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 Nürnberg rockt

SCHOCK

Zu Beginn ist es noch recht leer im Hirsch Nürnberg. Auch als die Musiker von SCHOCK die Bühne betreten ist der Applaus noch verhalten. Nur vereinzelt wird der Sänger mit Jubelrufen empfangen. Dieser macht allerdings eine gute Show und füllt die Halle. Mit guten Beats und schnellem Rhythmus heizen die vier Musiker dem Publikum ein, das bald begeistert vor der Bühne steht und freudig die Köpfe schüttelt.
Sänger Michael Schock ist omnipräsent auf der Bühne, tanzt herum, kauert sich zusammen wie Gollum oder springt beachtlich in die Höhe.
Die Texte sind bitterhart und zuckersüß. Es ist für fast jeden etwas dabei, Liebeslieder, Aufrufe zum BDSM oder Tod, Trauer, Verdammnis. Was mich überrascht ist die Mimik des Sängers, der seine Songs lebt. Mit den Texten leidet und lacht er, macht Freudensprünge oder kniet sich auf den Boden. Immer wieder geht er auf Zwischenrufe des Publikums ein und bereitet die Anwesenden auf den Hauptact vor. Gitarrist Lars hat auch noch ein Ass im Ärmel, als er die Saiten seiner Gitarre anstatt zu zupfen mit einem Drumstick schlägt.
Sie würden gerne noch länger spielen, aber die Zeit lässt dies leider nicht zu. Bleibt zu hoffen, dass SCHOCK bald wieder in den Süden kommen.

 Teufel

In blaues Licht getaucht und mit Getrommel füllt sich die Bühne schließlich. Begeistert wird Teufel begrüßt, denn viel zu lange hat Nürnberg auf Tanzwut und das neue Album „Weiße Nächte“ warten müssen. Mit dem Titelsong des Albums beginnt die Show. Lichteffekte und Nebel tauchen den Auftritt immer wieder in geheimnisvolle Stimmungen. Ein ganz besonderes Highlight sind die blauschimmernden Gitarren, während die Sackpfeifenspieler grünlich und Teufel rot angestrahlt werden. Die sieben Musiker haben sichtlich Spaß, ihr neues Werk zu präsentieren und auch alte Stücke werden lautstark mitgesungen. Von der Tanzwut wird jeder im Saal gepackt, es werden Köpfe geschüttelt, Arme nach oben gerissen und das Publikum springt und klatscht bis an die Schmerzgrenze. Eingängige Textpassagen singen die Zuschauer bereitwillig mit, die Rhythmen sind rockig und sorgen für Stimmung. Jagbird, in diesem Jahr neu dazu gestoßen, überzeugt am Keyboard mit guten Einspielungen aus der elektronischen Musiksparte. Ebenso der neue Drummer Shumon, der dem Saal immer wieder den Takt angibt. Auch die Gitarrensoli sind klasse.
Zwischendurch spricht Teufel eifrig das Publikum an, animiert zum Mitmachen, flirtet mit den Fans und gibt nebenbei der Technik Anweisungen. Kleine technische Probleme werden dadurch kaum wahrgenommen und der zwischenzeitlich reparaturbedürftige Mikroständer fällt nur wenigen auf.
Die unverkennbare dunkle Stimme des Sängers schallt bei Balladen liebevoll durch den Saal, um dann wieder gewohnt hart ins Mikro zu rufen.
Auch Ardor und Thrymr haben viel Freude. Mit ihren Sackpfeifen stehen sie mal im Vorder-, mal im Hintergrund und geben den Ton an, oder unterstützen durch Backgroundgesang.
Es ist die altbewährte Mischung aus Mittelaltermusik und elektronischen Klängen, die geboten wird und schließlich greift Teufel selbst zum Dudelsack und beweist sein Können.
Ihre Wurzeln sind immer noch herauszuhören. Corvus Corax haben ihre musikalischen Spuren bis heute hinterlassen. Die leichten Flötentöne schweben geradezu durch den Raum, werden aber immer wieder abgelöst von harten Drums und schnellen Gitarrenklängen. Auch die Choreographie ist durchdacht und stimmt. Teufel bewegt sich auf der Bühne hin und her, die Sackpfeifen tanzen und wechseln ihre Position zu bestimmten Songs, damit gerade dieses mittelalterliche Element nicht nur als nettes Nebenprodukt gesehen wird. Einzig Keyboarder und Drummer bleiben auf ihren Plätzen.
Formvollendet verabschiedet sich die Band mit einer tiefen Verbeugung und schwungvollen Handbewegung von ihrem Publikum, eben wie die Spielleute aus Vorzeiten.
Tanzwut haben in Nürnberg zum ersten Mal auf dieser Tour ihr volles Programm gespielt und sich dabei nicht lumpen lassen. Zweimal kehren sie für Zugaben zurück auf die Bühne und das Publikum hat noch lange nicht genug.

Fazit: Ein gelungener Auftritt, der für leichte Nackenstarre sorgt.

Tanzwut

Alle guten Dinge sind drei

 

 

FragileChild

Nur wenige haben sich in den Hirsch Nürnberg getraut. Vielleicht dreißig Leute stehen verstreut herum und starren auf die Bühne. Dort gibt sich die Lokalband „FragileChild“ gerade die Ehre. „Wir haben unsere Arbeitskleidung vergessen“, sagt der Sänger etwas schüchtern ins Mikro, aber das wäre kaum aufgefallen. Die Songs sind gut, die Gitarre dominiert bei einigen Stücken und zeigt, dass der Gitarrist durchaus was drauf hat. Auch der Sänger gibt alles, wirkt aber verunsichert. Das mag an den technischen Problemen liegen, die „FragileChild“ heute Abend haben. Sänger Dennis gibt sich Mühe, die Stimmung anzuheizen und schafft es wirklich, das Publikum anzusprechen. Teilweise ist etwas viel Elektro in ihrer Musik, was mich stark an „Blutengel“ erinnert. Verwirrend ist die Anzahl der Musiker auf der Bühne, mal sind es drei, dann doch wieder nur der Sänger und Gitarrist Mex. Markus ist wohl sogar für die Bandhomepage noch zu neu, aber omnipräsent auf der Bühne, um Schalter zu bedienen und im Publikum, um Stimmung zu machen. Den Growlgesang bekommen „FragileChild“ sehr gut hin und überspielen damit alle Probleme, die ihre Technik verursacht.

Stoneman

Aus der Schweiz kommend, rocken „Stoneman“ den Hirsch. Mittlerweile haben sich ein paar mehr Leute hierher verirrt. Aus den Lautsprechern ertönt aber zuerst Britney Spears „Oops, I did it again“ und jeder hofft, dass sie es nicht noch einmal tun werden. Die Drums kommen super rüber und die erste Reihe bekommt sie sogar hautnah zu spüren, vibrieren selbst die abgestellten Getränkedosen. Sänger Mikki Chixx hat den Growlgesang im Blut und beweist sein Können. Er ist präsent auf der Bühne und schleudert gerne den Mikroständer herum, so dass man Angst um Bass und Schlagzeug bekommt. Doch die drei Bandkollegen kennen ihn gut genug, um weitestgehend auszuweichen. Sehr gute Riffs bekommt man von Chris Fly zu hören. Die Jungs können was, das steht fest. Ein bisschen erinnert der Gesang an „Eisregen“, jedoch singen „Stoneman“ meist auf Englisch und einen Tick verständlicher. Dann gibt es wieder Passagen, die ebenso von „Rammstein“ sein könnten. Sogar zwei Gogos haben sie mitgebracht – oder vor der Show auf der Straße aufgegabelt, wie Mikki erzählt -, notwendig sind diese jedoch keineswegs. Die ersten Songs klingen ziemlich gleich, doch dann wechselt der Rhythmus und das Publikum kann mitfeiern. Obwohl „Stoneman“ alles geben, fehlt die Stimmung im Hirsch, was wohl an der geringen Besucherzahl liegt. Die Anwesenden jedoch finden das vorletzte Lied „Wer ficken will, muss freundlich sein“ super und singen den einfachen Refrain gerne mit. Rico H, seines Zeichens Drummer der Band, hat anscheinend ein paar Probleme mit seinen Becken, die von einem Techniker korrigiert werden. Bassist Iron Cris hat eine wilde Nacht in der Notaufnahme hinter sich, ihn hatte es bei der gestrigen Aftershowparty in Stuttgart „auf die Fresse gelegt“. Die Schadenfreude der Bandkollegen ist nicht zu übersehen.

