Zwischen Kakerlaken und Cocktailschirmchen

Ocean King

Sommerzeit ist Urlaubszeit! Da bietet sich eine Kreuzfahrt doch förmlich an. Du wirst von vorn bis hinten bemuttert und musst dich um nichts kümmern. Sonne, Strand, Meer, hin und wieder ein kleiner Ausflug, eine Fahrt mit einem Jetski. All you can eat – versteht sich von selbst.
Was will man mehr?

Wam wächst in den Plattenbausiedlungen der Pariser Vorstadt auf, hat keinen Job und kein Geld. Kurzum beschließt er, auf einem Kreuzfahrtschiff sein Glück zu versuchen und endlich Kohle zu scheffeln. Er heuert auf dem Ozeanriesen „Ocean King“ an und wird eingestellt! Seine große Klappe und etwas proletenhafte Art führen dazu, dass es am Empfangsschalter des Schiffes, wo die „Neuen“ eingeteilt werden, zu einem kleinen „Missverständnis“ kommt. Wam wird der Joker an Bord, die Person, die überall eingesetzt werden kann, wo gerade die größte Besatzungsnot herrscht. Er muss die miesesten Jobs machen, z.B. die Roboter säubern, die die Pools des Riesenkahns sauber halten. Doch durch seine offene und unkonventionelle Art arbeitet er sich Stufe um Stufe die Karriereleiter nach oben und darf am Ende sogar wieder das Tageslicht sehen und das Salz des Meeres auf seiner Haut spüren.

Slimane Kader ist 1985 in Algerien geboren und verbrachte dort seine Kindheit, bis seine Familie nach Paris, ins 93. Arrondissement, einem Vorort im Norden von Paris umzog. In diesem Stadtteil ist die Bevölkerungsdichte sehr hoch und die meisten Bewohner sind ausländischer Abstammung.
Als Kader sein Erstlingswerk Wam veröffentlichte, war er bereits an Bord eines Kreuzfahrtschiffes. Genau das macht die Geschichte dermaßen außergewöhnlich. Der Autor trägt keine Storys über das Leben auf diesen Ozeanriesen zusammen, er erlebt sie selbst! Hautnah bekommt man einen sehr authentischen Einblick, wie es ist, mit ca. 2000 anderen Arbeitern auf geringsten Raum arbeiten und leben zu müssen. Es ist, als wäre man ebenfalls an Bord der „Ocean King“.
Slimane Kader nimmt kein Blatt vor den Mund und beschreibt sehr offen und mit einer Prise Humor, wie mit den Mitarbeitern umgegangen wird, wie groß der Druck auf jedem lastet, und wie stark das Konkurrenzdenken zwischen den verschiedenen Gruppen ausgeprägt ist.

Ocean King liest sich schnell und bleibt interessant, da ironische und sarkastische Kommentare an der Tagesordnung sind. Der Schreibstil ist mir persönlich ein wenig zu flapsig, an der einen oder anderen Stelle hat mich dies ein wenig genervt. Dennoch ist es ein Buch, das in meinem Bücherschrank einen Stammplatz finden wird, da hier einmal gezeigt wird, wie die andere Seite des Massentourismus funktioniert, und dass nicht alles Gold ist, was glänzt.

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Slimane Kader: Ocean King
Droemer-Knaur Verlag, 1. Juni 2015
224 Seiten
12,99 €
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