Aufregende Spiele

Ich sag’s mal provokant: Was war denn München vor 1972? War das schon die „Weltstadt mit Herz“? Die Olympischen Spiele haben unsere Stadt eigentlich erst zur Weltstadt gemacht. Ein U-Bahnnetz wurde angelegt und der Olympiapark mit seiner prägnanten Silhouette, dem Stadion und dem Turm. Im ganz neu erbauten Olympischen Dorf wohnten zuerst die Sportler, dann konnten ganz normale Leute einziehen. Anfangs war niemand so recht begeistert, später wurde die Architektur ikonisch, und heute mag keiner mehr ausziehen.

Es ist immer noch ein Dorf mit vielen langjährigen Bewohner*innen, die es genießen, dort zu leben. Autos fahren nicht an der Oberfläche, sondern in einer eigenen unterirdischen Ebene, es gibt also oben keinen Verkehr. Geschäfte des täglichen Bedarfs, aber auch ein wenig Gastronomie runden das Angebot ab. Anlässlich des 50jährigen Jubiläums der Olympischen Spiele wollte auch das Olympische Dorf feiern. Immerhin wohnen über 6000 Menschen seit 50 Jahren hier! Die ungewöhnliche Architektur sollte gezeigt werden, die Vielfältigkeit und Verspieltheit des Areals, wie auch die Vielfalt der Bewohner*innen. Da nicht so viele Ausstellungsmöglichkeiten bestehen, konnten die Läden gewonnen werden, bei dem Projekt „Fotoband“ mitzumachen.

Wirklich jedes Geschäft der Ladenzeile hat in seinen Schaufenstern Bilder ausgestellt. Thema ist immer die Interpretation des Olydorfes unter verschiedenen Gesichtspunkten. Ist die Utopie von damals gelungen? Was macht das Leben hier so einzigartig? Die Bilder beschäftigen sich mit der Architektur und den Menschen, gewähren aber auch Aus- und Einblicke ins Dorf. Ganz wesentliche Bestandteile sind natürlich auch historische Erinnerungen an die Bauzeit damals und die Zeit der Olympischen Spiele.

Auf diese Art und Weise können ca. 300 Arbeiten von Fotograf*innen und Künstler*innen angesehen werden. Das durchlaufende Fotoband mit einer Höhe von ca. 30 cm ist auf der Innenseite der Läden in Augenhöhe im Fenster angebracht. Durch die formale Gestaltungsvorgabe sollen Wiedererkennung und Aufmerksamkeit erhöht werden. Die Ladenstraße als Galerie.

Meine allererste Wohnung in München befand sich im Olympiazentrum, Helene-Meyer-Ring 7 , im 11. Stock. Es waren 16 qm inklusive Balkon mit Blick auf die BMW-Produktion. Die Vorhänge im Zimmer waren grün, und das Telefon auf dem Gang im Studentenwohnheim war orange. Relikte aus den 1970er Jahren, Olympia-Schick! Ich komme immer noch gerne hierher.

Mein Tipp für einen entspannten Mini-Ausflug: Das Olydorf, die Hochhäuser, wie auch die kleinen bemalten Bungalows, das Fotoband und anschließend im Olympiapark spazieren und am Fuß des Olympiaturms einen Kaffee oder Spritz trinken.

Das Olympische Dorf – Fotoband in den Schaufenstern der Ladenstraße
Wo:
Ladenstraße des Olympiadorfs
Helene-Mayer-Ring
80809 München

Noch bis 9. Juli 2022

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