Lord of the Lost


v.l.n.r.: Claas Grenayde, Chris „The Lord“ Harms, Sebsta Lindström, Bo Six von Lord of the Lost

Lange genug haben die etwa 70 Anwesenden gewartet, als endlich der Hauptact „Lord of the Lost“ die Bühne betritt. Sänger Chris Harms lässt sich mit viel Nebel und reichlich Geschrei der anwesenden Weiblichkeit begrüßen und legt gleich mit dem gewohnten Begrüßungslied „We are the Lost“ los. Gute Drums von Any Waste, einer hervorragenden Schlagzeugerin, wechseln sich ab mit gekonnten Riffs der Bandkollegen Bo Six und Sebsta Lindström. Keiner steht stur an seinem Platz, sie laufen herum und nehmen die Bühne ein. Chris Harms glänzt mit gutem Gesang, mal schreiend und schrill, mal leiser und in dunkler Stimmlage, außerdem spricht er das Publikum gekonnt an, ist sich für kaum einen Spruch zu schade und verschenkt, wie die anderen Saitenspieler, Plektren am laufenden Band. Sogar die verschwitzten Shirts finden jubelnde Abnehmer – nicht nur weibliche. Nach Songs mit Headbang-Garantie folgen zwei ruhige Stücke, für die der Sänger selbst zur Gitarre greift. Die Ballade bringt er mit viel Gefühl rüber, ohne dabei kitschig zu sein. Mit Applaus honorieren die Anwesenden den Auftritt der Band und lassen sich nicht lange bitten, um rhythmisch mitzuklatschen, „Hey!“ zu schreien oder „Lord of the Lost“ anzufeuern. Wie viel Stimmung so wenig Menschen machen können, wird heute Abend in Nürnberg bewiesen. Da bleibt kein Kopf starr und kein Arm unten. Gitarrensoli werden freudig aufgenommen, Keyboardklänge mischen sich unter harte Drums und schnellen Rhythmus. Das ganze Repertoire wird geboten. Vom alten Album „Fears“ über das Lady Gaga Cover „Bad Romance“ hin zu neuen Stücken der aktuellen Scheibe „Antagony“. Die anderthalb Stunden Spielzeit vergehen viel zu schnell und da 70 Leute die sechs Hamburger partout nicht von der Bühne lassen wollen, kehren Keyboarder Gared Dirge und Bandleader Chris Harms noch einmal zurück. Mit getragener Stimme und nur von Klavierklängen begleitet, wird die einzige und nicht vorhergesehene Zugabe gegeben.
Alles in allem ein gelungener Abend, tolle Auftritte von allen drei Bands – trotz kleiner technischer Mängel.

Lord of the Lost


Setlist Lord of the Lost
Intro
We are the Lost
Do you wanna die without a scar
Undead or alive
Fragmenting Façade
Prison
Antagony
Son of the dawn
Death doesn’t kill you but I do
See you soon
Till death us do part
Prologue
Epiphany
Break your heart
Last words
Dry the Rain
Bad Romance
Sex on Legs

Zugabe
Reprise: Sober

Power of Metal

In diesem Jahr touren Skull Fist, Powerwolf, Grave Digger und Sabaton im Rahmen der Power of Metal-Tour 2011 durch Deutschland, Schweiz und Niederlande. Die Konzerte sind nahezu ausverkauft und die vier Bands füllen zu recht die Hallen.

 Skull Fist

Auch in Würzburg ist der Andrang groß. Zwanzig Minuten zu spät – oder 10 Minuten zu früh, so klar wurde mir das nicht – betreten Skull Fist die Bühne. Die mir bis dato unbekannte Band klingt stark nach dem Metal der 1980er Jahre und hat Anlaufschwierigkeiten. Die Posthalle ist nur etwa zur Hälfte gefüllt und egal, wie sehr sich die vier Musiker auch bemühen, das Publikum zieht nicht richtig mit. Da helfen auch keine Aufrufe zum Headbangen. Auch Showeinlagen ändern nichts daran, so wird auch nicht honoriert, dass der Sänger auf die Schultern seines Bandkollegen springt und weitersingt, oder Bassist und Gitarrist über die Saiten des anderen schrammeln. Nach dreißig Minuten ist der Auftritt auch schon wieder vorbei und die meisten drängen aus der Halle.

Powerwolf-Sänger Atilla Dorn

Mehr Beachtung wird Powerwolf zuteil. Mit ihrem neuen Album „Blood of the Saints“ landeten sie im August diesen Jahres auf Platz 23 der deutschen Albumcharts. Dieser unerwartete Erfolg treibt die fünf Musiker noch mehr an. Mit schwarzweißen Leinwänden, die abgeänderte Kirchenfenster zeigen (die Jungfrau Maria ist ein Wolf u.a.) und einem riesigen Powerwolf-Banner im Hintergrund, rocken sie den Abend. Das Publikum ist begeistert, lässt sich gerne von der guten Stimmung der Band anstecken und singt, wo es geht, mit. Stilecht ölt Sänger Atilla Dorn seine Stimme aus einem Becher; die klassische Gesangsausbildung merkt man deutlich und sie ist es auch, die die Musik zu etwas Besonderem macht. Hinzu kommen die lateinischen und englischen Texte, die nur zu gerne liturgische Elemente (Kyrie eleison, Hallelujah etc.) beinhalten und laut Band spirituell angehaucht sind. Mit Weihrauchschwenker kamen sie und damit verabschieden sie sich auch von der headbangenden Metalgemeinde, die Powerwolf gar nicht gehen lassen will. Die fünf Musiker machen Stimmung für Grave Digger und Sabaton und verleihen ihrer Wertschätzung für die beiden Bands Ausdruck, machen zudem deutlich, wie stolz sie sind, mit den „Großen“ auf Tour zu sein.

 Grave Digger-Sänger Chris Boltendahl

Grave Digger stellt dann einen recht harten musikalischen Bruch dar. Die ersten Lieder laufen schleppend, auch wenn das Publikum den Auftritt des Skeletts mit Dudelsack noch bejubelt. Aber die Band kann auf eine erfolgreiche 30jährige Geschichte zurückblicken und bringt auch das Publikum in Würzburg in Stimmung. Endlich werden die alten Lieder lautstark mitgesungen. Die ältere Generation, die die Band noch „von damals“ kennt, freut sich über die Klassiker, wie „Excalibur“ und die Jüngeren lassen sich von „Heavy Metal Breakdown“ anstecken. Eine Stunde lang grölt Sänger Chris Boltendahl auf der Bühne und macht Show, dann gehen Grave Digger unter lauten „Zugabe!“-Rufen.

