She is Barbie, and he is just Kenough

c)cinemaeafins.com.br

Alles so schön bunt hier, in Barbieland! Jeder Tag ist der beste! Barbie (Margot Robbie) wacht morgens in ihrem rosaroten Puppenhaus auf und sieht aus wie aus dem Ei gepellt, gute Laune inklusive. Nach einem kleinen Kaffee und einer gebackenen Waffel geht es ans Werk für die stereotype Barbie: grüßen, winken, lächeln! Alle lieben sie. Dann ist da noch Ken (Ryan Gosling), er sieht zwar cool aus, aber er existiert irgendwie nur, wenn Barbie ihn beachtet. Er würde sich am Strand in die Wellen werfen für sie, aber irgendwie geht das gar nicht. Ken ist nur für „Beach“ gemacht, um schön am Strand auszusehen. Eines Tages aber ist etwas seltsam. Barbie hat morbide Gedanken!

Die sie auch äußert! Habt ihr schon einmal über das Sterben nachgedacht, fragt sie die anderen Barbies in der Girls-Night. Diese sind konsterniert, und Barbie spielt das gekonnt runter, aber schon am nächsten Tag ist etwas seltsam: Sie verfehlt den Sprung in ihr Auto, sie verliert ihren Schuh und bemerkt, dass sie ohne ihn gar nicht mehr in dieser High Heel Pose verharren kann, sie hat einen Plattfuß! Was kommt als nächstes? Cellulite? Die Damen in Barbieland empfehlen ihr die verrückte Barbie aufzusuchen, die für seltsame Dinge und Ereignisse zuständig ist. Und diese weiß, dass es einen Riss im Kontinuum zwischen der realen Welt und der Barbie Welt gibt. Barbie muss diesen Riss kitten. Bock hat sie keinen, aber sie tut es. Eigentlich will sie es ganz alleine machen, aber plötzlich ist auf ihrem Rücksitz Ken. Sie starten die Reise, und irgendwann kommen sie in der realen Welt an. Barbie sucht das Mädchen, das für diese negativen Gedanken verantwortlich ist. Am Schulhof sind die Gören nicht gnädig zu ihr. Sie geben ihr zu verstehen, dass mit Barbies spielen uncool ist, sexistisch und klischeehaft, und dass sie das letzte Mal mit fünf Jahren mit Barbies gespielt haben. Die Mädchen halten ihr entgegen, dass sie jungen Frauen ein falsches Körperbild und Bewusstsein vermittle. Barbie kann es kaum glauben, sie dachte, dass sich alle Mädchen und Frauen bei ihr bedanken würden, für all die Arbeit, die die Barbies machen. Sie arbeiten ja schließlich alle hart, sie sind Technikerinnen, Pilotinnen, Ärztinnen, Präsidentinnen. Doch Barbie muss feststellen, dass es in der Menschenwelt anders ist, sie wird nicht von Frauen regiert, und Emanzipation ist oft nur ein schön klingendes Fremdwort. Für Ken hingegen läuft es gut: Er wird in der realen Welt gesehen, die Leute beachten ihn. Barbie hingegen wird nicht nur von jungen Gören nicht geachtet, nein, sie bekommt von Männern anzügliche Blicke, sexistische Bemerkungen und einiges mehr. Zumindest kann sie aufdecken, wer dahinter steckt, dass sie sich in ihrer Welt plötzlich so seltsam fühlt. Sie kommt bis in das oberste Stockwerk des Mattel-Konzerns, doch dort meint man es nicht gut mit ihr. Sie büchst aus und ist wieder unterwegs nach Barbieland. Und das wird auch höchste Zeit, denn Ken ist währenddessen an die Macht gekommen. Dieser hat nämlich in der realen Welt das Patriarchat (und Pferde!) kennengelernt, und dieses implementiert er nun. Die anderen Barbies sind höchst zufrieden, ist es doch einmal etwas ganz anderes! Hirn ausschalten und sich treiben lassen. Ruhig einmal dem Herrn der Schöpfung die Füße massieren und Cocktails servieren! Das kann Barbie aber nicht gelten lassen. Mit der Frau, die diese deprimierte Barbie auf dem Zeichenpapier geschaffen hat, geht sie vehement dagegen an.
„Barbie“-Hersteller Mattel hat den Film selbst in Auftrag gegeben. Was daraus wurde ist aber allein Greta Gerwig zu verdanken. Die Regisseurin hat Witz, Ironie und Kritik verarbeitet, kommt feministisch daher. Es ist wahrlich kein reiner Kinderfilm! Es scheint, als wäre die Arbeit am „Barbie“-Film auch eine kleine Vergangenheitsbewältigung für sie. In ihrer Kindheit durfte sie wegen ihrer Mutter nicht mit Barbies spielen. Diese fand die Plastikpuppe mit High Heels und Wespentaille widerlich. Greta musste mit gebrauchten Barbies von Nachbarskindern spielen. Daher vielleicht auch die Idee von der „Weird Barbie“ mit den abgeschnittenen Haaren und dem Filzstiftgesicht.
Mit ihren früheren Filmen wie „Lady Bird“ (2017) und „Little Women“ (2019) hat Greta Gerwig jeweils Oscarnominierungen bekommen, es würde mich wundern, wenn das mit „Barbie“ anders wäre.    Ich persönlich habe viele Ideen und witzige Kleinigkeiten zutiefst genossen, die Botschaft zu dem Film natürlich auch. Am Anfang war es mir aber ein bisschen zu viel pinke Welt, und dann haben mich die Kens mit ihren Reiterposen und Tänzereien genervt. Und dass Ryan Gosling singen kann (oder auch nicht), hat er schon ausführlich in „La La Land“ bewiesen. Dafür hat er übrigens eine Oscar-Nominierung bekommen. Doch das war ein Musical, „Barbie“ aber nicht. Großen Spaß hat es trotzdem gemacht, und über die letzte Einstellung und wohin Barbie da geht, könnte ich immer noch schmunzeln. Ach, und die erste Szene ist der Hammer.

:popcorn: :popcorn: :popcorn: :popcorn: :popcornsw:

Barbie
Dauer: 114 Minuten
Produktionsland: USA, 2023
Regie: Greta Gerwig
Cast: Margot Robbie, Ryan Gosling, Will Ferrell, Michael Cera, Dua Lipa, Issa Rae u.v.m.
Kinostart: 20. Juli 2023

(695)