Wenn man „Die Vorboten“ liest, denkt man in diesem Jahr vermutlich an böse Omen, die den angeblichen Weltuntergang verkünden. Doch weit gefehlt. „Die Vorboten“ kommen aus Norddeutschland und machen Musik, Kraut-Metal, um genau zu sein. Wer sich dahinter verbirgt erzählt uns Sänger und Gitarrist Karsten Palitschka in einem kurzen Interview.


Die Vorboten

Kyra Cade: Wer sind Die Vorboten?
Karsten Palitschka: „Die Vorboten“ sind fünf Typen aus Norddeutschland, die sich zum Ziel gesetzt haben, den Kraut-Metal zu erfinden. Das sind neben mir – Karsten Palitschka (Gesang, Gitarre) – Philipp Krätzer (Keyboards, Synthesizer), Thomas Mende (Gitarre, Zweitgesang), Florian Hermann (Schlagzeug) und Stephan Schuster (Bass). Das Songwriting liegt allerdings hauptsächlich in den Händen von Philipp und mir.

K. C.: Wie kamt ihr auf den Bandnamen?
K. P.: Unsere Vorgängerband „Kingdom Gone“ hatte einen Song namens „Die Vorboten“ im Repertoire. Der Name verkündet etwas Kommendes und kam uns auf unserer Mission, eine eigene Identität, ein eigenes Genre zu erschaffen, gerade recht.

K. C.: Ihr beschreibt eure Richtung als „Kraut-Metal“, also sehr gitarrenlastiger Metal. Wieso habt ihr euch für dieses Genre entschieden?
K. P.: Nein, Kraut-Metal ist Metal mit starkem elektronischem Einschlag, deutschen Texten, realen Inhalten und das Spiel mit dem sprachlichen Ausdruck. Wir bedienen uns vielmehr der typisch deutschen Tradition. Wir nennen das Kraut! Das sind vor allem die hier erfundene Elektronika, deutsche Texte, Inhalte über Themen, die genau hier passieren und der Kinski-mäßige Umgang mit der deutschen Sprache. Warum das Ganze? Wir bauen uns unsere eigene musikalische Identität auf und dafür müssen wir gar nicht weit weg. Viele eifern englischen und amerikanischen Musikriesen nach; das würde uns langweilen. Unsere Inspiration ist das Hier und Jetzt.

K. C.: Was unterscheidet euch von anderen Bands?
K. P.: Wir machen Metal mit realen Inhalten, deutschen Texten und klanglichen als auch sprachlichen Experimenten! Ich kenne keine Band, die all diese Elemente auf eine ähnliche Weise kombiniert wie wir. Wir setzen außerdem auf griffige, melodische Songs, die uns selbst mitreißen und uns zu energischen Liveshows motivieren, in denen wir viel mit dem Publikum agieren, anstatt einfach nur zu spielen.

K. C.: Welche Musiker haben euch als Band am meisten beeinflusst?
K. P.: Wir haben kein festes Vorbild. Einflüsse kommen überall her. Ob textlich oder musikalisch konsumieren wir aus unterschiedlichen Genres und finden am Ende des Songwritings nicht zu den Ursprüngen zurück. Und das ist auch gut so.

„Wir verschenken gerne unsere Musik“

K. C.: Ihr habt letztes Jahr euer erstes Album unter dem Titel „Aufschrei“ veröffentlicht. Seid ihr zufrieden mit der Resonanz?
K. P.: Wir können schon zufrieden sein, wenn man bedenkt, dass die Leute uns entweder lieben oder hassen. Es ist besser, ausgewogenes als einseitiges Feedback zu bekommen. Lieber sauer aufstoßen als geschmacksneutral zu sein. Schade war natürlich schon, dass wir grade in Deutschland vielen schwer zugänglich gewesen sind, zumal die ausländischen Reviews durchweg positiv waren. Aber das hat sich mit der neuen EP „Sturm & Drang“ jetzt ja auch hierzulande geändert.

K. C.: Ist bereits ein neuer Longplayer in Arbeit?
K. P.: Der ist sehr wohl in Arbeit und bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. Die Texte und Songs sind soweit alle so gut wie fertig und die ersten Demos werden in Kürze schon an unsere Newsletter-Leser geschickt. Wer mithören will und seinen Senf dazugeben will, kann sich eintragen und bekommt gleich die neue EP als Vorgeschmack gratis dazu, unter http://musik.dievoboten.de

K. C.: Mir ist aufgefallen, dass ihr wahnsinnig viel veröffentlicht. Es gibt immer wieder kostenlose Downloads neuer Songs. Ein recht seltenes Angebot. Warum macht ihr das?
K. P.: Wir wollen in erster Linie gehört werden. Deshalb verschenken wir gerne unsere Musik. Wer uns mag, der kann uns kaufen, muss aber nicht. Wer unsere neue EP „Sturm & Drang“ als echte CD haben will, gibt in unserem Online-Shop so viel, wie er für richtig hält. Oder eben gar nix. Viel wichtiger ist uns, dass man uns weiterempfiehlt und uns damit hilft gehört zu werden. Und sei es einfach unseren Gratis-Downloadlink dem nächsten Kumpel zu schicken oder uns auf Facebook zu liken. Das bedeutet uns viel mehr und bringt uns dazu, weiterhin „wahnsinnig viel“ zu veröffentlichen.

Volle Konzentration auf Kraut-Metal

K. C.: Was sind eure persönlichen TOP 3-Alben?
K. P.: Wir hören alle komplett unterschiedliche Musik, dass wir das gar nicht für uns verallgemeinern können. Bei mir ändert sich das fast wöchentlich.

K. C.: Mit welchem Künstler / welcher Band würdet ihr gerne mal zusammenarbeiten?
K. P.: Im Moment haben wir nicht das Verlangen mit irgendjemandem zusammenzuarbeiten, sondern uns vielmehr um uns selbst zu kümmern. Bevor wir mit anderen musikalischen Identitäten zusammenkommen, wollen wir erst mal unsere eigene Identität Kraut-Metal aufbauen. Das ist vorerst genug Arbeit und Anspruch an uns selbst.