Sabaton

Schließlich stürmen Sabaton in die Halle und geben alles. Sie bilden den gelungenen Abschluss und Hauptact des Abend. Die Menge feiert die Band, grölt mit, veranstaltet Sprechgesänge und Crowdsurfing. Es gibt kein Halten mehr und der Erfolgskurs der schwedischen Metalband geht auch an diesem Abend weiter.
Aus Zeitgründen konnten wir uns leider nicht den ganzen Auftritt ansehen. Der Abend war sehr gelungen und eine gute Mischung aus alten und neueren Heavy Metal Bands, die es (immer noch) drauf haben.

Donnerstag, 18.08.11
Es ist heiß, als wir nach Dinkelbühl fahren und ich frage mich, wie wir das stundenlang aushalten sollen. Bereits im Ort selbst strömen Festivalbesucher von Supermarkt zu Supermarkt, kaufen günstigen Met oder palettenweise Bier in Dosen. Einige sehen ziemlich erschöpft aus und scheinen sich mit letzter Kraft in die Apotheke zu schleppen. Andere filmen sich gegenseitig beim Einkauf. Bereits hier sind Outfit und Farbenpracht keine Grenzen gesetzt. Fröhliches Schwarz wechselt sich mit kreischendem Pink ab und Neongrün scheint die neue Mode zu sein. Irgendwo werden Zelte, Pavillons und Campingausrüstung zu „günstigen Festivalpreisen“ angeboten. Nur manche Anwohner drehen sich pikiert nach den alljährlichen Gästen um, genervt ist man eher vom Stau, der sich gebildet hat. Die Beschilderung zum Festivalplatz ist gut und der holprige Feldweg zum VIP-Parkplatz bereitet mir Sorgen. Von weitem schon hören wir “A pale horse named Death“und “The Sorrow“. Es dauert ein bisschen, bis wir endlich alles erledigt haben und das Gelände betreten.
Im Partyzelt brüllt sich gerade Britta Görtz von „Cripper“ die Seele aus dem Leib. Noch ist das Zelt recht leer und die Stimmung weit unter dem Höhepunkt, aber die Frontfrau gibt alles und überzeugt mit gutem, deutschen Thrash Metal.
“Seventh Void“ geben sich auf der Mainstage die Ehre – leider auch vor wenig Publikum. „Ein wenig erinnern die an Overkill“, sagt ein Zuhörer. Vor allem aber erinnern sie an “A pale horse named Death“ und “Type 0 Negative“, denn die Besetzung weist Überschneidungen auf: Drummer Johnny Kelley und Gitarrist Kenney Hickey. Die Hardrocker liefern eine gute Show und machen natürlich ihrem Namen alle Ehre. Von Dantes „Inferno“ inspiriert besingen sie auch auf dem Breeze Dunkelheit, Qual und Verzweiflung.

Seventh Void

Gar nicht so düster aussehend werden “Death before Dishonor“ von einigen unterschätzt. Dies ändert sich aber nach den ersten Songs, die in die wachsende Menge geschleudert werden. Für den Kenner gewohnt hardrockig mit immer wieder durchschimmernden Metalelementen, wird bald die ein oder andere Zeile vor der Pain Stage mitgesungen.
Eher ruhige Töne schlagen dagegen “The Haunted“ an und nehmen ein bisschen die Stimmung, die „Death before Dishonor“ aufgebaut hatten. Hier steht allerdings der Text im Vordergrund, der gut verständlich von Fronter Peter Dolving gesungen wird. Zu den leisen und fast schon sanften Gesangstönen mischen sich aber auch alte Thrash-Metal-Songs wie „The Drowning“. Die etwas mutige Mischung von alten und neuen Stücken ist gut gelungen und „The Haunted“ bleibt eine tolle Liveband.
Um möglichst viel mitzunehmen, wandern wir über das Gelände, vorbei am „Mobilen Piercingstudio“, das gerade Kundschaft hat, an zig Bekleidungsständen, die an diesem Tag vor allem mit Sonnenschutzartikeln Geld machen, einem Tätowierer und einem Stand, an dem man sich wie jedes Jahr das Summerbreezelogo auf Taschen und Armbänder stanzen lassen kann.
Vor der Camelstage ist wenig los, man ist recht skeptisch, was man von einer Band mit Namen “Ranz Böllner and the Heavy Metal Warriors“ zu erwarten hat. Enge Hosen und komische Perücken entdecken wir, dann legt Sänger Ranz Böllner los und überrascht mit 80er Jahre Heavy Metal. Die fünf Musiker spielen immer in den Umbaupausen des Partyzelts und ziehen bald immer mehr wartendes Publikum an. Mit viel Liebe zum musikalischen Detail sind sie eine gute Liveband, die mitreißt.

Der norwegische Würgegriff

“Comeback Kid“ warten mit einer Mischung aus Punk und Hardcore auf. Der Platz vor der Painstage ist voller geworden, die Köpfe werden wild zu den schnellen Rhythmen geschüttelt. In gewissen Kreisen hat die Band bereits Legendenstatus erlangt.
Norwegisch geht es dagegen im Partyzelt zu. Letztes Jahr brachten“Kvelertak“ ihr Debütalbum in die Läden und landeten sofort einen Hit. Obwohl nur auf Norwegisch gesungen wird, ist das Zelt gut gefüllt und das Publikum bangt, tanzt und grölt angemessen zum norwegischen Würgegriff (dt. Übersetzung des Bandnamens). Ihr Stil ist schwer zu beschreiben, irgendwo zwischen Punk, Hardcore und Black Metal bewegen sie sich – hörenswert!
Seit fast 30 Jahren gibt es die Band und man braucht nicht zu erwähnen, dass nach den weitgehend bekannten Kultalben der Platz vor der Mainstage voll ist. „Suicidal Tendencies“ geben wie gewohnt alles, reißen die Massen mit und spielen hauptsächlich alte Songs. Der Drummer Eric Moore II zeigt was er kann und drischt im guten Hardcore-Stil auf sein Schlagzeug ein. Die Interaktion mit dem Publikum ist sehr gut, es wird direkt angesprochen und viel Stimmung gemacht. Zugaben gibt es wegen des engen Zeitplans leider keine.
In eine ganz andere Richtung geht die Coverband “AC/DX“. Schon der Name verrät, was zu erwarten ist. Die Gassenhauer der legendären „AC/DC“-Mannen werden rauf und runter gespielt, da werden vor allem die älteren Semester nostalgisch. „So was gibt’s doch heute gar nicht mehr. Da wird alles verstärkt und unverständlich“, ruft ein Mann seinem Nachbarn zu. „AC/DX“ hingegen sind nicht nur musikalisch gute Cover der Legenden, auch das Outfit erinnert stark an ihre Vorbilder. Mitgesungen wird auch kräftig – von jeder Altersstufe.
Beim Shouten steht Angela Gossow richtigen Kerlen in nichts nach. Anstatt das zierliche, blonde Mauerblümchen zu sein, das man von einigen Titelblättern kennt, zeigt die Frontfrau von “Arch Enemy“eine super Show. Sie reißt gekonnt die Menge mit und die pyrotechnischen Effekte passen sehr gut dazu. Vielfach muss man sich aber einzig auf seine Ohren verlassen, denn „Arch Enemy“ verschwinden mehrfach hinter einer roten Nebelwand. Ein wahres Death Metal Wunder, das die Stimmung richtig anheizt.
Gerade richtig für die nachfolgende Gruppe: “Sonic Syndicate“. Vielen fällt zuerst die hübsche Bassistin auf, erfahre ich im kurzen Gespräch mit einigen Festivalbesuchern. Dabei sollten eher die beiden Shouter auffallen, den zwei davon in einer Band findet man selten. Und gerade das macht die Metalcoreband aus. Abwechselnd oder gemeinsam malträtieren die beiden unsere Ohren. Dem Publikum gefällt das gut und kaum einer denkt in diesen Momenten an die turbulente Zeit, die „Sonic Syndicate“ hinter haben, gab es im vergangenen Jahr einige Unstimmigkeiten mit Gründungsmitglied Richard Sjunnesson, der schließlich die Band verließ. Würdig ersetzt wird er durch Christoffer Andersson, der mindestens genauso gut brüllen kann.

