Der Musik – hochansteckend und verflixt tanzbar

 

sequential-accessHinter dem Duo Sequential Access stecken zwei altbekannte Urgesteine der elektronischen Musik: der Däne Claus Larsen (Leætherstrip/Klutae) und Marco „Defcode“ Biagotti von den kanadischen Decoded Feedback. Die beiden kennen sich bereits seit vielen Jahren durch das frühere gemeinsame Label Zoth Ommog und haben den Kontakt seither gehalten. Irgendwann reifte der Gedanke, über Gastbeiträge auf den Platten des jeweils anderen hinaus etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Der Wunsch: reduzierter Oldschool-EBM-Sound im Geiste von DAF, Front 242 und Nitzer Ebb, hochgradig tanzbar und mitten in die Fresse rein. 2012 wurde mit den Arbeiten an dem Debüt-Album begonnen, Marco ist für die Musik zuständig, Claus für Gesang und Texte. Das schlicht in Schwarz-Weiß gehaltene CD-Cover verspricht schon mal einiges, und die Snippets, die es auf YouTube bisher zu hören gab, klingen sehr ansprechend.

Los geht’s ohne Umschweife mit „Contagious“, einem exzellenten EBM-Stampfer, der sofort in die Beine fährt. Der Gesang ist schön klar und gut verständlich (auf den Text hören – schadet übrigens generell nicht bei dieser CD), der Rhythmus treibend und pumpend. Wo ist die nächste Tanzfläche?
„Du tog min Tid“ haut in dieselbe Kerbe, diesmal auf entzückendem Dänisch, ich bin begeistert und tanze weiter.
Bei „The Walls come tumbling down“ wird das Tempo etwas rausgenommen, düsterer, apokalyptischer Sprechgesang erinnert an Jean-Luc de Meyer zu Cobalt-60-Zeiten. Atmosphärisch, rhythmisch, gut.
„Grow some Balls“ macht wieder ohne Umschweife klar, worum es hier geht: Hose hochkrempeln, Stiefel schnüren und ab auf die Tanzfläche, ebenso wie „Sieg oder tot“, neben „Der Musik“ einer der zwei in deutscher Sprache vorgetragenen Songs, die beide wunderbar die Ästhetik klassischen EBMs transportieren.
Etwas experimenteller und nicht rein für die EBM-Hörerschaft gedacht wird es zwischendurch aber auch. „The Ghost of me“ überzeugt mit treibendem Rhythmus, aber insgesamt etwas düsterer, introvertierterer Atmosphäre. „Black Mirror“ und „Let me abuse you“ sind melodie- und gesangsorientierter. Vor allem „Black Mirror“ gefällt mir von den nicht ganz so tanzflächenorientierten Sachen sehr gut.
Einrosten muss man aber nicht, „Sleepless“ und „Restraint“ lassen noch mal ordentlich die Zehen in den Schuhen zucken, bevor diese wirklich gelungene Debüt-CD mit dem schleppenden, intensiven „We belong dead“ endet.

Fazit: Diese Kollaboration, die nach eigener Aussage auf der Facebook-Seite mittlerweile zur Band gewachsen ist („This is NOT a side project, this is a BAND.“) – inzwischen arbeitet man auch schon an den Songs fürs zweite Album – ist ein Glücksfall für alle EBM-Fans. Ganz 100 % oldschool ist Sex Addicts Anonymus meines Erachtens jetzt nicht geworden, was mir aber sehr gut gefällt. Die Songs sind weitestgehend extrem tanzbar und machen Laune, die langsameren Tracks laden zum intensiven Zuhören ein. Ein wirklich hervorragendes Debüt, das hoffentlich auch mal live präsentiert wird.

Anspieltipps: „Du tog min Tid“, „Der Musik“, „Black Mirror“

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Sequential Access – Sex Addicts Anonymus
Label: Metropolis Records (Soulfood)
Länge: 54:79
Preis: aktuell bei amazon €19,99, bei Poponaut €15,45

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Interview aus dem Jahr 2012
Tracklist:
1. Contagious
2. Du tog min Tid
3. The Walls come tumbling down
4. Where are you
5. Grow some Balls
6. Sieg oder tot
7. The Ghost of me
8. Der Musik
9. Black Mirror
10. Let me abuse you
11. Sleepless
12. Restraint

(1922)