K. C.: Welche Pläne habt ihr für die nahe Zukunft?
K. P.: Im Spätsommer das Album rausbringen, weitere Begeisterte für unsere Mission gewinnen und jede Menge live spielen. Wer uns in seiner Stadt sehen will, kann sich einfach unter booking@dievorboten.de melden. Wir sind für jeden Spaß zu haben.

K. C.: Ziele, Wünsche, Träume der Vorboten?
K. P.: Die Inspiration nicht verlieren und den Spaß erweitern!

K. C.: Ein paar Worte zum Abschluss?
K. P.: Stay Kraut!

K. C.: Vielen Dank für das Interview!
K. P.: Danke auch! Alles Gute.


Der neue Spitzel des Lehrerzimmers

 

Bastian Bielendorfer ist für das schulische Leben gezeichnet: Er ist der Sohn einer Grundschullehrerin und eines Gymnasiallehrers und hat das zweifelhafte Vergnügen, seine 13 Schuljahre als Lehrerkind zu absolvieren – an den Schulen der Eltern. Damit hat er von Beginn an ein Kainsmal auf der Stirn, das sagt: Schlagt mich, quält mich, lasst euren Frust gegen meine Eltern an mir aus. Nicht nur das, denn Papa und Mama sind nicht nur Berufsdidakten, sondern auch zu Hause mit Fleisch und Blut Steißtrommler, was der arme Bastian ertragen muss.

Der Autor schreibt über seine Kindheit und Jugend. Mit viel Sarkasmus gelingt es ihm, die Schwächen und Marotten seiner Eltern für den Leser darzustellen, als wäre er dabei gewesen. Bielendorfer, Jahrgang 1984, hatte es nicht leicht, so schreibt er zumindest, und Mitleid bekommt man allemal. Sein Vater ist ein geborener Scherzkeks, der den Sohn zum Bravsein bringt, indem er von einem armen, gefangenen Markus erzählt, der aufgrund seines Ungehorsams für immer in ein Gefängnis eingesperrt wurde und nichts zu Essen bekommt. Als Bastian mit einer selbstgebastelten Schultüte sein Schulleben beginnt, zerreißt diese auf dem Schulhof und er ist der Loser der Nation. Ein halbes Jahr später steht er in Pumucklunterhose vor der Bildungseinrichtung, aus Solidarität mit den Kindern in Afrika. Dass alle anderen Kinder vollbekleidet zum Unterricht erscheinen, fällt dem kleinen Bastian zu spät auf.
Auch der vermeintliche Urlaub in Russland entpuppt sich als mittlere Katastrophe. Dafür hat der mittlerweile pubertäre Sohn endlich einmal die Chance, sich an seinem pseudowitzigen Vater zu rächen, in dem er „Moskau“ von Dschingis Khan umdichtet.
Das Buch ist sarkastisch, ernst und mit netten Beschreibungen bestimmter Lehrertypen gespickt. 24 Jahre aus dem Leben des Autors werden erzählt und bringen einen oft zum Lachen. Schade ist nur, dass Bielendorfer irgendwann auch sein Abitur erlangt und das Buch trotzdem weiterführt. Man liest noch über den Zivildienst und das Studium, was aber sehr langweilige Sequenzen werden, im Vergleich zum Vorherigen.
Dennoch lohnt sich die Biographie, die nahezu kein Klischee auslässt und wird zum amüsanten Zeitvertreib. Ob einem der Autor leidtut, muss jeder für sich entscheiden. Eines jedoch steht fest: Leicht hatte Bastian es nicht.

„Eins! Ich habe eine Eins!“ […]
„Aha.“ […]
„Gut, na ja, aber du kannst ja nichts dafür, das sind die Gene.“
[Lehrerkind, S. 9f.]

:buch: :buch: :buch: :buch: :buch2:

Bastian Bielendorfer – Lehrerkind. Lebenslänglich Pausenhof
Piper Verlag 2011.
304 Seiten
9,99 € Taschenbuch
Piper Verlag
Amazon.de

Selbstjustiz als einziger Weg zur Gerechtigkeit?

 

Fünf Männer werden erhängt und verstümmelt in einer Turnhalle gefunden. Ein Motiv scheint zu fehlen, bis eMails auftauchen, die das Vergehen der Täter anprangern. Während in Dänemark eine unvergleichbare Hetzjagd beginnt und das Volk zur Selbstjustiz greift, steht das Ermittlerteam vor einem Rätsel. Wer ist der Mörder und warum hat er ausgerechnet diese Männer ausgesucht?

