„Stahlgeist“ bringen den Club zum Kochen

 

Christina Stürmer tritt im Werk auf! Die Schlange ist lang, die Wartenden sind ungeduldig und die Parkplätze voll. Aber die Vorfreude ist recht groß. Noch größer ist die Freude darüber, dass wir uns nicht anstellen müssen, sondern an den Wartenden vorbei zum Club gehen können. Dort treten an diesem Abend zwei deutsche Formationen auf, die ordentlich reinhauen werden: die Münchner Schöngeist und die Göttinger Band Stahlmann.
Der kleine Club ist proppenvoll, und es scheint keine Maus mehr dazwischenzupassen. Gespannt erwartet man beide Acts, redet wild durcheinander, sucht noch einen Platz, von dem aus man etwas sehen kann. Manche haben kein Glück, manche sind weniger an der Vorband interessiert und gehen daher in die hinterste Reihe.

Endlich geht es los. Mit Power wird in die Saiten gegriffen und auf das Schlagzeug eingedroschen, Fronter Timur Karakus betritt mit einem strengen Lächeln die Bühne, greift nach dem Mikro und lässt seine Stimme durch den Club hallen. Schöngeist werden von Anfang an gut aufgenommen, bejubelt und beklatscht. Einige Anwesende zeigen sich textsicher, manche kennen den Münchner auch noch aus seinen Anfangszeiten und warten auf die bekannten Songs zum Mitrocken. img_1538
Schöngeist geben alles und freuen sich, in der Heimatstadt mit den Freunden von Stahlmann auftreten zu dürfen – eine Kombination, die man im vergangenen Jahr bereits bewundern konnte, damals allerdings in der Stahlmann-Heimat. „Papa Alex“, wie Alexander Wesselsky, Frontmann von Eisbrecher von seinen Schützlingen gerne genannt wird, ist ebenfalls zugegen und begutachtet die Formation. Manchmal lässt er sich zu Zwischenrufen wie „Bravo!“ hinreißen und wird schließlich namentlich erwähnt und von Timur begrüßt. Man hat das Gefühl, eine große Familie sei da zusammengekommen.
Guter Rock vermischt mit Gothic-Klängen und heftigem Gitarrensound schallt von der Bühne. Leider fehlt etwas, das wohl eher lange Weggefährten vermissen dürften, kaum aber die neueren: der orientalische Einschlag, diese vertrauten Töne aus dem fernen Osten, aus Tausendundeiner Nacht. Nur bei ein oder zwei Songs erklingen sie, und obwohl sich Violinistin Henriette redlich Mühe gibt und wie immer eine körperbetonte Show abzieht, findet sie kaum Gehör. Dringen aber doch Fetzen ihres Spiels durch, sind diese nur zu bejubeln, denn die junge Frau kann wirklich etwas.
Fronter Timur versucht angestrengt, die Lyrics auszuleben und in seiner Performance wiederzugeben, aber die alte Leidenschaft und vor allem das Leidende fehlen. Er ist etwas ruhiger und gesetzter geworden, liegt es am Alter oder an Tipps von Freunden? Stellenweise klingt er zu eintönig, zu langweilig, zu wenig differenziert, sodass die Stücke an Individualität verlieren. Hier muss man schon fragen, wo der alte Schöngeist geblieben ist. Dann aber rafft sich die Band wieder auf, neue Power, Gitarrenstärke der beiden Saitenzupfer Daniel und Michael und von Bassist Andreas. Man merkt rasch, dass die Bühne des Clubs zu klein ist, denn da ist ja auch noch Manuel mit seinem Schlagzeug, der für ordentlichen Wumms sorgt. Aber der Platz für eine ausgereifte Performance fehlt eindeutig. Nichtsdestotrotz liefern die sechs eine gute Show ab, die bejubelt wird und dem Publikum einheizt. Ein toller Auftakt, der Lust auf mehr macht. So kündigt Timur auch schließlich die neue Single Zusammen Allein an, die am 1. Juni erscheint, und das neue Album, das Ende August auf den Markt kommen soll. Man darf gespannt sein und die Vorfreude gerne zeigen.
Nach einer knappen halben Stunde räumen Schöngeist die Bühne für den Hauptact.

