Der goldene Faden

Wer beim Spazieren durch Erdings Straßen in der Altstadt ein bisschen aufmerksam ist, auch mal auf den Boden schaut, statt auf Häusergiebel oder in Schaufenster, dem sind sicher die bronzenen Platten aufgefallen, die in mehr oder minder regelmäßigen Abständen im Gehweg eingelassen sind. Was sind das für Platten? Es sind 41 Bronzeplatten, auf denen man in stilisierter Form die historische Altstadt erkennt. Sie stammen von dem Erdinger Künstler Harry S. Die Häuser sind kreisförmig angeordnet, der Stadtturm ragt heraus und ist damit der Wegweiser für einen Rundgang der besonderen Art: für den kulturhistorischen Spaziergang „Der goldene Faden“.

Es gibt ihn seit 2002, und die Idee dazu ist sogar noch einmal zwei Jahre älter. Das Vorbild für den Erdinger Rundweg ist der „Rote Faden“ in Hannover. Hier markieren rote Pflastersteine als Linie zu den Sehenswürdigkeiten den Weg. Doch der damalige Erdinger Bürgermeister fand, eine rote Linie würde das Pflaster verschandeln. Der Stadtplaner hatte eine schöne Idee: bronzene Trittsteine als Wegweiser. Harry S. hat schließlich die Bronzeplatten entworfen. Bürgermeister und Stadtrat waren begeistert. Analog zum „roten Faden“ in Hannover gab es nun einen „goldenen Faden“ in Erding. 41 Sponsoren wurden gefunden, die für je 230 Euro eine Bronzeplatte erstellen und im Boden verlegen ließen. Ungefähr 15 Jahre später wurde die Tour überarbeitet, ein neues Faltblatt gedruckt und der „Der Goldene Faden“ in eine Reihe von Spazier- und Wandertouren eingereiht. Doch im Großen und Ganzen ist die Tour bis auf ein paar kleine Abweichungen so geblieben, wie es sie seit 2002 gibt.

Der Weg beginnt am Bahnhof. Wir gehen über den Zebrastreifen über die Straße und sehen den ersten Wegweiser. Dieser ist eine Stele aus Granit mit der Bronzeplatte drauf und mit einem Richtungspfeil. Ab da muss man sich bis auf eine einzige Ausnahme (nochmal eine Granit-Stele) an den Bronzeplatten im Gehwegpflaster orientieren.

Es geht über die Dorfener Straße an schönen Gründerzeitvillen vorbei in Richtung Landshuter Tor, auch Schöner Turm genannt, durch diesen hindurch in die Innenstadt. Immer der Richtung nach, in die die Spitze des Stadtturms einer Platte zeigt. Die Spaziergänger*innen kommen an historischen Gebäuden, Kunstwerken, vielen schönen Ecken vorbei. Wir überqueren die Landshuter Straße, gehen durch die Gasse „Am Rätschenbach“.

Am Ende dieser langen Kopfsteinpflastergasse geht es links in die Hauptstraße Erdings, in die Lange Zeile.

Ein Geschäft und Restaurant nach dem anderen kommt hier, bunte Häuser und manchmal ein Blick, als hätte man es mit den „Painted Ladies“ in San Francisco zu tun. Der Durchgang, wie im Faltblatt beschrieben, durch das Widmann Palais, war leider zu, aber mit einem kleinen Umweg kommt man zu dem kleinen Pavillon, der den damals im Palais wohnenden Landrichtern als Gartenpavillon diente.

Es geht über eine Holzbrücke, und vor der nächsten Brücke geht es nach links in einen idyllischen Fußweg rein und am Wasser des Fehlbachs entlang. So kommt man ins Bräuhausviertel mit der ehemaligen Stiftungsbrauerei.

Es geht durch eine Passage – mit einer hübschen Bronzeskulptur – über den Schleifersteig zum Kreuzweg. Der Weg am Fehlbach entlang in den Stadtpark und über die Haager Straße führt zurück ins Zentrum, an der spätgotischen Stadtpfarrkirche St. Johannes vorbei. Neben der Kirche steht das ehemalige Sudhaus der Erdinger-Weißbier-Brauerei, und man kann direkt vom Fenster aus in die Kessel sehen. Und dann kommen wir schon zum großen Schrannenplatz vor dem Stadtturm. Hier gibt es einen großen Brunnen, der viele Menschen in der Sonne zum Rasten einlädt.

Das hübsche Frauenkircherl sticht einem ins Auge. Später konnte ich sogar das Glockenspiel hören, und ich meine, ich hörte die Melodie von „Wenn ich ein Vöglein wär“. Schön war es auf jeden Fall! Das Frauenkircherl ist heute keine Kirche mehr, sondern ein Kulturraum für Veranstaltungen, Ausstellungen, Konzerte. Hier, am kleinen Platz zwischen Schrannenplatz und Rathaus, liegt eine ganz besondere Bronzeplatte: die Künstlerin Heike Maria Metz hat ein Modell der Stadt Erding zum Ansehen und Begreifen geschaffen. Durch den Heiliggeisthof könnte man schnell wieder zurück zum Bahnhof kommen.
Doch Erdings Cafés und Kneipchen waren in der Frühlingssonne viel zu verführerisch, um gleich wieder wegzufahren.

Ein wundervoller, kleiner Ausflug!

Der Goldene Faden als Faltblatt

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