„Schweinehunde“ ist eines der Bücher, die vielversprechend beginnen und dann zur Lesequal mutieren. Obwohl Gesichter und Geschlechtsteile verstümmelt sind und die Hände abgetrennt wurden, kommt das angeblich beste Ermittlerteam Dänemarks nicht auf den Gedanken, dass es eine sexuelle Komponente geben könnte. Während Leser, Medien und das gemeine Volk schnell vermuten, dass die Opfer wohl eher Täter waren, tappen Simonsen, die Comtesse und recht unbedarfte Polizisten im Dunkeln. Sogar als merkwürdige eMails verschickt werden, die klar sagen, dass es sich bei den Leichen um Pädophile handelt, dauert es unendlich lange, bis der Kommissar dann doch mal davon ausgeht, dass Vergewaltiger aufgeknüpft wurden.
Unbegründet bekommt Simonsen freie Hand und unerschöpfliche finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, um den Fall aufzuklären. Dabei fragt sich jeder vernünftig denkende Mensch: Was macht der Mann da? Sinnlos schickt er die Polizisten durch das ganze Land, damit sie dort Informationen einholen, die erheblich schneller und kostensparender per Mail oder Telefon weitergegeben werden könnten – und das geschieht auch. Während Pauline oder wahlweise auch Arne also durch das Land reisen, trudeln im Hauptquartier die angeforderten Infos ein und helfen doch nicht weiter. Immer wieder gibt es Szenenwechsel, die das Agieren der vermeintlichen Täter beschreiben und Dänemark stellt sich gegen die Polizei und schlachtet die nun öffentlich bekannten Pädophilen regelrecht ab.
Aus den USA ist bekannt, dass gegen aus der Haft entlassene Vergewaltiger ähnlich vorgegangen wird, so fremd erscheint einem die Beschreibung also nicht. Und natürlich steht man nicht auf der Seite der Täter – aber man hat doch ein gewisses Maß an Rechtsempfinden.
Das Buch wirkt unzusammenhängend und lieblos. Plötzlich duzen sich zwei Personen, die sich ein paar Sätze weiter im gleichen Gespräch doch wieder siezen. Das Ermittlerteam arbeitet weder zusammen noch effizient, jeder macht, was er will und irgendwie wird der Fall schon gelöst werden. Unvermittelt ist jemand tot und das bereits seit zwei Tagen, konnte aber eben noch aktiv werden. Es ist nicht seltsam, dass Briefe von Verstorbenen versandt werden – das kann durch Dritte geschehen, natürlich, aber der Kommissar wundert sich nicht einmal, versucht nicht, Spuren zu entdecken oder Hinweise auf den Absender. Als schließlich das ganze Land weiß, dass es an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Uhrzeit ein großes Interview mit einer involvierten Person geben soll, wissen die Ermittler angeblich immer noch nichts davon, verfolgen keine Mitteilungen auf einschlägigen Homepages und sind überrascht, als am nächsten Tag die Proteste beginnen, zu denen aufgefordert wurde. Ach ja, und Gesetze lassen sich inklusive Gesetzentwurf, Sitzung, Abstimmung etc. binnen weniger als 24 Stunden ändern.
Gefährlich sind zwei Dinge an diesem Roman: Erstens wird zur Selbstjustiz aufgerufen und die Welt strikt in Schwarz und Weiß geteilt. Keine Grautöne, keine Abweichungen. Zweitens, und das finde ich persönlich geradezu dramatisch, werden die Opfer der sexuellen Übergriffe alle gestellt. Zwar gibt es laut Roman eine ungeheuer große Zahl an missbrauchten Kindern, die auch bereit sind, über die Übergriffe zu sprechen. Aber anstatt sie auftreten zu lassen, werden Schauspieler eingesetzt und schließlich kommt raus, vieles ist unwahr. Es wird das Bild einer großen Lüge gezeichnet: Pädophilie existiert kaum, meist sind die Fälle nur ein Produkt reger Fantasie, also ist das alles nicht so schlimm. Das kann absolut nicht Tenor eines Romans sein, der allem Anschein nach auf dieses brisante Thema hinweisen und zumindest fiktiv ein wenig Gerechtigkeit einfordern will.
Die beiden Autoren scheinen leider vollkommen am eigentlichen Ziel vorbeigeschrieben zu haben und gestalteten ein langweiliges Werk, das nur so trieft vor Logikfehlern. Fast erscheint es, als hatten Lotte und Sören Hammer eine Idee und haben ohne Feinabstimmung abwechselnd die Kapitel oder bestimmte Erzählstränge verfasst, die dann einfach aneinandergereiht wurden. Sehr schade, denn die Idee ist gut, die Ausführung jedoch eine glatte Sechs.

:buch: :buch2: :buch2: :buch2: :buch2:

„Es ist nicht genug Platz zum Spielen“, rief er ihr aus der Halle zu.
„Warum nicht?“
„Weil da Männer hängen.“
„Dann spiel um sie herum.“

(Schweinehunde, S. 11)


Lotte und Sören Hammer – Schweinehunde
Übersetzung aus dem Dänischen: Günther Frauenlob
Droemer Verlag, 2011
550 Seiten
16,99 Euro (Hardcover)
Amazon.de
Verlagsgruppe Droemer-Knaur

„Marianne, bitte, Sie sind eine Dame.“ – „Ich bin keine Dame.“

urlacher

 

„Putzi hatte beschlossen, mich zu mögen. Uneingeschränkt. Bedingungslos. Mit Wucht. So wurde die Putzfrau Marianne Schneider – mit ihren dicken Armen für die Arbeit und ihrem prallen Herzen fürs Übrige – Teil meines Lebens.“

Max Urlacher ist Schauspieler, Single, Mann und von daher schon mal wenig prädestiniert für die makellose Erledigung des Haushaltes, weshalb er sich nach einer Putzfrau umsieht. Empfohlen wird ihm Marianne Schneider. Doch wenn er gedacht hat, ihm müsse die Frau gefallen, die in seiner Wohnung die Herrschaft übernehmen wird, hat er sich getäuscht. Marianne hat Ansprüche und putzt nicht bei jedem, so dass sich Max schwuppdiwupp bei ihr in der Küche zum Antrittsbesuch und zur genauen Überprüfung seiner Persönlichkeit wiederfindet. Zwar redet Marianne die meiste Zeit über sich selbst – und sie hat viel zu erzählen! –, aber irgendwie besteht der eingeschüchterte Max den Test und wird ihr neuer Kunde. Ehe er sichs versieht ist Putzi, wie er sie schon bald liebevoll nennt, Ratgeberin in allen Lebenslagen, Köchin meistens schmackhafter Eigenkreationen und Karriereberaterin, zieht ihn hinein in ihr turbulentes Leben und ihre immer frei Schnauze geäußerten Ansichten, Gefühle und Gedankengänge. Doch so resolut Putzi auf der einen Seite ist, so empfindsam und verletzlich ist sie auf der anderen: Eines Tages bittet sie Max, sie als moralische Unterstützung auf ihr 40jähriges Klassentreffen am Bodensee zu begleiten, weil sie dort ihre verflossene Liebe von damals, Gerhard, wiedertreffen wird, den sie nie vergessen konnte und mit dem sie so gern einen Neuanfang wagen würde. Max kann diese Reise von Berlin an den Bodensee mit einem Reportageauftrag über die Romantische Straße verbinden, und schon geht es los: Das Putzi-Mobil (Max’ Auto) wird bis unters Dach mit lebensnotwendigen Dingen vollgeladen, Putzi quetscht ihre quadratische Figur hinters Lenkrad – Max fährt zu langsam –, und eine turbulente Reise quer durch Deutschland kann beginnen, bei der die beiden zu echten Freunden werden, Haschzigaretten mit einem fast italienischen Eisverkäufer rauchen, zwischendurch einen Freund von Max als Reisebegleitung haben, der gern als Inge-Meysel-Imitator auftritt, in einem Hotel auf eine echte Berühmtheit treffen und schließlich tatsächlich auf dem gefürchteten Klassentreffen landen. Ob Putzi Gerhard wiedertrifft und was aus den beiden wird, soll dann jeder selbst nachlesen, das große Finale sei hier nicht verraten.

