Terz-Nervosa_c_Maria-Jociute_2021_291_1x1Terz Nervosa ist das Solo-Projekt der in Wien lebenden Musikerin Tina Bauer, das sie 2017 gegründet hat. Nach dem ersten Split-Tape mit The Damski hat die Künstlerin Anfang 2021 mit „Dreams, always“ eine weitere EP veröffentlicht, die eine magische Anziehungskraft entwickelt – mit zwei wundervollen Tracks aus faszinierenden Klangcollagen, verwinkelt, abstrakt und mit ergreifender Melancholie. Terz Nervosa beschreibt den Klang ihrer Musik wie „einen Spaziergang durch eine nebelverhangene Szenerie, bei dem man allerhand kuriose, beängstigende, aber auch hoffnungsvolle Begegnungen macht“.

Wer verbirgt sich hinter Terz Nervosa? Wie ist dein Projekt entstanden?
Terz Nervosa entstand 2017, nachdem ich im Jahr davor mein Bühnendebut mit meiner damaligen (ersten) Band LEVIE hatte und mich interessiert hat, was rauskommt, wenn ich on stage auf mich allein gestellt bin. Es war vor allem am Anfang mehr ein Alter Ego, mit Perücke, viel Nebel, viel Nervosität, viel Weirdness.

Wie bist du auf deinen Bandnamen gekommen, was bedeutet er für dich?
Ich wollte einen Namen, der zu meinem Alter Ego passt und vielleicht noch nicht so viele Assoziationen mit sich bringt. Terz blieb bei der Suche nach einem Vornamen hängen, als ich „Nur zur Erinnerung“ von Blixa Bargeld und Teho Teardo hörte, in dem das Wort „Tertiär“ vorkommt. Terz als musikalischer Begriff hat dann auch gut gepasst. Nervosa war eine logische autobiographische Konsequenz. Terz Nervosa war (und ist) eine mutigere Version von mir selbst, die ihre innere Darkness nach außen bringt und Leute gerne auch mal ein bisschen vor den Kopf stößt mit einer gewissen Intensität und Weirdness auf der Bühne.

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Beschreibe deinen Sound mal außerhalb aller Genre-Schubladen. Wie klingt deine Musik?
Wie ein Spaziergang durch eine nebelverhangene Szenerie, bei dem man allerhand kuriose, beängstigende, aber auch hoffnungsvolle Begegnungen macht.

Was sind deine ersten musikalischen Erinnerungen?
Als Kind hatte ich ganz klassisch Blockflöten- und Klavierunterricht. Die starre Struktur daran hat mich schon damals gestört, ich bin eher aufgeblüht, als ich ganze „Konzerte“ für meine Familie zu Weihnachten geplant hab, die hatte dann aber nach zwei Liedern auch wieder genug, haha. Ansonsten bin ich mit MTV und FM4 aufgewachsen.

Was ist Klang für dich?
Allgegenwärtig. Stimmungsgebend. Sinneserweiternd. Wichtig.

Woher kommen dein Interesse und die Faszination für elektronische Musik?
Ich mag sehr gerne, wenn man intuitiv an ein Instrument herangehen und einfach mal drauf herumdrücken kann. Da kommt man im Elektronischen schnell mal von einem Sound zum anderen, ohne zehn neue Effektpedale kaufen zu müssen. Wenn ich mich richtig erinnere, hab ich das erste Mal bei einem offenen Proberaum bewusst mit einem Synthesizer gespielt, auf einem klassischen microKORG von Theresa Adamski (The Damski). Mit genau diesem ist dann auch „Landscapes“ Anfang 2020 entstanden, was sich ein bisschen nach einem Full Circle Moment angefühlt hat.

Welchen Einfluss hat deine Umgebung auf deine Musik? Aus welcher Stimmung heraus ergeben sich für dich die besten Musikstücke?
Meine Musik als Terz Nervosa entsteht allein in meinem Kämmerchen, meistens wenn es bereits dunkel draußen ist. Es ist ein sehr introvertierter Prozess. Ich mag generell gern, wenn Musik aus einer Dringlichkeit heraus entsteht und eine gewisse Sehnsucht mitschwingt, was auch auf viele meiner Tracks zutrifft.

