Wow!

Sechs Jahre nach der Veröffentlichung ihres Albums The punishment of luxury melden sich die Synthie-Pioniere Orchestral Manoeuvres in the Dark (OMD) mit einem neuen Studioalbum zurück, bauhaus staircase ist am 27. Oktober erschienen. Von der neuen Platte haben OMD mit „Veruschka“, „Slow train“, „bauhaus staircase“ und „Anthropocene“ bereits vier Videos abgeliefert.
bauhaus staircase ist die politischste Platte der Band und die Krönung ihres Wunsches, sowohl Stockhausen als auch Abba zu sein – geboren aus dem Impuls, während des Lockdowns Neues zu erkunden. Andy McCluskey gibt zu: „Ich habe die kreative Kraft der totalen Langeweile wiederentdeckt“. Das Album wurde hauptsächlich von McCluskey und Paul Humphreys geschrieben, aufgenommen und abgemischt. Der andere wichtige Einfluss war David Watts, der vor allem als Rockproduzent bekannt ist und zwei Stücke („Kleptocracy“ und „Slow train“) dieser neuen Platte abmischte.

„Bauhaus staircase“ hat diesen Synthie-Mitwipp-Sound, der einem noch öfter auf dem Album begegnen wird. Der Titel ist nach dem Gemälde des deutschen Künstlers Oskar Schlemmer aus dem Jahr 1932 benannt, das Roy Lichtenstein 1988 für seine Pop-Art-Klassikerserie neu geschaffen hat. Der Titel ist eine Anspielung auf McCluskeys Liebe zur Bauhaus-Ära (da haben wir was gemein), auf die Kraft der Protestkunst und auf seine Traurigkeit als Verwaltungsratsmitglied des National Museums Liverpool, dass die Regierungen die Mittel für die Kunst gerade dann kürzen, wenn die Zeiten hart sind. Das sphärische „Anthropocene“ spielt in einer anderen, hoffentlich fernen Zeit, begleitet wird das von einem großartigen Synthieteppich. Es ist ein sechsminütiger Song, in dem ein Voiceover eindringlich darlegt, wie die Menschheit die gesamte Vielfalt anderer Arten vernichtet. „Anthropozän“ ist der Begriff für die gegenwärtige Ära in der Entwicklung der Erde, in der der Mensch sie direkt beeinflusst. Es ist ein Song, in dem McCluskeys Jugendtraum, Paläoanthropologe zu werden, in der Musik von OMD auftaucht. „Ich bin fasziniert von den verschiedenen Formen des Menschen in den letzten Millionen von Jahren“, sagt er. „Wir Menschen verändern den Planeten auf physische Art und Weise und schaffen unsere eigene geologische Epoche …“.
„Look at you now“ ist eine träumerische Synth-Pop-Ballade, genauso wie „Where we started“. Dieser Titel schafft es, in nur 34 Worten eine Welt des Mitgefühls und des Trostes zu vermitteln. Eine Film-Noir-Ballade präsentiert sich mit „Veruschka“. McCluskey erzählt dazu: „Meine Einstellung ist so, wie ich es in dem Song sage: Wenn du zu viel Angst hast, von der Klippe zu springen, wirst du nie lernen zu fliegen. Wir konnten nicht ständig sagen: ‚Es wird nicht funktionieren‘. Man muss es immer wieder versuchen, um zu sehen, wo man landet.“ Zum Tanz aufgefordert wird man mit „Slowtrain“ (!). Man könnte meinen, Kylie Minogue im Background zu hören, diesen flotten Tanzrhythmus hat auch „Kleptocracy“. „Don’t go“ ist ein wirklich gelungener Synthie-Pop Song. Dem musikalischen Sog kann man sich bei diesen drei Songs schlecht entziehen. „Kleptocracy“ ist trotzdem ein Protestsong, McCluskey merkt an: „Die Anspielungen auf Trump, Johnson und Putin sind leider immer noch aktuell. Sie wollen sich einfach nicht verpissen.“ Die Zeile „It doesn’t matter who you vote for, they’ve bought the man you elected“ fasst die Abscheu des Duos über den aktuellen Zustand der Demokratien zusammen.
Darauf kann man sich auf „Aphrodite’s favourite child“ einlassen, der Song wird mit viel Liebe und Synthie-Melodien ausgekleidet. „Evolution of species“ erinnert mich an Kraftwerk. Der Song wurde mit der Text-to-speech-Funktion von Google erstellt. „Ich hatte keine Lust mehr auf Vocoder“, sagt McCluskey. „Ich suchte nach alternativen Möglichkeiten, die Texte in die Songs einzubauen, ohne dass ich sie singen musste.“ Den Abschluss bildet „Healing“, Wassertropfen eröffnen die wunderschöne Ballade, die die Ruhe nach unzähligen Emotionen einleitet. Humphreys und McCluskey sehen den Track als Herzstück der neuen OMD-Tournee im kommenden April, die mit einem großen Konzert in der Londoner O2-Halle ihren Höhepunkt finden wird.

OMD spielen folgende Termine 2024 in Deutschland:
29.01.24 Jena – Sparkassen Arena
30.01.24 Offenbach – Stadthalle
01.02.24 Düsseldorf – Mitsubishi Electric Halle
02.02.24 Hamburg – Sporthalle
03.02.24 Chemnitz – Stadthalle
11.02.24 Leipzig – Haus Auensee
12.02.24 Berlin – Tempodrom

Orchestral Manoeuvres in the Dark haben 25 Millionen Singles und 15 Millionen Alben verkauft und sich damit als Pioniere der elektronischen Synthesizer und eine der beliebtesten britischen Popgruppen etabliert. Zu ihren 13 Alben gehören die Neuauflagen von Orchestral manoeuvres in the dark und Organisation (jeweils 1980), Architecture & morality (1981) und Dazzle ships (1983). Ja, das ist alles schon länger her, aber sie waren mir gleich wieder im Ohr, wie es mit „Enola Gay“ und „Maid of Orleans“ in den 80ern angefangen hat und sich auch heute noch fortsetzt. Die Stimme von Andy McCluskey schmeichelt sich gleich wieder ein. Sie haben mit dem neuen Album den Zeitgeist eingefangen und ihre eigene Musik dazugegeben, es gibt viel Synthesizer mit u.a. poppigen Melodien.
OMD haben 2023 ein faszinierendes Album veröffentlicht, das ihrem Œuvre absolut würdig ist. bauhaus staircase ist unverkennbar das Werk eines Duos, das auch 45 Jahre nach seinem ersten Auftritt immer noch perfekt aufeinander eingespielt ist. Es sind so viele Ohrwürmer dabei, dazu schwingt man einfach nur mit beim Synth-Pop.

Anspieltipp: Bauhaus staircase, Slow train, Aphrodite’s favourite child, Healing

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Orchestral Manoeuvres in the Dark: bauhaus staircase
World in red (Membran)/The orchid, Vö. 27.10.2023
15,95 € z.B. bei POPoNAUT

www.omd.uk.com

Tracklist:
1 Bauhaus staircase
2 Anthropocene
3 Look at you now
4 G.E.M.
5 Where we started
6 Veruschka
7 Slow train
8 Don’t go
9 Kleptocracy
10 Aphrodite’s favourite child
11 Evolution of species
12 Healing

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