Zuerst einmal: Putzi gibt es wirklich! Sie heißt tatsächlich Marianne, allerdings nicht Schneider, putzt bei Max Urlacher, der Theater- und Filmschauspieler ist, und die beiden haben all das, wovon in diesem Buch erzählt wird, erlebt. Vielleicht nicht immer ganz exakt so wie beschrieben, schließlich ist Max auch Schriftsteller, manchmal sollten auch Persönlichkeitsrechte gewahrt bleiben, und manchmal musste Max beim Schreiben die Wahrheit noch entschärfen, weil die Leser ihm sonst gar nichts mehr geglaubt hätten. Was nun letztendlich Tatsache und was schriftstellerische Freiheit ist, bleibt der eigenen Interpretation überlassen, aber das Wichtigste ist sowieso der Mensch Marianne, und der ist eine Wucht. Klein, Anfang sechzig, so breit wie hoch, mit einem (fast) unerschütterlichen Selbstbewusstsein, viel Lebensweisheit, viel Humor, einem durchaus vorhandenen Liebesleben (was für Max immer viel zu viel Information ist) und herrlichen Schrullen.
Max Urlacher schreibt liebevoll und voller Respekt über seine Putzi, sehr selbstironisch über sich selbst und höchst anschaulich über ihre gemeinsame Reise die Romantische Straße entlang. Lesen und sich über den grandiosen Fototeil in der Buchmitte amüsieren!

Zum Weiterlesen gibt es den Putzi-Blog: http://maxurlacher.com/putzi-blog/

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Max Urlacher ist Jahrgang 1971, aus Berlin, hat in München die Otto-Falckenberg-Schule besucht und arbeitet als Schauspieler für Theater und Fernsehen. Er hat bereits zwei Bücher veröffentlicht, 2005 Los Angeles-Berlin, ein Jahr, ein Briefwechsel zwischen ihm und seiner guten Freundin Franka Potente, sowie 2010 Rückenwind, sein erster Roman.

Verlag: Droemer
Ausgabe: Paperback (Klappenbroschur), 207 Seiten mit Fototeil
Preis: € 14,99 (eBook: € 12,99)

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Verlag

Wenn Nikolaus mit seinem Cello die Bühne betritt, wird es still. Das Publikum fragt sich, was es zu erwarten hat und wer dieser unauffällige junge Mann ist, der auf einem Stuhl Platz nimmt. Doch bereits die ersten Klänge, die der Künstler seinem Instrument entlockt, begeistern. Die Musik ist anders. Mal ernst und getragen, mal fröhlich und leicht werden meist ohne Gesang, nur durch das Cello Umbra Geschichten erzählt. Nun haben sich Cellolitisdie Zeit für ein Interview genommen. 


Nikolaus und Umbra in Aktion.
Foto: Thomas Graul

Kyra Cade: Cellolitis sind…?
Cellolitis: Nikolaus und Umbra, mein Cello.

K. C.: Dein Cello hört auf den schönen Namen Umbra. Warum wurde es so getauft?
Cellolitis: So hieß eine Farbe in meinem Tuschkasten aus der Schule. Ich liebte den Klang – die Musik – des Wortes. Umbra heißt auch „der Schatten“. Ein Schatten, den die Seele wirft.

K. C.: Seit wann spielst Du schon Cello und welche Instrumente beherrschst Du noch?
Cellolitis: Ich spiele seit meinem sechsten Lebensjahr das Cello. Ich singe. Ein paar Basics kann ich auf der Gitarre, dem Bass, Geige, Bratsche. Auf dem Klavier, Blasinstrumenten und diversen Orgeln spiel ich gern gerumpelte Schiefklänge. Ich probier überhaupt jedes Instrument gern aus; schau, wie es tickt. Wie Spielzeug.

Neues Album noch in diesem Jahr

K. C.: Mit Deiner Musik erzählst Du fröhliche Geschichten, schneidest aber auch ernste und traurige Themen an. Was macht Dir persönlich mehr Spaß?
Cellolitis: Beides! Ich freue mich enorm, wenn Leute bei meiner Show lachen. Auf youTube gibt es ein Video, wo ich den „Psychedelic Waltz“ in einer kanadischen Comedy-Show spiele. Das macht mir Spaß. Albern sein. Spielen, lachen, Grimassen ziehen; alles vergessen; mich gehenlassen. Aber ich bekomme manchmal auch sehr bewegte und persönliche Geschichten nach Konzerten erzählt. Fremde Menschen teilen sich mit. Sie haben etwas in der Musik gefühlt, was ihrem Lebensthema grad entspricht. Das Danke von einem solch „intensiven Zuschauer“ ist mir wichtig. Es gibt dem ganzen Musikmachen einen wunderschönen Sinn.

