Die mit dem Bullshit-Lügendetektor

c)themoviedb.org

Charlie Cale hat eine Gabe, die Fluch oder Segen sein kann. Und zwar erkennt sie glasklar, wenn jemand lügt. „Bullshit“ entfährt es ihr dann, fast wie durch Zwang. Dieses Wahrheits-Gen kombiniert mit einem Poker Face hat sie einmal fast reich gemacht. Sie hat immer und immer wieder in einem Casino gewonnen. Das hat man ihr natürlich nicht durchgehen lassen, und so landete sie in einem schäbigen Wohnwagen und arbeitet nun als Cocktailkellnerin in einem schäbigen Casino am Rande von Las Vegas. Der Besitzer dieses Casinos, der ihren Hintergrund kennt, braucht sie und will sie nebenbei reich machen (ja, ganz bestimmt … ). Aber leider kommt sie ihm auf die Schliche, dass er eine Kollegin umgebracht hat.

Ab da ist sie auf der Flucht vor Cliff, dem Sicherheitschef des Casinos. In einem alten verbeulten Wagen, dem von Columbo seinerzeit nicht unähnlich, lebt und fährt sie herum, ohne Papiere, ohne Geld, auf Gelegenheitsjobs angewiesen, in unspektakulären Gegenden, wo sie erhofftermaßen niemand erkennt. Und hier beginnt das Roadmovie. Die neun Teile nach dem Piloten führen Charlie von einer Ecke zur anderen, und jedes Mal passiert mindestens ein Mord. Danach taucht dann Charlie auf. Wir Zuschauer*innen sind ihr natürlich voraus, haben schon gesehen, was passiert ist, sie muss es in bester Columbo-Manier erst herausfinden.
Die Fälle sind einfach großartig! Ein Truck-Stop, eine Kartrennbahn, ein Dinner-Theater, ein Rock-Konzert, alles kann ein Tatort sein. Unheimlich toll die Schauspielriege: Ellen Barkin als alternde Schauspielerin, die dem Glanz vergangener Zeit hinterhertrauert, Chloë Sevigny als deprimierte Rocksängerin, die immer nur auf ein Lied reduziert wird, Nick Nolte als Filmemacher mit einer schweren Bürde. Charlie ist schlau, ein wenig crazy, sehr empathisch und natürlich sehr ehrlich. So, wie sie ist, findet sie bei ihren Jobs fast überall Menschen, die sie mag. Wie enttäuschend dann, wenn sich herausstellt, dass die jemanden umgebracht haben. Auch enttäuschend, dass sie damit jedes Mal Aufsehen erregt und somit wieder weiterziehen muss.

Der „Knives Out“-Schöpfer Rian Johnson hat hier Krimiklassiker wie „Columbo“ oder „Mord ist ihr Hobby“ nicht persifliert, sondern neu, spannend und witzig weitergesponnen. Natasha Lyonne als Charlie Cale spielt hier eine ähnlich durchgeknallte Rolle wie in „Russian Doll“, zu Deutsch „Matrjoschka“, der Serie, die von einer Frau handelt, die von Tag zu Tag ihren 36. Geburtstag erlebt, und von Tag zu Tag immer wieder stirbt, um auf einer Toilette wieder zu sich zu kommen. Auch hier in „Poker Face“ kommt sie irgendwie nicht aus, ist sie in einer Schleife gefangen. Im letzten Teil sieht es sehr gut aus für sie, aber seht selbst, was dann passiert. Anschauen!

:popcorn: :popcorn: :popcorn: :popcorn: :popcorn:

Poker Face
Miniserie, Comedy-Drama, Krimi, Road Movie
Drehbuch und Regie: Rian Johnson
Cast: Natasha Lyonne, Benjamin Bratt, Adrian Brody, Ellen Barkin, Chloë Sevigny, Nick Nolte, Simon Helberg u.v.a.
10 Episoden auf Amazon Prime

 

(666)

0 Kommentare

Hinterlasse ein Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert