„Mami, Mami, warum ist Uroma nackt?“


Mischa ist Poetry Slammer und Wortartist, der gerne mal bissig und mit einer guten Portion Zynik seinen Mitmenschen auf die Fingerverollet schaut. In 33 essayartigen Episoden hat er seine Ansichten versammelt und geht dabei teilweise sehr hart mit den Leuten ins Gericht. Dabei beschäftigt er sich auch mal mit Beziehungen. Warum ist er denn nicht romantisch, der Mischa, warum vergisst er denn ausgerechnet den Jahrestag und wie entschuldigt man sich dann am besten? Mit Blumen, der Eroberung der Welt, einem atomaren Feuerwerk, dem man von anderen Planeten aus zusieht und mit Milliarden von Rosen, unter denen man die Liebste begräbt. Doof nur, dass die Liebste eine Rosenallergie hat: „Schatz, wenn ich romantisch wäre, wärst Du jetzt tot.“ – Dafür wird die Entschuldigung erheblich besser, denn wenn die Liebste tatsächlich sauer wäre und lange diskutieren und schmollen und überhaupt – „Schatz. Wenn Du sauer wärst, hätten wir jetzt Sex.“

Zusammen mit seinem besten Freund Blanko, der sich gerade in bildender Kunst versucht und Serviettentechnik wie Hochleistungssport betreibt, zieht Mischa durch die Welt. Er spricht über erotische Literatur, die ein Porno mit störender Handlung ist, worauf Frauen aber stehen, und setzt sich mit der modernen Technik auseinander, die einem via App erlaubt, ein Taxi zu rufen und sofort sämtliche Daten über den Fahrer preisgibt. Während Mischa also auf das Taxi wartet, bewertet er in einem sinnlosen Überschwang an Gefühlen diese Fahrt bereits mit drei von fünf möglichen Sternen – ob er die Fahrt überleben wird, weil er nicht die höchste Punktzahl vergeben hat?
Sehr speziell ist auch das erste Weihnachtsfest bei den Eltern der Freundin, das in einem Desaster endet. Es bleibt offen, ob seine Liebste nach all dem noch Ja zum Heiratsantrag sagt.Vérollet versteht den Umgang mit Sprache und Sarkasmus perfekt. Dabei achtet er auf Alltäglichkeiten und kleine Feinheiten. Warum nicht ein Speeddating crashen, denn mal ehrlich: Wer lässt sich schon von einer Glocke sagen, wann seine Redezeit vorbei ist? Der Autor entführt einen in einen Zoo voller Menschen, die das tun, was wir immer von Tieren erwarten: Sie machen Kunststücke und benehmen sich absolut lächerlich in ihrem Handeln, das stellenweise so absurd ist – und gleichzeitig sehr vertraut -, dass es nicht schwerfällt, sich in manche Situationen einzudenken.
Die Texte triefen vor Abfälligkeit und nicht selten muss man laut loslachen, wenn Vérollet einmal mehr das Verhalten dieser durch und durch seltsamen und unlogischen Spezies Menschen beschreibt. Das Buch liest sich schnell, würde sich bestimmt auch als Hörbuch perfekt eignen, trocken und ohne Humor vorgetragen – dafür bitterböse mit leichtem Hass in der Stimme.
Als kleines „Schmankerl“ enthält es sogar den kostenlosen Code, um das eBook herunterzuladen.

Mischa-Sarim Vérollet wurde auf Gibraltar geboren, wuchs in der Stadt, die es gar nicht gibt, auf (Bielefeld) und lebt mittlerweile mit Frau, Katze und Hund in Wien. Er ist einer der bekanntesten Poetry Slammer der Bundesrepublik und hat bereits mehrere Bücher veröffentlicht, unter anderem Das Leben ist keine Waldorfschule.

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Mischa-Sarim Vérollet – Irgendwas mit Menschen
Carlsen Verlag, 2013
221 Seiten, Klappbroschur
12,90 € (inkl. eBook)
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Carlsen

Quellenangaben der Zitate: S. 54; 82.

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