“Der Säufermond legt sich zur Ruh“ – Noch lange nicht 

An diesem Abend jedoch ist das alles nur Vorgeplänkel für den erwarteten Mainact des Tages: “In Extremo“! Erfolgreich touren sie mit ihrem aktuellen Album durch Deutschland und sorgen auf dem Summerbreeze für Ausnahmezustand. Denn, so viel sei vorweg verraten, nur eine pinke Band aus Erlangen hat in diesem Jahr gleichermaßen viel Publikum angezogen. Dicht gedrängt stehen wir in der Menge vor der Main Stage und unter großem Jubel stürmen die sieben Musiker die Bühne. Mit einer guten Mischung aus alten Songs wie „Spielmannsfluch“, der vom Letzten Einhorn nur mit „Es regnet“ angekündigt wird, bevor die Menge den Gesang übernimmt, und neuen Songs des aktuellen Albums „Sterneneisen“ rocken „In Extremo“ fast 80 Minuten lang das Summerbreeze. Inklusive toller Pyroshow, die zu „Ohs“ und „Ahs“ animierte. Es herrscht rege Kommunikation zwischen Band und Publikum, was aufgeschnappt wird, wird kommentiert vom Letzten Einhorn und er fragt auch, was man denn gerne hören möchte. Gegenüber der Bühne schaut sogar der Halbmond fasziniert zu. „Es war ein sowohl musikalisches als auch reales Feuerwerk“, meint ein junger Mann, und es hätte wohl niemand etwas dagegen, wenn „In Extremo“ noch länger spielen würden. Aber der Zeitplan sieht etwas anderes vor und so strömen die Massen Richtung Ausgang, als die Lichter der Mainstage für diese Nacht endgültig ausgehen.
Nur ganz Hartgesottene schleppen sich müde zur Painstage und hören sich “Marduk“ an. Viele sitzen oder liegen auf dem Boden, vom Alkohol oder dem anstrengenden Tag erschöpft schlafen sogar einige bereits. Die Lichtershow ist gigantisch und schnell, ein Aufblitzen von Blau und Weiß, das rasend schnell wieder verschwunden ist. Dazwischen die kratzige Stimme von Morgan Steinmeyer Hakansson, der alles gibt und auch bei seinem zweiten Auftritt in Dinkelsbühl nach 2008 auf heftiges Headbanging wartet. Dies tun allerdings die wenigstens, weil die Musik einfach zu schnell dafür ist. „Und heute spielen sie nur die langsamen Stücke!“, kommentiert ein etwas enttäuschter Fan und geht zum Ausgang. „Marduk“ sind trotzdem ein toller Black Metal – Act.
Zuletzt wollen wir noch ins Partyzelt schauen, bleiben aber davor stehen – wie etwa 1000 weitere Besucher. “Excrementory Grindfuckers“ ziehen wie jedes Mal die Massen an. Da nützt es auch nichts, dass das neue Partyzelt größer ist. Es ist brechend voll, da passt keine Maus mehr dazwischen und auch vor dem Zelt herrscht Gedränge, als die Fun Metaler auf die kleine Bühne kommen. Ob es „Im Wagen vor mir“ oder eine Parodie von „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?“ (hier: Wann spielt ihr endlich wieder Grindcore) ist, die fünf Spaßrocker machen immer Stimmung, ob auf Wacken oder eben zum dritten Mal beim Summerbreeze. Auch dieser Auftritt war gelungen, leider kann ich aber von den „speziellen Aktionen“, die sich die Band für ihre Auftritte einfallen lassen, nichts berichten, es war absolut kein Durchkommen mehr und gesehen hab ich erst recht nichts.

In Extremo

 

Freitag, 19.08.2011
Gegen Morgen sucht ein Unwetter Dinkelsbühl heim. Glücklicherweise werden nur ein paar Zelte umgerissen und Pavillons abgedeckt. Aber es ist nass geworden auf dem Campingplatz und einige nutzen dies, um nicht die Dusche benutzen zu müssen. Die Planen von den Absperrgittern werden entfernt, damit der Wind sie nicht mitreißen kann. Aber das Lüftchen tut gut, ist es doch heute weniger heiß. Der Boden ist dafür prima matschig und an manchen Stellen sind die Pfützen etwas tiefer. Hartgesottene Festivalgänger lassen sich davon jedoch nicht abschrecken: Mit steigendem Alkoholkonsum sinkt die Hemmschwelle und die Klamotten werden dreckiger, die Spielchen schlammiger und nackt baden im Schlamm ist doch Wellness, oder?
Die Stimmung ist also gut und viele haben sich vor der Mainstage versammelt, um die sieben Herren von “Saltatio Mortis“ zu hören – und zu sehen. Sie sind ein Augenschmaus und obwohl zum Leidwesen der weiblichen Fans Frontmann Alea der Bescheidene nun endgültig unter der Haube ist – sie haben es auf Pro7 verfolgt – schmachten die Damen eifrig den Sänger an. Der macht seine gewohnte Show und kann sich am textsicheren Publikum erfreuen. Natürlich werden die alten Gassenhauer vorgetragen, Alea springt mit der Fahne von der Bühne und lässt eine Gasse bilden, durch die er hindurch rennt. Aber „Saltatio Mortis“ lassen es sich nicht nehmen, auch ein Stück ihres am 02.09.11 erscheinenden Albums „Sturm aufs Paradies“ zu präsentieren. „Eulenspiegel“ heißt es und kommt gut an. Nach einem „Pommesgabel“-Feld (liebevolle Bezeichnung für das Abspreizen des Zeige- und kleinen Fingers) fordert der Frontmann nun dazu auf, sich an den Händen zu fassen und die Augen zu schließen. Damit spricht er das Gemeinschaftsgefühl an, das ohnehin in gewissem Maße auf Festivals herrscht. „Wir sind alle eins!“, ruft er ins Mikro und die Menge jubelt ihm zu.
Nach diesem Auftritt werfen wir einen kurzen Blick auf die Camel Stage. Hier stehen gerade “Guns of Moropolis“. Im kleinen Kreis kommt die seltsame Mischung aus Heavy Metal, Rock‘n’Roll und Rockabilly sehr gut an. Es wird fleißig geheadbangt und die Schwaben geben alles.

J.B.O.

