Alltägliches aus München

Seit 2008 schreibt Matthias Kiefersauer im Münchner Merkur eine wöchentliche Kolumne über sein Leben als Münchner. Über 600 Texte sind so entstanden, Momentaufnahmen eines Münchners im Spagat. Mal reibt sich der Autor an der Stadt und schimpft über Mietwahnsinn, Verkehrskollaps und die hiesigen Hobby-Berliner. Mal erklärt er, warum München die beste Stadt zwischen Oberpframmern und Zötzelhofen ist. Irgendwie stimmt beides. Der Autor schildert Momente aus seinem Alltag, mit einem geschulten Blick fürs Detail, Spaß am Absurden und großer Selbstironie.
Das Buch München, du mich auch! versammelt knapp 200 Kolumnen aus dem letzten Jahrzehnt. Angeordnet sind sie wie eine Reise durch ein Jahr in der Weltstadt mit Föhn.

Matthias Kiefersauer wuchs in einer Gegend auf, in der der Begriff „Münchner“ als Schimpfwort galt. In den Neunziger Jahren zog er selbst in die größte Siedlung zwischen Oberpframmern und Zötzelhofen. Heute, knapp dreißig Jahre später, will er nicht mehr weg. Genauso wie ich, die in München aufwuchs und heute leider nur mehr zum Arbeiten an die Stätte ihrer Wiege zurückkehrt. Umso mehr hat mich dieses Buch interessiert. Und ich wurde belohnt: Noch nie habe ich eine Stadtkolumne so unterhaltsam empfunden. Die Verwendung von Vergleichen ist einem Journalisten und Drehbuchautor natürlich nicht fremd, da liest man dann schon mal über „analoge Ballerspiele namens Biathlon“ (darüber habe nicht nur ich mich amüsiert), erfährt mehr über die kurzzeitig auftretende Streetart im Gärtnerplatzviertel, man ist beim Schnecken-Checken dabei (köstlich!), erfährt mehr zu den Vögeln im Millionendorf, und die Begebenheit zu Zeiten des Oktoberfests werden natürlich auch nicht ausgelassen. Nicht zu kurz kommt das Ehrenamt von Herrn Kiefersauer: Trainer einer Kinderfußballmannschaft! Das bietet viel unterhaltsamen Lesestoff, drum herum und mittendrin.
Was ich sehr gut finde, ist die Aufteilung der Kapitel nach Monaten, man erlebt Münchner Begebenheiten zu den wechselnden Jahreszeiten auf zumeist einer Seite. Grundsätzlich wäre es für manche Leser*innen (hüstel) besser, ein größeres Schriftbild zu verwenden, aba i versteh scho, des geht si ned naus. Die Erlebnisse von Herrn K. aus M. sind sehr unterhaltsam und enthalten sehr viel Wortwitz. Der Streifzug durch unsere Lieblingsstadt erzählt von alltäglichen Geschichten und Begebenheiten, vom Bäcker um die Ecke und vereinzelt von den Großkopfertn, sprich, der Stadtprominenz. Es werden auch problematischere Themen (Wohnungsmisere, Parkplatznot, Singledasein), gestreift, ohne an Unterhaltsamkeit zu verlieren. Ja, ich weiß, manchmal nervt die Stadt kolossal, aber ohne können wir halt auch nicht …
Ich könnte mir vorstellen München, du mich auch! immer wieder zu verschenken, zum Beispiel zur Unterhaltung eines Kranken, als Lektüre für Freunde im restlichen Deutschland usw. Überhaupt Freunde: Die finden sich in den Kolumnen auch, ein Hoch auf sie und die Erlebnisse mit ihnen in diesem Buch!

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Matthias Kiefersauer: München, du mich auch!
Illustrationen von Michaela Weniger
Hirschkäfer Verlag, 2. Auflage, Vö. 5. September 2021
Taschenbuch, 248 Seiten
12,90 €

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