K. C.: Gibt es Vorbilder aus dem klassischen Bereich?
Cellolitis: Ganz, ganz viele. Mir fällt die Auswahl schwer. Komponistenidole sind Beethoven, Prokofjew, Satie; an Bach gibt es lebenslänglich Schönes zu entdecken! Brahms hat zwei herrliche Sonaten für Klavier und Cello geschrieben. Richard Strauß‘ „Salome“ ist meine Lieblingsoper, obwohl Strauß bekennender Nazi war. Das ist ein riesiger Konflikt für mich. Trotzdem liebe ich diese Musik (live!). Ja, und Richard Wagner, der Pink Floyd des 19. Jahrhunderts. Ingo Metzmacher ist ein großartiger Dirigent. Von ihm gibt es ein Buch „Keine Angst vor neuen Tönen“. Da umschreibt er kurz einige beeindruckende Komponisten. Ich kann es jedem, der Musik liebt, damit „arbeitet“ und sich dezent für die Klassik interessiert sehr empfehlen. Meine frühere Cellolehrerin Claudia Schwarze beeindruckt mich bis heute in ihrer Art, so viele junge Menschen zu motivieren und auszubilden.

K. C.: Du hast bereits zwei CDs aufgenommen, arbeitest Du an einem neuen Album?
Cellolitis: Ja, es wird Ende November in Berlin released. Ich arbeite dafür zum ersten Mal mit Band.

K. C.: Welche Musik hörst Du am liebsten?
Cellolitis: Schwierig. Das fließt so phasen- und spartenweise durch mich durch. Da bleiben Bands aus vielen Musikrichtungen. Auch je nach meiner Tätigkeit beim Musikhören. Meine erste Band war Queen, die ich vergöttere. Ich liebe die Beatles, Leonard Cohen, Bob Dylan, Woody Guthrie, Bob Marley, Tom Waits, Pink Floyd, die Stimme von Otis Redding. Ich mag Can, Ton Steine Scherben, Hans Söllner, Jan di Leo, Quinto Rigo, Nigel Kennedy, Mojo Juju, John Lennon, Goodspeed You!Black Emperor, Björk, Nick Cave, Einstürzende Neubauten, Arvo Pärth, Wenzel. Nine Inch Nails, The Doors, Motorhead oder Rage against the Machine. Aus Berlin höre ich gern „Mutter“! Deutsche authentische Punk-Rock-Balladen. Johanna Zeul finde ich grad sehr spannend; mit eigener Art und voller Energie.

Ein Auftritt mit Björk im Opernhaus

K. C.: Im Januar warst Du mit Coppelius unterwegs. Wie war’s?
Cellolitis: Cool! Ein Abenteuer! Zum ersten Mal in einem richtigem Tourbus mit einem coolem Fahrer!

K. C.: Was ist in besonders positiver Erinnerung geblieben?
Cellolitis: Einschlagend für mich war der Auftritt im Kammgarn Kaiserslautern. Die Leute, die Stimmung, der Laden, der Sound, das Licht. Da hat alles gepasst. Einer DIESER Momente im Leben.

K. C.: Wo oder mit wem würdest du gerne mal auftreten?
Cellolitis: Definitiv mit meiner Band auf viel mehr Festivals in ganz Europa! Italien, Spanien, Russland, Serbien, Kroatien, Griechenland, Norwegen, England, Türkei, Frankreich. Das wäre ein Traum. Ok, es ist seit längerem mein Traum, mit Björk in einem Opernhaus aufzutreten. Mit Orchester, Band, Ballett und Chor!

K. C.: Wünsche und Ziele für die Zukunft?
Cellolitis: Liebe, Gesundheit und Zeit! Ein eigenes Studio, ein eigenes Label; spannende Begegnungen und Erfahrungen in der Musik leben. Ich will Liebe leben und so ziemlich jede Scheißangst abbauen. Ich würd mir ein besseres Miteinander der Menschen untereinander wünschen. Da muss in den nächsten Jahren ein solidarischer Ruck durch Deutschland gehen. Der Staat wird hier mehr und mehr zur Enttäuschung und Bedrohung der Demokratie. Ich wünsche mir daher, dass die Piraten auf- und mitmischen in naher Zukunft und den Bürgern ehrliche Politik geben.

K. C.: Ein paar Worte zum Schluss?
Cellolitis: Vielen Dank Kyra Cade und vielen Dank SchwarzesBayern.

K. C.: Vielen Dank für das Interview! 

Die Glam-Goth-Rocker aus St. Pauli, Lord of the Lost, hatten einen guten Start ins Jahr. Nachdem Gitarrist Sebsta Lindström und Drummerin Any Wayst die Band zum Ende 2011 verließen, nahm Christian „Disco“ Schellhorn den Platz am Schlagzeug ein und erwies sich als würdiger Ersatz. Die EP „Beside & Beyond“, die am 17.02. in die Läden kam und ursprünglich auf 1000 Exemplare limitiert war, wartete mit einem fulminanten Vorverkauf auf, so dass die Auflagenzahl erhöht wurde. Gleichzeitig waren die fünf Hamburger mit Eisbrecher auf Tour und rockten Deutschland, Österreich (nun, so der Plan, das Konzert musste leider abgesagt werden wegen des Austritts von Ammoniak) und die Schweiz. Bassist Class Grenayde nahm sich nun die Zeit für ein Interview.

Kyra Cade: Ihr seid gerade zurück von der Tour mit Eisbrecher. Wie war’s? 
Class Grenayde: Es war super. All unsere Erwartungen wurden erfüllt und nicht selten sogar noch übertroffen. Wir sind sehr glücklich, dabei gewesen zu sein.

K. C.: Was ist besonders in Erinnerung geblieben? Schönes oder Unschönes?
C. G.: Wir haben neue Freunde gefunden. Es gibt wohl vergleichsweise nichts, was das noch toppen könnte. Viele kleine Anekdoten. Alles zusammen bildet ein großes Erlebnis. Wir haben sehr viel gelacht und haben wenig geschlafen. Die Resultate könnt ihr dann bei TV of the Lost verfolgen. Ich könnte es auch nicht besser in Worte fassen. Schaut es euch einfach an. Unschönes gibt es absolut nicht zu berichten, außer dem Ammoniak-Alarm in Wien, der den Ausfall des Konzertes zur Folge hatte.