Im Partyzelt stehen die Silbergesichter von “Stahlmann“ auf dem Programm und enttäuschen. Die Show bietet außer den schwarzen Anzügen und angemalten Gesichtern nichts, die Stimmung ist auf dem Nullpunkt und das Publikum, das ohnehin nicht zahlreich erschienen ist, verflüchtigt sich schnell. Die Neue-Deutsche-Härte-Band hat auf ihren Platten eindeutig mehr zu bieten und wird auf dem Summer Breeze erstaunlicherweise ihrem Ruf als erstklassige Live-Band nicht gerecht.
Pink schwirrt es den ganzen Tag schon um uns herum. Seien es pinke Anzüge, Bademäntel, Shirts, Haare oder die Papierfähnchen, die ausgeteilt werden. Pink ist an diesem Nachmittag das neue Schwarz. Und endlich kommen die vier Erlanger auf die Bühne. “J.B.O.“werden unter großem Jubel begrüßt, fast jeder Song wird gnadenlos mitgesunden. Es wird getanzt – auch im Matsch -, Fähnchen geschwenkt und der Band zugeprostet. Natürlich wird sich auch auf dem Summer Breeze gefragt, worüber der besungene Bolle sich so köstlich amüsiert hat, aber es wird wohl ewig ein zensiertes Geheimnis bleiben. Glücklicher Zufall: Das neue Album der Franken kommt heute auf den Markt und wird zum Verkaufsschlager des Festivals. Dementsprechend begehrt ist die Autogrammstunde, die bei weitem nicht ausreicht, um alle Wünsche zu erfüllen. Daher wird eine zweite anberaumt. Und weil ihnen selbst klar ist, dass die Coverband nicht ganz Metal ist, haben sie noch einen guten Tipp auf Lager: „Lieber Bier und Metal, weil Wein und House kann tödlich sein!“. Das „Killeralbum“, mit dem „J.B.O.“ im Herbst auf Tour gehen, ist im Übrigen nur halb so brutal wie es klingt: „Killer“ kommt vom fränkischen „killern“ und das wiederum bedeutet „kitzeln“.
Mit Akkordeon und Geige als Unterstützung geht es auf der Pain Stage weiter. “Turisas“, benannt nach einem altertümlichen finnischen Kriegsgott, freuen sich, in Deutschland spielen zu dürfen und begrüßen herzlich ihre Fans. Ihren Stil selbst als Battle Metal bezeichnend, machen die Finnen mächtig Stimmung und liefern eine gute Show, die sehr gut ankommt. Das Publikum ist höchsterfreut über den Auftritt der Band und reckt die, soweit vorhandenen, Methörner der Bühne entgegen.

Kult und Cover

Mit einer Kultband geht es weiter: “Bolt Thrower“ geben sich die Ehre. Zum zweiten Mal sind sie auf dem Summer Breeze, obwohl sie sich auf Festivals sehr rar machen. Aber sie zeigen, was sie drauf haben. Das Headbangig beginnt mit dem ersten Lied und endet mit dem Letzten. Leider gibt es kleinere Soundprobleme, die aber niemanden stören und schnell behoben werden.
“Weissglut“stehen auf der Camel Stage. Alles, was ich bisher von ihnen gehört habe, reißt mich nicht vom Hocker. Auch jetzt bin ich nicht annähernd so begeistert wie viele Besucher, die um die Bühne herumstehen. Klar, textsicher ist man schon und kann die Songs der Vorbilder „Rammstein“ lautstark mitgrölen. Es fehlt jedoch am letzten Schliff. “Weissglut“ gelten als beste und professionellste deutsche Rammstein-Coverband. Mit viel Feuer auf der Bühne und einem Sänger, der Till gerne ähnlicher wäre, kommen sie der Show ihrer Idole nahe. An Gesang und Sound fehlt es meiner Meinung allerdings, ist nicht die ganze Power des Originals zu spüren.
Anders geben sich “Graveyard“ im Partyzelt. Mit ihrem Mix aus gemäßigtem Rock, Blues und Psychedelic kommen sie gut an. Es ist eben etwas anderes und sicherlich nicht das letzte Mal, dass wir sie auf dem Summer Breeze gesehen haben.
Direkt im Anschluss stehen die fünf Münsteraner von “Neaera“ im Partyzelt. Benannt nach einer altgriechischen Hetäre (Prostituierte) werden sie von einer großen Menge erwartet und das Zelt scheint einmal mehr aus allen Nähten zu platzen. Da wird das Headbangen zwar schwierig, aber nicht unmöglich und wenn es doch irgendwo zu eng wird, steigt man einfach auf die Menge und lässt sich tragen. Crowdsurfen macht auch zum Metalcore von „Neaera“ jede Menge Spaß.
Erneut schlagen uns die Nebelmassen entgegen, als wir vor der Pain Stage stehend auf einen guten Moment für Fotos warten. Leider gibt es da kaum Chancen beim Auftritt der Mannen von “Amorphis“ . Neben mir steht ein verliebtes Pärchen, dass sich rasch Richtung Campingplatz begibt, nachdem die Frage nach dem Austausch von Körperflüssigkeiten gestellt wird. Eine junge Frau sieht irritiert hinterher und ihr Begleitung ruft ihr zu: „Die spinnen! Hier will man bangen, diven und feiern!“ – und genau das wird auch getan. Im Mai haben „Amorphis“ ihr zehntes Album („The Beginning of Time“) veröffentlicht und bieten uns astreinen Metal mit herrlichen Riffs und Growlgesang.

HammerFall

Dann kommt der Mainact, auf den ich mich seit Monaten gefreut habe. Zum ersten Mal geben sich “HammerFall“ die Ehre und spielen auf dem Summer Breeze. Die fünf Schweden haben Kultstatus erreicht und so ist es nicht verwunderlich, dass sich viel Publikum eingefunden hat und den Herren huldigt. Es wird ordentlich mitgesungen, denn kaum einer kennt die Hymnen der Band nicht. Ob es Songs des aktuellen Albums „Infected“, das im Mai diesen Jahres erschien, oder vom erfolgreichen „Legacy of Kings“-Album von 1998 sind, „HammerFall“ haben einen sechsten Mann: Das Publikum. Da kommt erneut Gemeinschaftsgefühl auf, als zusammen gesungen und die Fäuste in den Nachthimmel gereckt werden. Beim altbekannten „Heeding the Call“ habe nicht nur ich Gänsehaut und noch weit über das Gelände hinaus kann man zwischendurch den Sprechchor „HammerFall!“ hören. Ein sehr gelungener Auftritt und wir hoffen, dass die Schweden bald wiederkommen werden.
Um aber noch eine beliebte Band mitzubekommen, verlassen wir die Main Stage frühzeitig und gehen zum Partyzelt. Hier stehen “Vicious Rumors“ auf der Bühne. Leider haben die vier Musiker von “Atheist“relativ kurzfristig abgesagt, so dass im Programmheft noch ihr Auftritt angegeben ist. Dies hat bei einigen für Verwirrung gesorgt, bei manch einem Fan sogar für Unmut, hätte er doch gerne „Vicious Rumors“ gesehen und weiß nichts davon. Dementsprechend leer ist das Partyzelt. Aber das hält die fünfköpfige Band, die seit 1979 besteht und seitdem 21 Musiker kommen und gehen sah, nicht davon ab, ihre Show zu machen. Die wiederum kann sich sehen lassen. Sänger Brian Allen gibt alles und ist auf der Bühne omnipräsent. „Ein bisschen ähnlich wie Hammerfall!“, kommentiert ein Festivalbesucher. Ganz so falsch liegt er damit nicht, die Ähnlichkeit der beiden Powermetalbands ist vorhanden, stört aber nicht.
Wir sind zu müde, um noch auf den Auftritt von “Powerwolf“ zu warten, die ihr neues Album „Blood oft the Saints“ präsentieren und – so erfahren wir am nächsten Tag – eine sehr gute Show lieferten. Mit ihrer Mischung aus Powermetal und Klassik, haben sie sogar einen Orgelspieler in ihren Reihen und einen klassisch ausgebildeten Sänger, ist das auch kein Wunder.
Auf dem Feldweg macht mein Auto noch ein sehr ungesundes Geräusch und übertönt sogar die Klänge von „Kataklysm“, die auf der Pain Stage den Abend abschließen.

