Musik aus anderen Sphären

Durch meine zuletzt geschriebenen Reviews bin ich wieder ein wenig in die atmosphärische Richtung abgedriftet, in dem Metier fühle ich mich recht wohl. Nun da die Tage kürzen werden und das Licht immer weniger wird, kommt das neue Album der aus Dänemark stammenden Myrkur (Amalie Bruun) gerade recht. Nach ihrem Meisterwerk Folkesange aus dem Jahr 2020 also folgt nun Spine. War Folkesange noch rein mit Nordic Folk behaftet, so sei es gleich vorweggesagt, gibt es hier eine kleine Überraschung. Ach ja, danke Relapse Records für dieses Juwel!

Dieses Juwel (es ist noch früh in der Review, ich weiß) beginnt sehr majestätisch. Majestätisch ist untertrieben, denn für „Bålfærd“ müsste eine neue Genrebezeichnung gefunden werden. Bereits nach 30 Sekunden hat man das Bild eines nordischen Schlachtfeldes nach dem Ende der Schlacht. Leere und Stille umgeben diesen Ort, und eben „Bålfærd“ ist der Soundtrack dazu. „Like humans“ ist der wohl wirklich eingängigste Song, den ich je gehört habe. Er lief ganze sieben- oder achtmal in Schleife. Dieser engelhafte Gesang, der auf die leicht verzerrten Gitarren trifft, und die gelegentlich eingestreuten Drones treiben den Hörer zu höchsten Genussempfindungen. Der Refrain ist so göttlich, dass man dabei vergehen möchte. Mein Anspieltipp für euch! Hört das unbedingt laut. „Mothlike“ reiht sich musikalisch in den Reigen ein und erstaunt erst einmal durch den etwas rockigeren Sound. Wer jetzt aber denkt, es gehe musikalisch so durch das ganze Album, könnte falscher nicht liegen. „My blood is gold“ könnte schwärzer nicht sein. Es drängen sich mir Vergleiche mit Chelsea Wolfe auf, die auch in Ordnung gehen, nur ist dieser Track düsterer und eigensinniger und widersetzt sich so ein wenig allem. Auf jedem Fall schwer und sehr düster! Das titelgebende „Spine“ bringt mich vollkommen um den Verstand. Ein Nordic Folk Song voller Schönheit, betörend und einnehmend mit absolut präzise eingesetzten kaskadenartigen Gitarren mit einer Wucht die sich schier durch das Gehirn fräst, wahrlich einzigartig. Ach ja, mein zweiter Anspieltipp für euch! Was soll noch kommen, bei dem was schon war? Odin muss mich erhört haben! „Valkyriernes Sang“ ist das, was ich mir immer schon gewünscht habe. Rasender Black Metal mit kräftigem nordischen Frauengesang. Alleine aus diesem Stück würden andere Bands ein ganzes Album machen. Wahnsinnig viele verschiedene Stilarten vereint in einem Song. „Blazing sky“ mit seinem leicht psychedelischen Touch klingt wie ein Spaziergang durch eine hoffnungslose Landschaft. Hoffnung braucht doch eh keiner, oder? „Devil in the detail“ erinnert mich sofort an eine andere sehr von mir geschätzte Künstlerin namens Syvaine. Diese Macht, die beim Hören entsteht und den Hörer mitreißt und nicht mehr loslässt. Das abschließende „Menneskebarn“ ist wunderschön. Ein rein folkloristischer Track, der eine*n in eine tranceähnliche wohlige Atmosphäre versetzt. Wie oben schon mal erwähnt, denkt an die nahende Jahreszeit!

Fazit: Immer wenn man denkt das Vorgängeralbum ist nicht mehr zu toppen, schafft es die Künstlerin Myrkur doch und legt noch eine Schippe oben drauf. Sie ist eine der wenigen Künstler*innen, von denen ich fast die gesamte Diskographie mein eigen nennen kann. Wenn nordische Schönheit auf Black-/Doom Metal trifft, und die mit Nordic Folk vereint, dürfte sich ohnehin für den ein oder anderen Metaller ein Traum erfüllt haben. Was soll ich noch sagen … ich freue mich jetzt schon auf ihre nächste Veröffentlichung. Übrigens die LP-Version dieses Albums sieht recht hübsch aus!

Myrkur: Spine
Relapse Records (Membran), Vö. 20. Oktober 2023
14,99 € z.B. bei Napalm Records

Tracklist
1 Bålfærd
2 Like humans
3 Mothlike
4 My blood is gold
5 Spine
6 Valkryernes sang
7 Blazing sky
8 Devil in the detail
9 Menneskebarn

Band: https://www.myrkurmusic.com/
Facebook: https://www.facebook.com/myrkurmyrkur

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