Mit viel Nebel beginnt der Auftritt von Stahlmann. Lauter Jubel ertönt, das bekannte Intro schallt durch den Club und wandelt sich schließlich in eine Industrial-Härte, die gehörig einschlägt. Die Band präsentiert sich rockig, hart, eine gesunde Mischung aus schnellen Beats und erdrückenden Bässen. Leider dröhnt der Sound zuweilen ein bisschen, aber darüber kann man hinwegsehen. Mart legt los und gewinnt schnell die Herzen der Anwesenden für sich. Es wird mitgesungen, die Arme recken sich gen Decke, und die Köpfe werden geschüttelt. So gut es geht, versucht man zu tanzen und lässt sich einfach mitziehen. Stahlmann geben die alten und bekannten Songs zum Besten: „Willkommen in der Dunkelheit“ – als beliebte Begrüßung -, „Stahlwittchen“ – gewohnt hart und mit großer Freude aufgenommen – oder auch „Spring nicht“ – eine tolle Mitschreinummer vom letzten Album Quecksilberimg_1598
Rasch fällt auf, dass die Formation nicht einfach nur ihr neues Album Adamant präsentiert und die Songs rauf- und runterspielt. Im Gegenteil, sie geben eine gute Mischung aus alten und neuen Liedern zum Besten, sodass man sich nicht fremd fühlt. Die Gruppe weiß genau, was gut ankommt und was noch etwas Zeit braucht, um von den Fans mit ebensolcher Freude mitgesungen zu werden wie die altbekannten Stücke.
Die Neue Deutsche Härte hat hier einen aufstrebenden Stern vor sich, der nicht an kräftigem Bass und donnernden Drums spart. Auch hier muss einmal mehr Alex Wesselsky gedankt werden, der die Band unterstützt. Das Potential ist vorhanden, und Stahlmann haben sich entwickelt und Fans hinzugewonnen. Wer bis gestern nicht überzeugt war, hat nach diesem grandiosen Auftritt keinen Platz mehr für Zweifel. Trotz der Hitze legen die Silbermänner ein glanzvolles Konzert hin, werden nicht müde, ihre Späße zu machen und die Musik in den Club zu jagen. Ob der Teufel selbst besungen wird oder der Sex, es ist egal. Letzteres führt unter anderem zu „Ausziehen!“-Rufen und zu weiblicher Nacktheit in der ersten Reihe – ob diese Annäherungsversuche von Erfolg gekrönt sind, sei dahingestellt.
Als Stahlmann nach etwa einer Stunde von der Bühne gehen, ertönt sofort ein einstimmiger „Zugabe“-Ruf des Publikums. Nein, noch dürfen die vier einfach nicht verschwinden. Wie man weiß, geht niemand, ohne sich zu verabschieden. Und da dies noch nicht geschehen ist, wundert es auch nicht, dass der Schlagzeuger zurückkehrt und ein kräftiges Solo hinlegt. Schnell, langsam, hart und zart geht es zu, heizt noch mal richtig ein und macht schließlich Platz für die Zugabe der Göttinger, die noch einmal alles geben und überwältigt sind von der guten Stimmung und dem Jubel, den sie bekommen. So lassen sie sich sogar zu einer zweiten Zugabe hinreißen, bevor sie endgültig gehen. Allerdings nicht ohne die Aussicht auf ein Treffen am Merchstand.

Beide Formationen legen solide Auftritte hin und lassen sich zu recht feiern. Der Abend war großartig und Stahlmann und Schöngeist zeigen Power, kraftvolle Songs und harten Sound, der mitreißt.

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Fotos by LJ.

 

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