Geschichte, Unruhen und Mord

der-nasse-fischBerlin in den späten Zwanzigerjahren, es rumort gewaltig während der Weimarer Republik. In diesem spannungsgeladenen Umfeld findet sich Kriminalkommissar Gereon Rath wieder. Er wurde nach der Vermittlung seines Vaters von der Mordkommission in Köln zur Berliner Sitte versetzt. Gereon wäre es natürlich viel lieber, gleich der Abteilung von Ernst Gennat, dem legendären Berliner Mordermittler, zugeteilt zu werden, allerdings muss er nach einer Verfehlung in Köln den Ball flach halten. Und so kann er sich nur auf eigene Faust an den Ermittlungen zur Auffindung eines unbekannten Toten beteiligen. Bei der Sitte kann Rath erste Erfolge vorweisen, und er lernt seine neuen Kollegen besser kennen, unter anderem auch die bei der Mordkommission beschäftigte Charlotte Ritter. Allerdings verliert er den noch nicht identifizierten Toten dabei nicht aus den Augen. Rath sammelt Informationen und geht Risiken ein, einige davon sind zu seinem Vorteil, andere zu seinem Nachteil.

Der historische Roman Der nasse Fisch von Volker Kutscher diente nicht nur Arne Jysch als Vorlage für seine Graphic Novel, sondern auch Filmschaffenden für vorerst zwei Staffeln Babylon Berlin, die 2017 auf Sky liefen und Ende 2018 im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gezeigt werden.
Jysch hat den ersten Teil der Gereon-Rath-Reihe für seine Adaption in Absprache mit dem ursprünglichen Autor gekürzt und zum Teil umgeschrieben. Die schwarz-weiß Panels sind ihm sehr gut gelungen, atmosphärisch als auch erzählend. So mancher Pinselstrich kann viel mehr aussagen als nur Worte.
The Golden Twenties in Berlin werden durch unterschiedliche Aspekte dargestellt: die Vergnügungslust der Vermögenden in Clubs und Cafés, die Armut in den Mietwohnungen, die Unruhen und Demonstrationen auf den Straßen. Hinzu kommt noch die Rolle der Charlotte Ritter, die erste Frau bei der Mordkommission, ein Bezug auf den Feminismus in seinen Anfängen. Interessant ist es, dass ein Augenmerk auf eine Person gelegt wird, die zu Lebzeiten eine Kriminalisten-Legende war: Ernst Gennat, Spitzname Buddha (Wikipedia), Beamter der Berliner Kriminalpolizei, Inspektion A – die zeichnerische Wiedergabe der Person kommt der realen sehr nah.
Der Handlungsaufbau ist spannend und erinnert mich etwas an die Noir-Reihen früherer und jetziger Zeit. Arne Jysch hat sich, wie man an den Quellenangaben sieht, intensiv mit der damaligen Zeit beschäftigt. Mit diesem großformatigen Buch kann man in den Berliner Untergrund eintauchen, sieht Geschichte und Geschichten. Vereinzelt verliert man etwas den Überblick über Charaktere und Situationsabläufe, dafür kann man aber den „Film“ stoppen, und man kann vor- und zurückblättern.
Mit einer Fortsetzung der Graphic Novel zu Gereon Rath ist zu rechnen: Am Ende bleibt ein kleines Fragezeichen in Bezug auf Gereon Rath, außerdem besteht die Originalausgabe derzeit aus sechs Teilen.

Weitere Infos zum Buch findet man in der ARD-Mediathek.

:buch: :buch: :buch: :buch: :buch:

Arne Jysch: Der nasse Fisch (Graphic Novel)
Carlsen Verlag, 28.03.2017
216 Seiten
17,99 €

(3398)