Vicious Rumors

Samstag, 20.08.11
Es ist wieder brüllend heiß und leider weht heute nicht mal das laue Lüftchen von Freitag. Im heißen, geschlossenen Pressezelt versuche ich der Pressekonferenz von Tarja Turunen anlässlich ihrer Gold-Auszeichnung für ihr Album „My Winter Storm“, das 120.000 Mal in Deutschland über die Ladentheke ging. Doch dazu später mehr. Man sieht dem Pressevölkchen an, dass es reicht. Drei Tage, für manche sogar vier, sind genug. Die Ringe unter den Augen werden immer dunkler, mühsam schleppen sich viele von einem Gig zum anderen, machen ihre Fotos, eine kurze Notiz und flüchten wieder in den spärlichen Schatten zu kühlen Getränken. Betten gibt es ja leider nicht. Dafür eine Wespenplage, der wir nicht Herr werden.
Immerhin bekommen wir noch einen Rest von “Deadlock“ mit. Die veganen Musiker aus Deutschland bieten einen einzigartigen Stil. Melodic Death Metal wird immer durchsetzt mit Elementen aus den Bereichen Trance, Hip Hop oder Techno. Dazu singt mit einer klaren, hellen Stimme Sabine Scherer, auf die Johannes Prem mit derben Growls antwortet. Eine gewöhnungsbedürftige Mischung, die nur wenigen gefällt. Man bemerkt die angesprochene Müdigkeit auch beim Publikum, das es sich eher auf dem Boden bequem gemacht hat, als feiernd vor der Bühne zu stehen.
Nicht viel anders ergeht es “Grand Magus“, die aber immerhin die Anwesenden zum Mitgrölen und Zuprosten animieren können. Es ist guter, alter Rock gepaart mit Heavy Metal Elementen. Kein musikalischer Schnickschnack, dafür sehr schöne Gitarrensoli.
Anders dagegen “Criminal“, die mit aggressiven Riffs im Partyzelt für Stimmung sorgen. Vor wenig Publikum legen sie einen guten Auftritt mit schönem Death Metal hin. Passend dazu erschien einen Tag zuvor ihr neues Album „Akelarre“.

Deadlock

Nur ein paar Meter weiter auf der Camel Stage hören wir für das Summer Breeze eher seltene Klänge. Es schallt mittelalterlich herüber und auf der Bühne sind ebensolche Instrumente zu sehen. Auch das Outfit der sechs Musiker von “Vogelfrey – der Pakt der Geächteten“ist entsprechend. Aber man täte ihnen unrecht, würde man ihren Sound nur als mittelalterlich bezeichnen. Denn zwischen den ruhigen Liedern tönt auch Metal zu uns herüber. So schaffen es die Musiker, eine brillante Mischung aus Mittelalter, Folklore, Rock und Metal zu präsentieren, die bei jedem ihrer vier Auftritte besser ankommt. Am 12.11.10 erschien ihr aktuelles Album „Wiegenfest“. Neue Fans haben sie auf dem Summer Breeze mit Sicherheit dazugewonnen.
Als krasser Gegensatz hierzu steht im Partyzelt die Post-Hardcore-Gruppe “Adept“ auf dem Programm. Die Schweden kommen gut an und growlen ins Mikro, was die Stimmbänder hergeben. Da bleibt kein Kopf oben und sogar ein Vater mit seinem kleinen Sohn auf den Schultern headbangt.
Sehr lange ließen die “Farmer Boys“ auf sich warten. Ihr letzter gemeinsamer Auftritt fand im Dezember 2008 statt. Umso mehr freut sich das Publikum, die fünf Musiker endlich wieder vereint zu sehen und honoriert dies mit zahlreichem Erscheinen. Frontmann Matthias Sayer gibt offen zu, dass er jetzt lieber im Stadion wäre, in dem sich der VfB Stuttgart gegen Bayer 04 Leverkusen abrackert – und leider verliert. Dann eben mehr Power auf der Bühne.
Die schwedische Death Metal Band “Demonical“ rocken zeitgleich das Partyzelt. Auch sie präsentiere ihre neue Platte, „Death infernal“, und bleiben ihrem harten Stil treu. Das Publikum ist begeistert und grölt gerne mit.

Von Königen und Piraten 

Vor der Pain Stage ist es voll geworden. Dichtgedrängt erwartet man die Könige der Spielleute, “Corvus Corax“. Wie es sich gehört, reißen sie die Anwesenden mit, feiern, tanzen und lassen uns mehrfach die müden Arme gen Himmel strecken. Die Stimmung ist ausgelassen und die Kolkraben erklären, obwohl sie auf einem Heavy Metal Festival seien, machten sie kein Heavy Metal, denn ihre Instrumente seien aus Holz: „Wir machen Heavy Wood!“ – und das machen sie sehr gut. Alte wohlbekannte Lieder werden aufgespielt, es wird auf unterschiedliche Weise dazu das Tanzbein geschwungen und geheadbangt. Die Feuerwehr zeigt sich ebenfalls musikalisch und erfrischt die Menge mit kühlem Wasser, dass zum Rhythmus passend in die Menge gespritzt wird. Auch das neue Album „Sverker“, das am 25.11.11 veröffentlich wird, klingt gut, spielen „Corvus Corax“ doch ein Stück daraus. Nur schwer kann man sich trennen, man will die Band nicht von der Bühne, doch leider ist die Zeit begrenzt und so verabschieden sie sich und weisen auf die kommende Tour hin.
Im krassen Gegensatz zu den Spielleuten verwandeln “As I lay dying“die Main Stage zu einem Ort harten Metalcores. Die Band kommt gut an, wie nicht anders zu erwarten. Interessant ist hierbei die Betonung auf das Christsein der Band. „As I lay dying“ beweisen, dass das Glaube und Metal sich nicht gegenseitig ausschließen und betrachten wie immer gekonnt die Welt, die sie besingen, aus christlicher Sicht. Den Leuten gefällt’s und die Stimmung ist gut.
Genauso auch im Partyzelt, wo die Piraten von “Swashbuckle“auftreten. Mit einer guten Show heizen die drei Amerikaner den Anwesenden richtig ein und fordern immer wieder zum Crowdsurfen auf – dem gerne nachgekommen wird. Die „Grabenschlampen“ (die Ordner, die alle Surfer in Empfang nehmen) haben alle Hände voll zu tun, während hinter ihnen das Säbelrasseln weitergeht und Admiral Nobeard genau weiß, was die Fans erwarten.
Eine ähnlich gute Show liefern unter großem Zuschauerandrang“Caliban“. Für viele ist dies bereits der Mainact des Tages und im Publikum fragt man sich, warum die fünf Musiker nicht auf der Main Stage spielen durften. Denn dort gehören sie eindeutig hin. Ihr Metalcore wird erfreut aufgenommen und man hat ihnen die „Coverfield“-EP verziehen, auch wenn sie sogar ein Stück dieses Albums spielen. „Caliban“ werden angefeuert und bejubelt und der Gig scheint viel zu schnell zu Ende zu gehen.
Die Camel Stage präsentiert solange “Volksmetal“, eine oberbayerische Band mit Tuba, Akkordeon und Kniebundhosen. Ihre volksmusikalischen Metallieder (oder umgekehrt) werden liebevoll belächelt, der Platz direkt vor der Bühne ist nur spärlich gefüllt. Nach dem ersten Lied weiß ich dann auch, warum. Die Mischung ist mehr als gewöhnungsbedürftig und kommt erst ab einem gewissen Alkoholpegel gut an. Da hilft es auch nichts, dass man keine Teufelshörnchen, sondern der gestreckte Mittelfinger gezeigt werden soll. Vom angekündigten VIP-Stammtisch auf der Bühne, zünftig mit Weißwurst, Brezn und Bier habe ich nichts gesehen – aber welcher Bayer isst die Weißwürscht auch nach 12 Uhr?
“Obscura“ im Partyzelt sind vor allem eines: Laut. Da helfen auch die Ohrstöpsel wenig. In einer grün-roten Lichtershow springt Sänger und E-Gitarrist Steffen Kummerer über die gesamte Bühne und macht bei seinen Ansagen einen sympathischen Eindruck. Das Shouten hingegen hat zumindest mir nicht gefallen, weil das Mikro einfach viel zu laut war. Dennoch haben die Landshuter mehr Anerkennung verdient, denn sie bieten wirklich gutes Technical Death Metal.
Ob die ca. 33 verflossenen Mitglieder “The Ocean“ wirklich gut getan haben, bezweifle ich. Auch das Publikum ist alles andere als überzeugt von der Berliner bzw. Schweizer Band. Da helfen auch die Bemühungen von Fronter Loic Rossetti nichts, Stimmung zu machen. Eigentlich schade, denn „The Ocean“ sind normalerweise für intensive und gute Liveauftritte bekannt.

