Im Hamsterrad des Grauens

 Federgrab
Es beginnt alles mit einer Rückschau, einem Erlebnis in den 70er Jahren. Ein junges Paar trifft eine schlimme Entscheidung, ein Priester unterstützt dies, Kinder müssen jahrelang leiden.
In der Gegenwart: Ein grauenvoller Fund bei Oslo. Im Wald wird ein junges Mädchen aufgefunden, tot, nackt auf Federn auf einem Pentagramm aus brennenden Kerzen liegend, eine weiße Blume im Mund. Neben seltsamen Verletzungen gibt es etwas noch Kurioseres: In seinem Magen befindet sich ausschließlich Tierfutter. Es hatte sich seit Langem nur von Pellets ernährt, und es war schrecklich abgemagert.

Kommissar Holger Munch, der sich eigentlich viel mehr um sein Privatleben kümmern sollte, muss sich des Falles annehmen, zusammen mit den Besten aus seinem Team. Jeder hat privat vieles am Hals, doch alle stürzen sich in die Tätersuche. Es gibt viele Hinweise und Spuren, eine führt auf einen Hof, in dem elternlose Kinder untergebracht sind. Jeder arbeitet auf seine eigene Art und Weise, besonders die psychisch labile, aber nicht minder exzellente Mia Krüger geht wieder intuitiv vor. Einige Spuren werden schon verfolgt, doch dann wendet sich ein Hacker an den Kollegen Gabriel, der noch gar nicht so lange dabei ist. Er hat ein höchst aufwühlendes Video im Netz gefunden: Das 17jährige Mädchen wurde in einem Erdloch gefangen gehalten, sie musste für Wasser und Nahrung in einem großen Rad laufen, wie in einem überdimensionierten Hamsterrad, und im Hintergrund sieht man ganz unscharf so etwas wie einen Mann im Federkleid. Von da an überschlagen sich die Ereignisse, die Zeit läuft, es gibt viele Verdächtige, und letztendlich war es wieder einmal gut, auf Mia gehört zu haben.

Diesen zweiten Band der Geschichte um das Kommissariat von Holger Munch kann man sicher unabhängig lesen. Mehr Spaß macht es aber,  die erste Geschichte   auch zu kennen. Es wird viel Wert auf die einzelnen Charaktere gelegt, sehr viel auf Holgers – zerrüttete – Familie, und zwischendurch zweifelte ich, warum? Aber alles wird klar. Die Geschichte ist spannend bis zur allerletzten Seite, und ich habe mich allen Ernstes gefragt, wie eine spezielle Person danach überhaupt noch weiterleben kann – so als sei sie real. Für mich ist es zwingend, auch das nächste Buch zu lesen. Die einzelnen Personen sind mir ans Herz gewachsen, und keiner kann schließlich Krimi so ausgebufft wie ein Skandinavier.

Von dem her, ausgezeichnet, dass Samuel Bjørk (Pseudonym für den norwegischen Singer-Songwriter Frode Sander Øien, 1969 geboren) nicht nur sechs Musikalben veröffentlichte, sondern auch Bühnenstücke und zwei Romane schrieb. Er lebt und arbeitet in Oslo.

Samuel Bjørk: Federgrab
Goldmann Verlag, 17. Oktober 2016
480 Seiten
Broschiert 12,99 Euro
Kindle Edition 9,99 Euro

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