Da lachen ja die Hühner!

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Peter Gaymann ist ein ideenreicher Cartoonist, dem im Buchheim Museum eine Retrospektive gewidmet ist. Eigentlich sollte diese schon letztes Jahr, zu seinem 70. Geburtstag stattfinden – Corona hat wieder einmal alles durcheinandergeworfen.
Dann eben jetzt! Sehr liebevoll ist alles inszeniert. An der Decke hängen und flattern die Hühner, das große Markenzeichen Gaymanns, Hühnerfüßchenspuren weisen in die richtige Gehrichtung.

Gaymanns Leben von Kindheit bis zur Gegenwart ist ausgestellt, sehr privat zum Teil, auch wird erklärt, wie es zu seiner Liebe zu Italien und zu den Hühnern kam. Kapitelüberschriften hat Gaymann selbst mit Edding-Stiften an die Wände geschrieben und mit kleinen Skizzen untermalt. Die ersten Zeichnungen waren, wie fast bei jedem Kind, für seine Mutter. In der Vitrine liegen Muttertagsgeschenke und Schönschreibhefte. Bäume, Pflanzen, Blumen folgten danach, detailreich gezeichnet.

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Sein Abiturzeugnis ist nicht das tollste, der Wehrdienst wurde verweigert, alles dokumentiert, mutig! Er studierte Sozialpädagogik und protestierte gegen Atomkraft oder den Umbau der Altstadt seiner Freiburger Heimat. Er war kein Rebell, aber bei wichtigen Demos war er mit dabei. Mitte 20 beschließt er, Künstler zu werden. Für eine Zeitung zeichnet er eine Serie mit Tieren, jeden Samstag ein anderes, Elefanten, Bären und Hühner. Nach diesen sind plötzlich alle ganz verrückt! Er zeichnet diese Hühner mit witzigen Texten versehen, die er ihnen sozusagen in den Mund legt. Damit reagiert er auf eine ganz eigene Art und Weise auf den Zeitgeist, ob es politischer oder kultureller Art ist.

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Sehr viele Postkarten sind hier entstanden, ein ideales Medium und gut geeignet, sein Geld zu verdienen. Man erfährt von Gaymanns Vorbildern, Tomi Ungerer und vor allem F.K. Waechter. Er, der immer schon Italien geliebt hat, seit seiner Abiturfahrt, zieht 1986 mit Frau und Tochter nach Rom. Federico Fellinis Filme haben ihn schon immer fasziniert.

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Ein wunderhübscher kleiner Fiat 500, mit seinen Hühnern verziert, hinten ein Lederkoffer angeschnallt, steht für diese Zeit. Doch fünf Jahre später kehrt er nach Deutschland zurück und bleibt die nächsten 26 Jahre in Köln. Und weil er ein guter Beobachter der täglichen Dinge und der Menschen ist, gibt es natürlich auch ein Leben jenseits der Hühner. Diese Beobachtungen zeichnet er 30 Jahre lang für die Zeitschrift „Brigitte“ unter der Überschrift „Paar-Probleme“. Auf diese Zeichnungen habe ich mich als Leserin fast immer am allermeisten gefreut. 2017 führt ihn sein Weg mit seiner zweiten Frau nach Schäftlarn in Bayern. Er wohnt in einem ehemaligen Wirtshaus.

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Sein Lebenswerk mit nun 71 Jahren? 100 Bücher herausgegeben, 20 000 Zeichnungen gefertigt, eine millionenfache Auflage seiner Postkarten. Sein Erfolgsrezept? Mit der Zeit mitgehen und mit den Figuren altern. Wenn man immer auf seine nächste Umgebung reagiert, dann hat man genug Stoff.

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Ich finde, man sieht, dass ihm das hervorragend gelingt – mit und ohne Hühner.

Gaymann. Von Hühnern und Menschen
Bis 24.10.2021
Buchheim Museum, Bernried
https://www.gaymann.de/

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