Versunken in Düsternis und Melancholie

Meipr veröffentlichen heute das zweite Instrumental-Album. Das schwedische Duo besteht aus Henrik Meierkord (Cello/Streichinstrumente) und Peter Josefsson (Synthesizer). Mit Henrik führte ich bereits ein Interview zum Thema „Sound and Silence“, damit rückte auch das neue Album in unseren Fokus.
Maltrankvilo ist die lang ersehnte Fortsetzung vom 2020er Album Kolekto, allerdings werden wir in eine noch dunklere Welt der Unruhe entführt. Der Rauch im Hintergrund ist pechschwarz, und die Emotionen sind verzweifelter, die Stimmung hoffnungslos.

In ihrer Musik verbinden Meipr Neoklassik mit elektronischen Klängen in einer dunklen Umgebung. Diese Melancholie und Düsternis beschreiben die Künstler ohne Worte – mit sehr intensiver und berührender Musik und Klängen, die imaginäre Bilder erzeugen und damit so viel mehr ausdrücken.Es ist nicht einfach, über dieses Album zu schreiben, ohne von den Emotionen überwältigt zu werden, die bei Meiprs neuestem Werk die Seele berühren. Das verbindende Element auf Maltrankvilo ist die deutliche Anspannung, das Gefühl von Verlust und tiefer Trauer, das in jedem Song mitschwingt. Der atmosphärische und filmische Sound ist düster, bedrohlich und gleichzeitig so unglaublich fragil und in all seinen Facetten ein Spiegel der prekären Weltlage und ein entfesselter Schrei nach (mehr) Menschlichkeit.
Während sich die Eröffnungsklänge von “Brieto“ (YouTube) zu einer Melodie entwickeln, lässt sich erahnen, dass Maltrankvilo eine tiefgreifende musikalische Reise wird. Ein grüblerischer Song mit wehmütig klingenden, an- und abschwellenden Streichern und sanfter Elektronik, die an einen mäandrierenden Fluss erinnern. „Rekuperita“ fließt gleichmäßig dahin, durch längst verlassene dunkle Straßen und Gassen, und klingt wie eine melancholische Reise durch verblassende Erinnerungen. „Forlasita“ vermischt die Düsternis mit indianischen Klängen, ein intensiver Song mit Sogwirkung, der seit Veröffentlichung in Dauerschleife läuft. „Supren“ lässt graue Gewitterwolken aufziehen, die klanggewaltigen elektronischen Entladungen sind unüberhörbar.
„Makkelo“ (YouTube) beginnt mit grauer Stille und erzeugt ein schleichendes Gefühl der Beklommenheit, bevor die Streicher die Dunkelheit in gedämpftes Licht tauchen. In „Sangrante“ bewegt sich eine Spieluhr, die kleine Tänzerin bewegt sich immer im Kreis, das Cello hat eine sehr dunkle und auch warme Wirkung. Beide Instrumentierungen kreieren einen fesselnden Dialog aus Hoffnung und Verzweiflung und harmonisieren unheimlich gut miteinander. Mit „Cono“ erhöht sich das Tempo und man tritt vom Dunklen ins Helle. Die pochenden Beats werden von der Erhabenheit der Streicher begleitet, die einen zum Abschluss traurig zurück lassen. „Protogenica“: Da lauert etwas im Dunklen, es ist schwer zu fassen. Streicher bewegen sich um einen pulsierenden Kern, und der Sound vermittelt das Gefühl industrieller (An)Spannung und dunkler Vorahnung, die sich endlos auszubreiten scheint.
„Tusovka“ (YouTube) ist ein finsteres Klanguniversum, das dunkler und hoffnungsloser nicht sein könnte. Industrielles Rauschen und Dröhnen verbinden sich mit Spuren elektronischer Funken zu einem rohen Sound. Die Unruhe und (Um)Brüche sind weithin hörbar.
„Belo“ wird vom Synthesizer dominiert, es erklingt ein Herzschlag, von einem Mensch oder sind es nur die Geräusche einer Maschine? Manchmal lässt der Track an Jean-Michel Jarre denken. Man lege sich auf die träumerische Synthesizer-Klangwelle von „Liebra“ und lasse sich forttragen, es kann allerdings auch etwas stürmisch und holprig werden. „Supren Strings“ und das vorher gehörte „Supren“ könnten unterschiedlicher nicht sein. „Supren Strings“ ist ein schönes Beispiel dafür, wie sich die Gefühlsebene ändert, wenn die Streicher dominieren, so sehnsuchtsvoll und traurig, verleihen sie dem Album ein äußerst emotionales Finale. Wenn die Klänge von „Supren Strings“ leiser werden und verstummen, kreisen die Gedanken weiter.

Instrumentalmusik lässt den persönlichen Vorstellungen viel Raum. In den hypnotischen Visuals und Videos zu „Brieto“, „Forlasita“, „Makelllo“, „Protogenica“ und „Tusovka“ zeigt der Künstler Lee Bailes (Eibon Films) seine visuelle Interpretation der Musik, spiegelt in ihnen die emotionale Intensität der Songs wieder und verstärkt das hoffnungslose Gefühl, das unaufhaltsam in die Tiefe führt.

Meipr erzeugen mit Cello und Synthesizer ein sehr eindrückliches, interessantes, düsteres Klanggebilde und ein fesselndes Album, in das man sich verlieren kann. Maltrankvilo ist kein einfaches Hören, aber ein großartiges! Man muss sich drauf einlassen, sich mitziehen und davongleiten lassen. Nichts sollte einen stören, um dieses emotional komplexe Hörerlebnis mit all seinen Details und Facetten aufzunehmen. Das Album ist eine ausgereifte, perfekte Produktion. Die Musiker sind Meister ihrer Instrumente. Das Gesamtpaket dieser düsteren Instrumentalmusik ist vielleicht nicht im ersten Hördurchgang für jedermann eingängig, es lohnt sich aber, sich darauf einzulassen. Am besten mit Kopfhörer genießen!

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Meipr: Maltrankvilo
Vö. 19.05.2023
10 € oder mehr Bandcamp

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Tracklist:
1. Brieto 03:52
2. Rekuperita 04:28
3. Forlasita 05:24
4. Supren 05:32
5. Makkelo 03:29
6. Sangrante 04:49
7. Cono 04:00
8. Protogenica 02:38
9. Tusovka 06:49
10. Belo 04:11
11. Liebra 06:56
12. Supren Strings 05:32

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