In welcher Beziehung steht und/oder repräsentiert der visuelle Aspekt deine Musik? Was fasziniert dich an der Beziehung zwischen Musik und Design?
Beim Musikmachen geht’s bei mir auch viel um die Bilder im Kopf, die dabei entstehen. Die Räume, die dabei aufgemacht werden. Bild (im Kopf) und Sound beeinflussen sich jedenfalls gegenseitig. Diese Bilder dann zum Beispiel in Videos umzusetzen, macht mir sehr viel Spaß, auch wenn ich da teilweise an meine technischen, zeitlichen und budgetären Grenzen stoße. Das fantastische Cover von „Dreams, Always“ hat die befreundete Fotografin Marija Jociūtė geschossen.

Wenn du einen Film auswählen und deine Musik als Soundtrack einfügen könntest – welcher Film wäre das?
Vielleicht in einen, den es noch nicht gibt, oder den ich noch nicht kenne. Zum Beispiel eine Mischung aus After Blue (Bertrand Mandico) und Housu (Nobuhiko Obayashi), aber mit weniger male gaze.

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Letztes Jahr hast du deine Doppel-Single „Dreams, Always“ veröffentlicht. Wie entstehen deine Songs?
Aus einer Stimmung heraus. Ich will selten auf etwas Bestimmtes hinaus, sondern setz mich immer wieder mal an den Computer und schau was dabei rauskommt. Oft hör ich die ersten Anfänge eines Songs dann erst Monate später wieder an und mach dann damit weiter – oder auch nicht. Dann sehe ich auch Verbindungen zwischen einzelnen Tracks, so wie bei „Centre“ und „Landscapes“, die für mich zusammengehörten und die ich dann auf dem Wiener Label Tender Matter veröffentlicht habe.

Die Einflüsse, die du in deiner Musik verarbeitest, würden wir die auch in deiner Plattensammlung oder auf deiner Playlist wiederfinden? Welche Musik hörst du gerade besonders gerne?
Teils, teils. Mein Herz schlägt stark für die 80s und Sounds, die davon geprägt sind, aber 2020 hab ich mich zum Beispiel auch wieder mit weniger nischigem aktuellen und älteren Pop versöhnt. Ich besitze nicht viele Platten, aber ein paar davon liegen mir schon am Herzen, etwa die von Astaron (s/t), Nermin Niazi und Feisal Mosleh (Disco Se Aagay), Priscilla Ermel (Origens da Luz) und lokalen Größen wie Lady Lynch (s/t), Crystal Soda Cream (Work & Velocity), Gran (no love) sowie Tapes von Voiler (anhedonia) und vielen tollen Leuten mehr. In den Playlists geht’s dann weiter mit Tony Renaissance, FKA Twigs, Jenny Hval, Aldous Harding, Lil Nas X, Anohni, Linda Smith, Lena Platonos, Eartheater, SRSQ, King Princess, French Vanilla, …

Was bedeutet es für dich, Musik zu machen? Gibt es noch andere Projekte, in die du so viel Kreativität und Leidenschaft steckst?
Es ist für mich, glaube ich, eine Mischung aus Self-Empowerment, Experimentieren, Introspektion, Kollaboration und noch mehr. Ich genieße sowohl allein Musik zu machen als auch mit befreundeten Musiker*innen. Puke Puddle ist zum Beispiel ein absolutes Herzensprojekt, das ich gemeinsam mit Ana Threat (Voiler, The Boiler) seit 2017 machen darf. Ende 2021 haben wir unser zweites Tape BINGE (hier) veröffentlicht. Es gibt auch immer wieder mal Kollaborationen mit Goth-House-Artist Sundl (hier), dessen Tracks ich manchmal meine Stimme leihen darf – so auch auf seinem nächsten Album, das 2023 auf Cut Surface erscheint.

Was sind deine Pläne? Was wünscht du dir für die Zukunft?
Konkrete Pläne gibt es momentan nicht, was vielleicht auch der Instabilität der letzten Jahre geschuldet ist. Ich wünsche mir einen nachhaltigen Weg Musik zu machen, ohne sich dafür finanziell oder mental völlig ausbluten zu müssen. Noch mehr solidarische Netzwerke und befreiende Kollaborationen. Keep on dreaming, dreamers!

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