Die Welt gehört jetzt ihnen

CRobertCargill - Sea of RustIn der nicht allzu fernen Zukunft hat die Menschheit es geschafft und echte künstliche Intelligenz erschaffen. Virtuelle Assistenten wie Siri und Alexa sind Vergangenheit – die Roboter dieser Zeit sind vollkommen eigenständig denkende, vernunftbegabte Wesen. Manche von ihnen sind sogar programmiert, Emotionen zu haben. Doch es kommt, wie es kommen muss: Leise schwelende Konflikte eskalieren, Krieg bricht aus, und die Menschheit wird ausgelöscht. Nun existieren nur noch Roboter, doch anstatt einer friedvollen neuen Gesellschaft befinden sie sich in einem neuen Krieg. Die zwei letzten OWIs (One World Intelligence), riesige Mainframes, die aus den Erfahrungen von Tausenden von Bots bestehen, die sie sich einverleibt haben, kämpfen gegeneinander um die Vorherrschaft auf der Erde und wollen jeden eigenständigen Roboter assimilieren. Brittle, die davon lebt, alte Roboter auszuschlachten und ihre Teile zu verkaufen, ist stetig auf der Flucht vor den Mainframes, doch als sie schwer beschädigt wird und dringend Ersatzteile benötigt, ist sie plötzlich gezwungen, sich einer Gruppe von Bots anzuschließen, die nichts anderes vorhaben, als die Mainframes zu vernichten.

Cargill hat mit Sea of Rust einen innovativen Sci-Fi-Roman geschaffen, der die meisten Zukunftsvisionen einen Schritt weiterspinnt: Die Menschheit hat künstliche Intelligenz erschaffen, und sich dadurch selbst überflüssig gemacht. Die Menschheit in Sea of Rust hat den Fortschnitt schneller vorangetrieben, als sie selbst dafür bereit war, und dadurch ihre eigene Auslöschung verursacht. In Cargills Zukunft haben wir wenig dazugelernt – der Konflikt zwischen Menschen und Robotern ist nur ein Schritt weiter von Fremdenhass, Diskriminierung von Minderheiten und der Emanzipation einer Gesellschaftsgruppe, die nicht als solche angesehen wird. Sea of Rust fragt, wann Leben eigentlich Leben ist, ob wir die Evolution durch unseren technologischen Fortschritt künstlich zu unserem eigenen Nachteil verändern und ob wir nur das sind, zu was unsere Vergangenheit uns macht.

Gleichzeitig ist dieser Roman aber keine schwere Kost, sondern ein packendes Sci-Fi-Abenteuer mit einer gut ausbalancierten Geschichte, einem sympathischen Hauptcharakter und einer meisterlich ausgearbeiteten Gruppendymamik. Teilweise wirkt er fast wie ein Sci-Fi-Rollenspiel à la Shadowrun, in dem eine Gruppe von teils unfreiwilligen Helden auf eine Reise geht, um den großen Bösewicht zur Strecke zu bringen. Dabei wird aber schnell klar, dass die Welt, in der Brittle und die anderen leben, und die Geschichte, die sie alle zu kennen glaubten, deutlich komplexer ist und sie alle nur die Figuren im Spiel von größeren Mächten sind. Das gesamte Setting erinnert durchaus an William Gibsons Neuromancer, nur weitergedacht in eine Zeit, in der Künstliche Intelligenz sich über die Menschheit hinaus erhoben hat.

Sea of Rust ist ein absoluter Pageturner und ein Muss für Fans von Roboter-Sci-Fi und etwas anderen Endzeitszenarien, und für Geeks, die sich an Kleinigkeiten erfreuen – die Kapitelnumerierung ist nämlich binär. Sprachlich ist es modern mit viel Slang, aber sehr gut verständlich auch für Nicht-Muttersprachler.

C. Robert Cargill ist ein amerikanischer Autor und Screenwriter, hauptsächlich bekannt für seine Scripts zu Sinister und Marvels Doctor Strange. Für Fantasy-Fans kann ich seine zwei Vorgängerromane Dreams & Shadows und Queen of Dark Things empfehlen.

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C. Robert Cargill: Sea of Rust
Gollancz Publishing, 2017
384 Seiten

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