Metal Machine Music reloaded

diekrupps_mmmusicDie Krupps um Mastermind Jürgen Engler sind seit Jahrzehnten nicht aus der schwarzen Szene wegzudenken und waren mit ihrem Sound mehr als einmal Vorreiter und Inspiration für nachfolgende Bands. Schon früh in ihrer Karriere haben sie die Genregrenzen überschritten und hatten z.B. zeitweise mit Lee Altus (Heathen, Exodus) einen waschechten Metal-Gitarristen im Line-up. Vor allem bis zur ersten Hälfte der Neunzigerjahre waren die Krupps mit ihrem Industrial-Metal wegweisend (siehe die Alben II – The final Option und III – Odyssey of the Mind). Nach einigen Jahren Pause wandte man sich dann wieder den elektronischen Anfängen der Bandgeschichte zu, 2013 erschien mit The Machinists of Joy seit langem mal wieder ein Elektro-Album. Ganz die Finger vom Metal kann Jürgen Engler allerdings nicht lassen, denn Ende August steht mit V – Metal Machine Music das vielleicht metallischste Album in der Geschichte der Krupps in den Läden. Verstärkung erhalten die Maschinisten vom früheren Accu§er-Drummer Volker Borchert und Nils Finkelstein an der Gitarre.

Nach dem kurzen instrumentalen Intro „Die Verdammten“ geht es mit „Kaltes Herz“ gleich ans Eingemachte, das Tempo ist hoch, der Refrain eingängig, man fühlt sich an diverse Vertreter der Neuen Deutschen Härte erinnert, auch wenn der Song mit orientalisch anmutenden Details aus dem Einheitsbrei heraussticht. „Battle extreme“ beginnt mit harten Riffs und ist trotz Krupps-typischer Synthie-Arbeit ein echter Metalbrecher. „Fly Martyrs fly“ erinnert ein wenig an die Neunzigerjahre und entwickelt fast die Durchschlagskraft von „Isolation“.
„The Truth“ atmet ebenfalls die Neunziger, steht jedoch nicht nur in der eigenen Bandtradition („To the Hilt“), sondern lässt des Öfteren an die Schweden von Clawfinger denken. Deren Song „The Truth“ stand sicher nicht zufällig Pate für die Wahrheit der Krupps. „Road Rage Warrior“ schafft einen guten Brückenschlag zwischen metallischer und elektronischer Härte und macht ordentlich Dampf. „Vampire strikes back“ nimmt das Tempo dann ein wenig raus und setzt etwas mehr auf Atmosphäre.
„Alive in a Glass Cage“ kann mit einem wirklich schönen Refrain, melancholischen Untertönen und wieder etwas höherem elektronischerem Anteil aufwarten; diesen Song könnte ich mir gut auf den Tanzflächen der schwarzen Clubs vorstellen.
„Branded“ ist wieder unverkennbar Krupps als Industrial-Metal-Band, wohingegen bei „Kaos reigns“ der Titel Programm ist, hier geht es brachial und leicht chaotisch zur Sache. „The red Line“ ist wieder im eindringlichen Midtempobereich angesiedelt.
„Bonded by Blood“ bietet (endlich?) etwas Futter für die Fans der elektronischen Seite der Krupps, auch wenn die Gitarren natürlich präsent bleiben. „Volle Kraft voraus“ beschließt das Album mit harten Metalriffs – der Titel hätte programmatisch und auch musikalisch vielleicht besser an den Anfang gepasst.

Fazit: Mir gefallen eigentlich beide Seiten der Krupps – sowohl die elektronischen Anfänge als auch die Zeit der großen Hits mit „Fatherland“ oder „To the Hilt“. Musik, die ihre Genregrenzen durchbricht, ist mir grundsätzlich immer sympathisch. Doch hier bin ich noch gespalten. Natürlich machen Jürgen Engler und seine Mannen ihre Sache gut, dafür sind sie ja auch lange genug im Geschäft, das hat absolut Hand und Fuß (im Gegensatz zu den für meinen Geschmack extrem unausgegorenen neueren Veröffentlichungen von Combichrist, die die Finger vom Metal lassen sollten). Aber selbst nach mehreren Durchläufen sehe ich hier noch nicht das Potenzial der früheren Metal-Machine-Music-Werke geschweige denn mögliche Hits wie die bereits erwähnten. Immerhin hat sich meine anfängliche Befürchtung, die Krupps könnten jetzt durchschnittliche Neue Deutsche Härte à la Oomph! machen, nicht bewahrheitet – die Krupps sind immer noch sie selbst, zum Teil sehr viel metallischer als selbst zu ihren Industrial-Metal-Zeiten, aber mit unverkennbaren elektronischen Einsprengseln. Ist sicher reine Geschmackssache – schlecht ist das Album nicht, mich kann es nur leider nicht nachhaltig vom Sofa reißen.

Anspieltipp: Alive in a Glass Cage

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch2: :mosch2: , mit Tendenz zu vier

Die Krupps – V – Metal Machine Music
Label: Steamhammer / Oblivion / SPV
ET: 28.08.15
Länge: 48 Minuten
Kaufen: Amazon 17,99 € (Doppel-CD, auf Seite 2 befinden sich Remixe und Demoversionen), 28,99 € Deluxe-Box

Tracklist:
1. Die Verdammten (Prelude)
2. Kaltes Herz
3. Battle extreme
4. Fly Martyrs fly
5. The Truth
6. Road Rage Warrior
7. Vampire strikes back
8. Alive in a Glass Cage
9. Branded
10. Kaos reigns
11. The red Line
12. Bonded by Blood
13. Volle Kraft voraus

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