K. C.: Die Nordlichter trafen auf Münchner. Gab es da Schwierigkeiten am Anfang? 
C. G.: Nennen wir es Nährboden für ein angenehmes Arbeitsklima. Beide Bands verstehen Spaß und fordern ebensolchen ein. Es gibt also genug Potential, wenn Nord und Süd aufeinandertreffen. Es wurde viel miteinander gelacht.

K. C.: Freut ihr euch jetzt auf ein bisschen Ruhe und mal wieder zu Hause zu sein?
C. G.: Klar. Es ist nunmal auch ein großes Stück Arbeit. Man legt lange Strecken zurück, muss immer gut organisiert und diszipliniert sein. Wir haben alle sehr wenig geschlafen. Alles zusammen waren wir schon ein wenig ausgelaugt. Das fällt einem dann aber erst zu Hause auf. Dann schafft man es kaum noch von der Couch in die Küche. Es nützt aber alles nichts. Das dritte Album steht in den Startlöchern und drumherum bleibt die Zeit auch nicht stehen. Aber es tat schon gut, einmal wieder zu Hause zu sein und durchzuatmen. Nichtsdestotrotz vermisst man die schöne Zeit auf Tour.

K. C.: Das letzte Lied auf der Tour war „Eure Siege“, das in Zusammenarbeit mit Alexx Wesselsky entstanden ist. Gibt es noch mehr gemeinsame Songs und wenn ja, wo wird man sie hören können?
C. G.: Nichts Genaues weiß man nicht. Aufgrund der beiderseitigen Sympathien ist nichts ausgeschlossen. Jedoch ist bis auf “Eure Siege” nichts weiter offiziell.

K. C.: In letzter Zeit konnte man öfter von Remixes lesen, die Lord of the Lost gemacht haben. Beispielsweise für Staubkind oder FragileChild. Sind noch mehr geplant? 
C. G.: Auf jeden Fall, wir haben eine Menge Anfragen und werden die, die uns zusagen sehr gern bearbeiten. Da wird noch einiges kommen, dieses Jahr… Das letzte, was wir gemacht haben, war ein Remix für Unzucht, für die Chris ja auch gerade eine EP und ein Album produziert.

K. C.: Machen Remixes mehr Spaß als komplett eigene Songs, oder sind das besondere Herausforderungen oder eher Zeitvertreib? 
C. G.: Weder noch, das ist etwas komplett anderes, nicht zu vergleichen. Zeitvertreib ist es nicht, das ist eher ein Job, denn wir haben keine Zeit übrig, um sie einfach nur so zu vertreiben.

Unromantischer Sex in der Kälte vor der Kamera

K. C.: Eure aktuelle EP „Beside & Beyond“ hat eingeschlagen. Bereits der erste Vorverkaufstag war ein voller Erfolg und die Fans haben minütlich bei amazon.de auf die Verkaufscharts geschaut. Habt ihr so etwas erwartet? 
C. G.: Nein. Deshalb haben wir erst einmal eine limitierte Auflage pressen lassen. Wir mussten allerdings nachlegen, damit auch die Fans auf der Tour mit Eisbrecher die Gelegenheit hatten, die EP zu kaufen. Es ist immer wieder etwas ungewiss, wie stark eine Platte wirklich einschlägt. Man kann quasi an den aktuellen Plattenverkäufen erkennen, wie viele Fans wir dann doch mit den letzten Touren u.a. mit Mono Inc. dazugewonnen haben. Es ist uns eine Freude, so viele Menschen bei Lord of the Lost begrüßen zu dürfen!

K. C.: Ist dadurch der Erfolgsdruck gestiegen? 
C. G.: Ja und nein. In erster Linie versuchen wir uns selbst gerecht zu werden. Das war bisher immer ein guter Weg. Allerdings steigt bei wachsender Popularität auch parallel der Druck an. Das ist aber auch ganz normal. Je höher man kommt desto dünner wird die Luft und der Druck steigt! Wir gehen aber mal davon aus, dass wir für die Reise das richtige Team und Gerät dabei haben!

K. C.: Das Video zu „Beyond beautiful“ ist unterschiedlich aufgenommen worden. Manche fanden es großartig, anderen war es zu sexuell und zu gewalttätig. Wie kamt ihr auf die Idee für dieses Script? 
C. G.: Wenn man sich den Text durchliest ist die Handlung gar nicht mal so weit hergeholt. Und in der Kunst ist Interpretationsspielraum ein gebräuchliches Instrument, um etwas noch interressanter zu gestalten. Wenn Kunst zu leicht zu verdauen ist und keine Fragen offen bleiben, sinkt automatisch deren Halbwertzeit. Wir sind ein Risiko eingegangen und wussten von vornherein, dass es für Kontroversen sorgen würde.

K. C.: „Very private“ kommentierte ein Fan. Der Clip ist in der Tat sehr intim geworden. War es schwierig, sich so vor der Kamera zu präsentieren oder denkt man in diesem Moment nur: Wir sind Profis, das ist ein Dreh, jetzt muss ich dieses machen, jetzt jenes? 
C. G.: Es ist weitaus unromantischer als man denkt, wenn man zehn Stunden in der Kälte nackt am Set verbringen muss. Umringt von einem Team, was einen unweigerlich stundenlang anschaut. Wenn man es dann noch schafft, authentische Gefühle zu erzeugen, und man bedenkt, dass der Sex vor der Kamera größtenteils echt war, dann ist das schon bemerkenswert. Ich denke, wir haben das ganz gut eingefangen.

Früher oder später suchen Lord of the Lost alle heim!