Tarja Turunen bei der Pressekonferenz

Ein weiteres Highlight soll der Auftritt von Tarja werden. Die ehemalige Sängerin von „Nightwish“ hat sich in den vergangenen Jahren als Solokünstlerin einen Namen gemacht. Mit ihrer namenlosen Band nahm sie drei Alben auf. Für das erste in Deutschland verkaufte Album „My Winter Storm“ wird Tarja nun mit Gold ausgezeichnet, für 120.000 verkaufte Exemplare. Diese Auszeichnung bekommt sie auf dem Summer Breeze überreicht. Am Mittag erklärt sie in einer Pressekonferenz, in der man sie leider nicht einmal gut verstehen konnte, wenn man direkt vor ihr saß, was sie zu ihren Songs inspiriert. Außerdem stellte sie ihre neue Band vor, die nun sogar einen Namen hat. „Harus“ nennen sich die drei Musiker und Tarja, das ist ein finnischer Begriff für die vier Seile eines Zeltes, die es stabilisieren. Sie hat sich Gedanken gemacht, zeigt der Bandname, und der soll Programm sein. Mit neuer Band, zu der auch „Farmer Boys“ Gitarrist Alex gehört, soll es auf zu neuen, erfolgreichen Projekten gehen. Mittlerweile ist Tarja ein alter Hase im Geschäft und freut sich auf Tourneen in der ganzen Welt. Das sah bei ihrer ersten Solo-Europa-Tour noch anders aus, als sie auf die Frage, wie es denn sei, mit „Shitty!“ (beschissen) antwortete. Dann erzählt die Sopranistin eine Anekdote vom Tauchen mit einer Freundin und der Begegnung mit einem Hai. Die Sängerin liebt Haie und schwamm ohne Angst auf ihn zu, nahm ihre Freundin an die Hand und heilte sie so von ihrer Angst vor den Fischen. Tarja hat gute Laune, lacht viel, wirkt aber dennoch etwas verloren und freut sich auf ihren Auftritt. Dieser findet am Abend auf der Main Stage statt. Dabei bekommt sie also endlich ihre Gold-Auszeichnung und bedankt sich bei den Fans auf Deutsch. Da vor 3 Tagen ihr 34. Geburtstag war, wird verhalten „Happy Birthday“ gesungen. Ganz so gut wie erwartet kommen Tarja und ihre Band nicht an. Der Platz ist alles andere als voll, viele sitzen einfach herum, um sich einen guten Platz für den nachfolgenden Act zu sichern und schauen gelangweilt auf die Bühne oder unterhalten sich. Die Finnin zeigt sich bemüht um das Publikum, kann es jedoch kaum erobern und wirkt ob der mangelnden positiven Resonanz verunsichert. Musikalisch bietet Tarja das, was man von ihr erwartet: Rockige Musik mit einzigartigem lyrischem Sopran. Der Auftritt endet einige Minuten vor dem offiziellen Schluss und es werden Stimmen laut, die dies begrüßen. Der Auftritt sei schlecht gewesen, sie passe nicht auf ein Metal-Festival sagen einige, andere wiederum sind der Meinung, dass sie schrill und krächzend rüberkam. „Wir sind nur aus Solidarität zu “Nightwish“ hingegangen!“, teilt mir ein Pärchen mit. Verdient hätte die großartige Sängerin allerdings mehr.
Die angeblich schlechteste Metalband der Welt gibt sich die Ehre:“Sodom“ werden lautstark und begeistert begrüßt und füllen die Reihen wieder. Man hat auf sie gewartet und headbangt nun kräftig mit. Wie vor 30 Jahren – nicht jeder der Anwesenden konnte damals schon „Sodom“ hören – spielen sie aggressiven und schnellen Thrash-Metal. Das Publikum ist begeistert von den Riffs und vom unverwechselbaren Gesang Tom Angelrippers. Man singt gerne mit, seien es Songs von den alten Alben oder von der Aktuellen Platte „In War and Pieces“. Die Deutschen Metaler werden gefeiert und einige ältere Semester sind extra ihretwegen zum Summer Breeze gekommen. “Sodom“ wissen das zu schätzen und kommentieren: „Viele sind mit uns aufgewachsen. Ich sehe viele graue Haare und einige Glatzen!“. Aber auch Jungvolk, denn „Sodom“ ist Kult und genauso wird der Auftritt auf beschrieben: „War wieder kultig!“
Meine letzte Band ist “Týr“. Die Färöer werden dem selbstgewählten Bandnamen nach einem isländischen Kampf- und Siegesgott in jeder Hinsicht gerecht. Sie füllen das Partyzelt bis zum letzten Mann und lassen sich feiern. Sie spielen auch heute eher langsamen Metal. Ihre eigene Form des Viking Metal eben. Mit auf der Setlist stehen auch Songs aus dem brandneuen Album „The Lay of Thrym“.
Irgendwie froh, das Summer Breeze überstanden zu haben, mit schmerzenden Füßen und Sonnenbrand fahren wir nach Hause. Es hat sich vollends gelohnt und unter den 43 gesehenen Bands war einiges Neues.

Die harten Fakten kommen wie so oft zum Schluss:
– Etwa 33.000 Metal- und Musikfans waren in diesem Jahr in Dinkelsbühl
– 400 Toihäuschen wurden aufgestellt, also durchschnittlich eins für 82,5 Besucher, und ständig von neuen Wagen geleert und gesäubert
– hinzu kamen 180 komfortable Spültoiletten und 140 Duschen
– 2000 Menschen waren für das leibliche Wohl, Organisation und die Sicherheit zuständig
– 20 km Bauzaun, 5 km Stromkabel und 34 km Wasserleitung waren verlegt worden

In diesem Jahr konnte viel Gutes getan werden, unterstützte das Summer Breeze den Aalener Verein „Govinda Entwicklungshilfe e.V.“. „Der Verein engagiert sich seit 1998 für die Bevölkerung Nepals, einer der ärmsten Regionen der Welt. Der ehrenamtlich geführte Verein bietet nahe der Hauptstadt Kathmandu 51 Waisenkindern eine Heimat.“ (Quelle: Programmheft des Veranstalters, S. 1) Der Becherpfand in Höhe von 0,50 Euro konnte bei Nichtrückgabe der Becher gespendet werden. Leider ist noch nicht bekannt, wie hoch die Spende für den Verein ausgefallen ist.

Und last but not least: Der Gewinner des diesjährigen New Blood Awards heißt ”Steve from England”. Die vierköpfige Band aus Hannover macht seit 2008 Musik und bezeichnet ihren Stil selbst als Hardcore. Wer mal reinhören möchte, das Debütalbum „Serenity is just a relic“ gibt es als Gratis-Download auf der Bandhomepage.

