Endzeitstimmung

Im Jahr 2049 haben sich die Lebensbedingungen auf der Erde drastisch verändert, bewirkt hat dies eine militärische Biowaffe. Um den Fortbestand der Menschheit zu sichern, werden Kinder von Robotern ausgebrütet und aufgezogen. Um sicherzustellen, dass es den Kindern an nichts mangelt, wurde ein spezielles Computerprogramm, der sogenannte Muttercode, entwickelt, der dafür sorgt, dass die Roboter agieren und empfinden wie ein Mensch. Kai ist so ein Roboterkind. Gemeinsam mit seiner Mutter Rho-Z streift er durch das zerstörte Amerika der Zukunft. Kai ist glücklich, denn Rho-Z umsorgt ihn liebevoll und lehrt ihn alles, was er wissen muss. Nach der Begegnung mit anderen Schicksalsgefährten und den letzten Verbliebenen auf Mutter Erde kommt der Gedanke auf, die Mütter wieder abzuschalten, das wird zu einer zweischneidigen Angelegenheit.

Der Muttercode wird beim Heyne Verlag unter der Kategorie „Nahe Zukunft & Cyberpunk“ geführt, in den jetzigen Covid-19-Zeiten kann das ungute Gefühle heraufbeschwören. Alles beginnt mit einer vom amerikanischen Militär entwickelten Biowaffe, die die Welt mit einer Pandemie überzieht. Man verfolgt die Entwicklung eines Gegenmittels gegen diese „Grippe“ und die Möglichkeiten und Probleme bei der Erschaffung der künstlichen Mütter und des Muttercodes. Dies wird auf eine zeitliche Erzählebene gesetzt und wechselt sich dann bei jedem weiteren Kapitel mit Erlebnissen ca. zehn Jahre später ab, als Kai und seine Mutter Rho-Z sich auf einem sehr unwirtlichen Planeten bewegen. Die Entwicklung aller Mädchen und Jungen, die von mit Muttergefühlen gespeisten Robotern ausgetragen, beschützt, unterrichtet und mit allen Mitteln verteidigt werden ist anfangs für mich als Mutter nicht vorstellbar, aber mit jeder weiteren gelesenen Seite nachvollziehbarer. Interessant ist auch der Aspekt der wortlosen Kommunikation zwischen Kindern und Müttern (eine derartige Funktion hätte ich mir damals auch gewünscht). Die Leser*innen erleben außerdem mit, wie die Menschheit zum Großteil ausstirbt, welche Möglichkeiten ergriffen werden, bevor Frauen und Männer sich dem Tod gegenüber sehen, wer überlebt und weiterforscht, letztendlich sogar, wie die Wissenschaftler, die dieses Szenario unterstützt haben, und die Kinder in der Postapokalypse wieder zusammenfinden. Sie gewinnen neue Erkenntnisse und stehen dann aber weiteren Problemen gegenüber.

Das alles ist sehr gut und mitreißend beschrieben. Die Melancholie und Hoffnungslosigkeit ist in diesem Science-Fiction-Debütroman von Carole Stivers immer wieder greifbar. Man muss mit vielen biologischen und chemischen Begriffen rechnen, die ich als Laie nicht immer nachvollziehen konnte. Allerdings lohnt es darüber hinweg zu lesen und dran zu bleiben. Es entwickelt sich ein höchst interessanter und auch berührender Erzählstrang, der sich hervorragend als Drehbuchvorlage eignet.

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Carole Stivers: Der Muttercode
Aus dem Amerikanischen von Jürgen Langowski
Heyne Verlag, Vö. 12.07.2021
Paperback , Klappenbroschur, 416 Seiten
15 €

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