr gelungen: amüsant, geduldig/ungeduldig, scharfzüngig, hexenhaft.

Anton hat kein Glück war für mich ein Buch, das ich gut einige Tage zur Seite legen konnte, es bestand kein Drang es fertigzulesen, aber auf jeden Fall wollte ich das Ende erfahren. Die Sicht auf das Leben von Anton ist anfangs deprimierend, aber er entwickelt sich zu seinem Vorteil, dank dieser magischen, schwedischen Welt.

Laut dem Verlag ist Lars Vasa Johansson, geboren 1966 in Stockholm, Drehbuchautor, Musiker und einer der gefragtesten Script Doctors in Schweden. Er war an diversen Film- und Fernsehproduktionen beteiligt und arbeitete außerdem als Schlagzeuger und Komponist.

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Lars Vasa Johansson: Anton hat kein Glück
Wunderlich Verl., 21.10.2016
416 Seiten
€ 19,95

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