Summer Breeze 2011 – We survived! Und sehen uns im nächsten Jahr wieder zum 15jährigen Jubiläum.

Impressionen: Ein kleiner Teil des Campingbereichs

Kleiner Nachtrag.
Für den guten Zweck, nämlich Kinder in Nepal, wurden in Form von Flaschen, Dosen und Bechern 21.000 Euro gespendet.
Der Govinda-Verein sagt danke und kann mit dem Geld viel Gutes tun.

Punk und Rock

Das Warten schien kein Ende zu nehmen und der „Hirsch“ war gähnend leer am vergangenen Donnerstag. Auf der kleinen Bühne war ein Schlagzeug angestrahlt und gegen 20 Uhr, dem eigentlichen Konzertbeginn, saßen sieben Zuhörer auf der Bank im hintersten Eck. Eine halbe Stunde später begannen endlich die Radio Dead Ones aus Berlin viel zu laut ins Mikro zu brüllen. Die Punkband macht Musik mit Leidenschaft und Hingabe. Vier Musiker gaben alles, was sie mit guter Musik und Punk verbinden, eine etwas gezähmte Form, die mit weniger Lautstärke sicherlich hörbar wäre. Die Halle füllte sich nach dem ersten Lied und etwa 60 Gäste verteilten sich in der dafür viel zu großen Halle. So richtig Stimmung wollte aber nicht aufkommen und der Applaus war verhalten. Destruktiv war der Bassist, der seinen Bandkollegen bei dessen Ansagen ignorierte und munter auf seinem Instrument klimperte. Sehr schade, denn irgendwo in den Worten des Sängers waren Bandinfos und die Begrüßung der Nürnberger versteckt – glaube ich.

Für die folgende Umbaupause waren ebenfalls 30 Minuten veranschlagt worden und mittlerweile war die Halle nur noch von fünf, sehr gelangweilten und genervten Zuhörern besetzt. So interessierte es die im Freien stehenden Musikliebhaber auch nicht, als Devil’s Brigade um 21:30 Uhr endlich die Bühne betraten und mit ein paar Akkorden zur Rückkehr in die Halle animieren wollten. Matt Freeman, Bassist von Rancid und Sänger von Devil’s Brigade, verließ kurzerhand die Bühne und holte eigenhändig sein Publikum in die Halle. Die drei Musiker aus den USA spielten schnelle, rockige Stücke und gemäßigte Balladen. Zwar konnte man nur selten den gesungenen Text verstehen, aber in Anbetracht des schönen, alten Hardrocks, war dies nicht schlimm. Devil’s Brigade spielen ohne modernen Schnickschnack, ohne aus der Reihe zu tanzen und etwas Einzigartiges bieten zu wollen: Genau das macht ihre Musik hörenswert. Guter, alter, ehrlicher Hardrock, teilweise meint man, Countryelemente heraushören zu können. Die rauchige Stimme erzählt von regelmäßigem Zigarettenkonsum und wirkt sympathisch und passend. Den Spaß an der Musik merkt man vor allem Matt Freeman an, der omnipräsent auf der Bühne scheint, obwohl er stets an der gleichen Stelle steht. Leider dauerte das Konzert nicht mal eine ganze Stunde und die rund 80 Zuhörer boten einen traurigen Anblick. Devil’s Brigade ist wohl eher ein Geheimtipp, der mehr Aufmerksamkeit verdient.

 

Konzert der Naturfreunde

Jede Erwartung, die ich an ein OMNIA Konzert haben konnte, wurde weit übertroffen. Mit spielerischen Tönen auf helleren und dunkleren Flöten begann der fast zweistündige Act. Anfangs schienen die ca. 200 Zuhörer noch etwas zurückhaltend, aber schon beim zweiten Stück tobte der Saal, als die erwarteten Didgeridoo-Klänge nicht vom gleichnamigen Instrument stammten, sondern von einem Bandmitglied mündlich täuschend echt nachgeahmt wurden.
Zwischendurch erklärte Bandleader Steve Sic amüsiert, dass OMNIA auf dem Weg von Holland nach und durch Deutschland mehrfach von der Polizei angehalten und kontrolliert worden waren. Später wurde dem „German Zollamt“ noch ein Lied gewidmet und klargestellt, dass nicht alles, was aus Holland kommt mit Drogen zu tun hat.
Steve Sic sprach gekonnt das Publikum an und erkannte, dass nicht nur er wegen seiner Frisur oder der Kleidung schief angeschaut wird. Mit einem diabolischen Lachen, das mehrfach wiederholt wurde, stimmte er das nächste Lied an.
Abwechselnd spielten die sechs Musiker mit Flöten, Gitarren, an Keyboard, Harfe und Schlagzeug rockige und langsame Songs, zum Nachdenken, Mitsingen und Tanzen. Letzteres wurde vor allem in der letzten Reihe gemacht – mit zweifelhaftem Erfolg. Hin und wieder wurden auch instrumentale Stücke geboten, die das Können und die Vielseitigkeit von OMNIA betonten.

„Can you bauchtanzen?“ 

An den Stücken aus dem neuen Album, das im September erscheinen wird, fanden die Fans großen Gefallen. Steve Sic philosophierte, dass die meisten Menschen wie Affen lebten und ein ziemlich langweiliges Dasein fristeten. Seiner Ansicht nach machten diese „Monkeys“ etwas falsch. Es waren wohl diese Überlegungen, die ihn zu dem folgenden Lied „Don’t speak human“ inspiriert haben. Schließlich forderte er die anwesenden Damen zum Bauchtanzen auf – auf der Bühne versuchte sich eine der beiden weiblichen Bandmitglieder darin und wedelte mit Fächern.
Das irrwitzige Gedicht „Jabberwocky“ aus Carolls „Alice hinter den Spiegeln“ wurde geradezu inszeniert und fand seinen Höhepunkt im wilden Schwertschwingen von Steve. Danach wurde uns unser aller imaginärer Freund vorgestellt, Noodle. Dabei handelt es sich um einen rosa Pudel und ein gleichnamiges neues Lied der Band.
Faszinierend waren die Soli: Nach einem langen Gitarrensolo erfreute sich das Publikum an dem besten Schlagzeugsolo, das ich bisher gehört und erlebt habe. Der Saal vibrierte förmlich und das Publikum tanzte, bangte oder wippte im schnellen Rhythmus mit, und quittierte dieses Solo mit fulminantem Applaus. Zuletzt wurde noch ein Didgeridoosolo gespielt, das die Vielseitigkeit dieses Instruments aufzeigte.

Unsere Verantwortung für die Natur 

Mit dem Lied „Free“ vom neuen Album trauerten alle den flauschigen Spielzeugen unschuldiger Kindertage nach, die einer harten Realität und Arbeitswelt weichen mussten. Damit war das Konzert zu Ende, aber lautstark wurde eine Zugabe gefordert, die OMNIA gerne gaben. Mit einer übergroßen Cornwall-Flagge (weißes Kreuz auf schwarzem Grund) und einem Kniefall besang Steve Sic seine Heimat in einem getragenen und sehr gefühlvollen Stück.
Vor dem wirklich allerletzten Lied rief er dazu auf, dass jeder verantwortlich für die Bewahrung der Natur sei, und diese viel zu sehr und viel schneller als wir dächten zerstört würde. Jeder von uns könne, ja müsse sogar etwas dagegen tun.
Alles in allem ein sehr gelungenes Konzert mit einer guten Mischung aus ruhigen Klängen und fetzigem Pagan Folk. OMNIA rocken Nürnberg, begeistern das Publikum und vergessen dabei nicht, ihren Lebensstil und ihre Naturverbundenheit weiterzugeben.