K. C.: Seit der Gründung von Lord of the Lost hat es ein paar Wechsel in der Besetzung gegeben. Zuletzt verließen Any und Sebsta die Band und Disco kam dazu. Ist die Band jetzt komplett? 
C. G.: Die Band war immer schon komplett. Ich kann aber sagen, dass sie aktuell wohl am besten funktioniert. Alle Beteiligten haben ein und das selbe Ziel, und das heißt: Lord of the Lost nach vorne zu bringen. Es wird immer mal wieder gewisse Veränderungen geben, ob groß oder klein. Ich denke, jeder hat immer mal wieder eine Veränderung in seinem Leben feststellen dürfen. Ohne wäre ein Leben nicht wirklich lebenswert. Es gibt aber keinerlei Zeichen, die darauf deuten lassen, dass ein weiterer Besetzungswechsel ansteht. Weder in naher noch in ferner Zukunft.

K. C.: Im September kommt euer neues Album raus. Was erwartet uns? Gibt es Unterschiede gegenüber „Fears“ und „Antagony“? 
C. G.: Wir haben uns definitiv weiterentwickelt. Ich denke, dass wir die Extreme noch weiter ausgelotet haben. Mehr Party, aber auch noch mehr Tiefgang. Man wird aber immer wieder Lord of the Lost wiedererkennen. Da muss man sich keinerlei Sorgen machen.

K. C.: Direkt danach geht es mit der Letzten Instanz auf Tour. Erwartungen? 
C. G.: Wir stapeln immer etwas tief! Das macht es umso einfacher für uns! Es wird auf jeden Fall ein schönes Wiedersehen mit unseren Freunden der Instanz und den Fans. Wir werden das Kind schon schaukeln!!

K. C.: Wird man euch – vielleicht schon 2013 – mal wieder auf einer Headlinertour feiern können? 
C. G.: Ja!

K. C.: Ein paar Worte zum Abschluss? 
C. G.: Vielen Dank an die Leser. Wir werden uns bald wiedersehen. Lord of the Lost schlafen nicht und suchen euch früher oder später alle heim!

K. C.: Vielen Dank für das Interview! 
C. G.: Sehr gerne!

Gut gegen Böse

 

Flüsternde SeelenMeridian ist eine sechzehnjährige Fenestra, die sich auf der Suche nach einem gleichgearteten Mädchen befindet. Fenestrae sind eine Mischung aus Mensch und Engel, die dem Tode Geweihten helfen, mittels eines Fensters in die Ewigkeit überzugehen. Begleitet wird Meridian von Tens, der ihr Leibwächter ist. In Juliett, die als Heimkind in einem Altersheim lebt, unter Misshandlungen zu leiden hat und als unbezahlte Pflegerin arbeitet, finden sie die Gesuchte. Allerdings ist es nicht einfach mit ihr in Kontakt zu treten, da diese anfangs alle Bemühungen abwehrt. Sie finden aber auch Verbündete in Rumy, dem Glaskünstler, und Anthony, einem ehemaligen Priester und Freund von Tens Großvater, die ihnen auch weiteres zu ihren Lebensgeschichten erzählen können. Die ganze Handlung wird noch gewürzt durch die ersten erotischen Erfahrungen zwischen Meridian und Tens.

Die fünfzehnjährige Juliett erzählt aus ihrer Sicht ihr Leben im Heim und ihre Sehnsüchte bezüglich ihrer eigenen Vita. Sie wird in ihrem kärglichen Leben als Altenpflegerin und Versorgerin von zwei kleineren Kindern unterstützt von Nicole, die ihr immer wieder hilfreich zur Seite steht. Die täglichen Arbeitsbelastungen und Erniedrigungen durch die Heimleiterin zeigen Erschöpfungszustände bei dem Mädchen. Hinzu kommt der Druck der Erfahrung aus Vorjahren, dass alle Kinder mit 16 Jahren das Heim verlassen müssen und von Ms. Asura, der Jugendamtsmitarbeiterin, abgeholt werden.
Diese zwei Geschichten verbinden sich, als die beiden Mädchen und ihre Freunde gegen ihre Widersacher, die Aternocti, antreten müssen, um Juliett und auch die restlichen Heimkinder aus ihrer misslichen Situation befreien zu können.

Dieses Buch ist die Fortsetzung von Meridian – Dunkle Umarmung. Der Autorin gelingt es aber sehr gut den nötigen Rückblick, der für das Lesen dieses Buches nötig ist, zwischen den Kapiteln zu erzählen.
Ein Großteil der Geschichte handelt von der Findung der Hauptdarstellerin als auf sich gestellte Fenestra und das Entwickeln ihrer erotischen Annäherung zu ihrem Wächter. Tens erfährt sich auch neu in seiner Rolle als Beschützer von Meridian. Selbst zum Schluss haben sie sicherlich noch nicht alles Wissenswerte über ihre Rollen erfahren. Die Erzählung um Juliett ist sehr gut aufgebaut. Selbst ältere Leser können sich leicht in die Lage des armen, geschundenen Mädchens einfühlen, vor allem auch mit dem Wissen um ihre Bestimmung. Überraschend treten dann immer wieder neue Personen in die Geschichte ein, die aber zugleich sehr gut hineinpassen.
Ich kann mir vorstellen, dass die Gegenspieler von Meridian und Juliett im vorangegangenen Buch eine größere Rolle gespielt haben. Die Aternocti werden erst im letzten Drittel der 426 Seiten als wirklich große Bedrohung herausgearbeitet. Der Nervenkitzel wird aber immer wieder durch die bösartige Heimleiterin, die eigenartige Jugendamtsmitarbeiterin und weitere Vorkommnisse erzeugt, so dass der Geschichte die Spannung nicht abhanden kommt.
Ich konnte dieses Buch beizeiten nicht aus der Hand legen und kann es den jugendlichen wie auch den erwachsenen Lesern empfehlen – sofern man sich der Geschichte, in der es auch um Tod und Sterben geht, stellen möchte.

