Willkommen im Norden

Sie sind wieder da! Gemeint sind die sechs Folkrocker von Versengold. Vor zwei Jahren gelang ihnen mit ihrem Album Funkenflug der große Durchbruch. In den Startlöchern steht nun passend zum beginnenden Festivalsommer der Nachfolger Nordlicht. Wir haben mal reingehört, um zu sehen, ob die Band an ihre Erfolgsbilanz anknüpfen kann.

cover_1556544423701926Passend zum Albumtitel nennt sich der Opener „Durch den Sturm“, geht sofort in die Vollen und lässt dank der schnellen Violinenklänge das Tanzbein schwingen. Ganz ähnlich im altbewährten Versengold-Style klingt die erste Singleauskopplung „Thekenmädchen“. Der Refrain geht direkt in die Ohren und lässt den Hörer so schnell nicht wieder los. Wie der Albumtitel Nordlicht vermuten lässt, berichtet uns das Sextett aus Bremen und Osnabrück von seiner Heimat, allem voran „De rode Gerd“, ein Torfschiffer, der im 19. Jahrhundert gelebt haben soll. Laut der Sage soll er durch Schmuggel zu Reichtum gekommen und auf einer seiner Schmugglerfahrten ertrunken sein. Mit einem leisen Akkustikgitarrenintro beginnt „Küstenkind“. Das Akkordeon und der schöne Liedtext führen dazu, selbst an die See ziehen zu wollen. „An dem Tag, an dem die Götter sich betranken“ ist ein sehr humorvoller Titel, der auch mit einer Prise Sarkasmus die Entstehung der Welt beschreibt. Schnelle Violinensoli und eine treibende Basedrum dürfen hier auf keinen Fall fehlen. Das Intro von „Winterflut 1717“ erklingt als summender Männerchor und weckt sogleich Beklemmungsgefühle, wenn man sich den Songtext genau anhört. Ich fühle mich sofort wieder ins Jahr 2002 zurückversetzt, als die „.Jahrhundertflut“ Deutschland fest im Griff hatte. Melancholisch, ruhig und ganz reduziert klingt „Erinnere dich (Das Lied das nicht vergisst)“. Gefühlvoll singt Frontmann Malte die Songzeilen, wer hier einfach weiter klickt, der hat für mein Dafürhalten ein Herz aus Stein. Nach all der Trübsinnigkeit wird es wieder Zeit für richtig schnelle Rhythmen mit Ohrwurmcharakter. „Butter bei die Fische“ ist ein waschechtes Trinklied. „Teufelstanz“ beginnt erst langsam, schraubt sich jedoch nach und nach zur schnelleren Gangart in die Höhe. Dass Versengold nicht nur Trinklieder schreiben können, ist spätestens seit dem letzten Album Funkenflug bekannt. Sie beschäftigen sich auch mit dem aktuellen Tagesgeschehen und scheuen sich nicht, lautstark und eindringlich Stellung zu beziehen. Da wäre zum einen „Meer aus Tränen“, wo mit ehrlicher, ein wenig sarkastischer und bedrückender Lyrik die Situation im Mittelmeer angeprangert wird, wo Menschen tagtäglich die Gefahr auf sich nehmen zu ertrinken, nur um ein besseres Leben führen zu können. Mindestens genau so eindrucksvoll und auf alle Fälle nennenswert wäre „Braune Pfeifen“, da es wichtig und richtig ist, nicht aufzuhören, gegen den Rechtsextremismus anzukämpfen. Vergänglichkeit ist das Thema der Ballade „Die Blätter, die im Frühling fallen“, die perfekt ist für schlechte Regentage. Doch wer der Tristesse des Alltags entkommen will, der sollte schnell „Weit, weit weg“ anhören, einer meiner Anspieltipps von Nordlicht. Mit diesem Track kann ich mich absolut identifizieren, da ich hin und wieder raus muss, um dem Alltagsstress, Hektik oder der Stadt zu entfliehen. So schnell sind also 14 Titel vorbei: „Wohin wir auch gehen“ ist leider schon das Schlusslicht des Silberlings. Anfangs ruhig und fast a cappella gesungen von Malte, untermalt mit Chor, ist dieser Song ein schöner Abschluss von Nordlicht.

Versengold haben mal wieder bewiesen, dass sie mit einem facettenreichen Album aufwarten können. Toll komponierte Harmonien, die sich mit der großartigen Lyrik ergänzen, dazu noch klassischer Folk – eine perfekte Mischung.

Anspieltipps: Weit,weit,weg, Meer aus Tränen, Winterflut 1717, Der Tag, an dem die Götter sich betranken

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch:

Versengold: Nordlicht
Sony Music,  Vö. 28.06.2019
17,99 €

Tracklist:
1. Durch den Sturm
2. Thekenmädchen
3. De rode Gerd
4. Küstenkind
5. Der Tag, an dem die Götter sich betranken
6. Winterflut 1717
7. Erinnere dich (Ein Lied, das nicht vergisst)
8. Butter bei die Fische
9. Teufelstanz (+ Laura Fella)
10. Meer aus Tränen
11. Die Blätter, die im Frühling fallen
12. Weit, weit, weg
13. Braune Pfeifen
14. Wohin wir auch gehen

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