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Amber Kizer: Meridian – Flüsternde Seelen
ursprünglich PAN Verlag / Droemer Knaur Verl., 2011
ISBN 978-3-426-28365-3
€ 14,99
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Homepage von Amber Kizer

Eine Geschichte aus zwei Städten

Zwei Jahre sind vergangen in London, seit sich die Welt von Emily und ihrer Freundin Aurora vollkommen verändert hat. Mittlerweile sind sie in einem Leben angekommen, das sie zögerlich als „Zuhause“ empfinden können – Emily wird von Master Wittgenstein väterlich (zumindest auf seine eigene, spezielle Art) aufgenommen und bildet ihre Fähigkeiten als Trickster weiter aus, und Aurora vergräbt sich in Recherchearbeit mit ihrem Mentor Micklewhite. Alles könnte verhältnismäßig normal sein, wäre da nicht die Uralte Metropole, in der sich mal wieder Unheil ankündigt. Menschen verschwinden spurlos, Wiedergänger bevölkern die alten Gänge und als auf einer Reise nach Konstantinopel auch noch Aurora und Micklewhite verschwinden, gerät für Emily vollends die Welt aus den Fugen. So begibt sie sich mit Wittgenstein auf eine Reise in die Stadt der Liebe, wo sie nicht nur selbige, sondern auch Aurora wiederfindet – allerdings nicht in der Verfassung, in der sie gehofft hatte…

Man schlägt „Lilith“ auf und fühlt sich sofort wieder wie zuhause in Marzis London. Orte, Begebenheiten und sein „marzialischer“ Stil voller Vorgriffe und Rückblenden sind schon so vertraut, dass der Leser augenblicklich in die Welt der Uralten Metropole zurückfindet, und sich von ihrem gruseligen Charme einfangen lässt.
Dieses Mal rückt Marzi die biblischen Geschichten ein wenig in den Hintergrund und nimmt sich einer der wohl faszinierendsten Mythen der Welt an – des Vampirs. Geschickt verknüpft er die Legenden von gleich mehreren Kulturkreisen, denn der Vampir ist mitnichten eine mitteleuropäische Schreckgestalt. Ähnliche Wesen findet man bis in die Antike, in den Legenden aus dem Nahen Osten, Ägypten und Mesopotamien (um nur einige Beispiele zu nennen). Seit den Anfängen des Judentums taucht allerdings immer wieder eine Interpretation auf: Die Mutter der Vampire soll keine andere sein als Lilith selbst, die erste Frau Adams, die mit Dämonen eine unheilige Brut in die Welt setzte. So schlägt Marzi gekonnt Haken durch Geschichte und Mythologie, von Ägypten nach Rumänien, vom Roten Meer ins London der Neuzeit und von Fakt zu Fantasie.
Er spielt auf faszinierende Art und Weise mit klassischen Grusel-Szenarien wie dem Irrenhaus, in dem die Patienten mit Drogen und Strom behandelt werden. Ein sehr schrulliger Psychiater kämpft darum, sie zu ihrer richtigen Persönlichkeit zurückzuführen – oder etwa nicht? Man beginnt, sich verloren zu fühlen, denn nie ist genau klar, wer eigentlich welches Spiel spielt und wer auf wessen Seite steht. Micklewhite und Wittgenstein halten sich den Mädchen gegenüber bedeckt wie immer, sodass man mit Emily und Aurora mitfühlt und nie genau weiß, wie viel Information man eigentlich gerade bekommt und was man damit anfangen soll. Alles in Allem hat man durch die Tragweite der Ereignisse fast den Eindruck, dass „Lilith“ trotz der ihm eigenen komplexen Geschichte dazu dient, auf ein noch größeres, bombastisches Finale in „Lumen“ (erscheint am 12. März 2012) hinzuführen.

Natürlich dürfen, wenn Marzi ein Buch über Vampire schreibt, Anspielungen auf Vampirgeschichten nicht fehlen – ergiebig genug ist die Thematik schließlich. So finden wir natürlich den Godfather of Vampirgeschichten: Dracula, nicht nur im tagebuchartigen Schreibstil während der Aufzeichnungen von Eliza Holland, sondern auch in Elementen der Geschichte, Zitaten und sogar den Namen einiger Charaktere. Noch faszinierender sind die kleinen Anspielungen auf den zu Unrecht wenig bekannten Joseph LeFanu, der mit „Carmilla“ die erste richtige Geschichte zum Thema verfasste.

Von den Vampirmythen abgesehen, herrscht ein weiteres Bild in „Lilith“ vor: Die „Schwesternstädte“ London und Paris, die sich so ähnlich und doch so unterschiedlich sind, wofür einerseits vermutlich die Realität verantwortlich sein mag, andererseits sicherlich auch Charles Dickens‘ „Eine Geschichte aus zwei Städten“.
Allgemein ist „Lilith“ erwachsener als sein Vorgänger „Lycidas“, allerdings ohne dabei den Marzi-typischen Charme eines modernen Märchens zu verlieren. Man spürt die zwei Jahre deutlich, die Emily und Aurora von verschüchterten Waisenmädchen in selbstbewusste Teenager verwandelt haben. Die Handlungsstränge sind komplexer miteinander verwoben und bilden viele unvorhersehbare Wendungen, sodass der Leser lange nicht weiß, wie eigentlich alles zusammenpassen soll – bis Meister Marzi sein weißes Karnickel aus dem Hut zaubert und plötzlich alles Sinn macht. Seine Welt scheint düsterer zu werden, die Uralte Metropole, die ihre Fühler bis in die Tiefen der Hölle ausstreckt, ist gefährlicher und offenbart erst langsam all ihre Geheimnisse. Wo „Lycidas“ den Leser zufrieden ließ und zurück in die Friede-Freude-Eierkuchen Welt schickte – das Böse vernichtet, wenn auch mit bitterem Beigeschmack – hat man nach „Lilith“ das nagende Gefühl, dass es eigentlich erst richtig losgeht, und dass die Fantasie von Christoph Marzi wohl noch einige Überraschungen und Abenteuer bereithält.

Eine komplexe Führung durch die Weltgeschichte des Mythos Vampir, die den Leser zunehmend unsicher über Gut und Böse macht und definitiv den Appetit auf mehr Marzi anregt. Ein Augenschmaus, nicht nur für Vampirfans!

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Christoph Marzi – Lilith
Heyne, Taschenbuch, 2012
688 Seiten
9,99€

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