Die erste Garbe ist eingebracht

feuerseele_erntezeit_frontcover_1440pxMusik aus dem Mittelalter trifft Metal, daraus wird Mittelalterrock. Nichts Neues sollte man meinen. Trotzdem gibt es immer wieder Bands die versuchen diesen Weg zu gehen. Warum auch nicht? Wenn sie Spaß daran und ein Label gefunden haben, kann keiner sagen, sie hätten etwas falsch gemacht.
Feuerseele sind fünf Recken aus Mönchengladbach, die schon mit ein paar Größen der Szene aufgetreten, auf einigen Samplern erschienen sind und deren Fangemeinde beständig wächst. Im Oktober 2012 veröffentlichten sie mit Erntezeit ihr Debütalbum und noch in diesem Jahr wollen sie einen weiteren Silberling auflegen. Ein guter Grund sie sich mal anzuhören.

Neben dem Üblichen, Gitarre, Bass und Schlagzeug, bringt Feuerseele Flöte, Dudelsack, Mundharmonika und Rauschpfeife für den mittelalterlichen Einschlag zu Gehör. Die Mischung zwischen mittelalterlichen und den üblichen Instrumenten hat klares Übergewicht in der Moderne, die Melodien orientieren sich eher an früheren Zeiten. Nichts ungewöhnliches, auch, dass die Musik angenehm arrangiert ist und durch die altertümlichen Klangerzeuger gewinnt kann erwartet werden. Die Stücke sind tanzbar, teilweise partytauglich, die ruhigeren Parts fast besinnlich. Sänger Markus macht einen sehr guten Eindruck und besticht durch seine angenehme, klare Stimme. Herausragenstes Merkmal sind allerdings die Texte. Manchmal leichte Kost, manchmal hintergründig, aber eigentlich immer mit mindestens einer interessanten Idee schüren sie über das gesamte Album hinweg die Neugier, auch wenn die Sprache nicht mittelalterlich anmutet. Ein krasser Gegensatz also zum Cover, auf dem nur ein wirklich zu erntender Maiskolben abgebildet ist. Das einzig Interessante an dem Bild, Mais kommt aus der neuen Welt, war demnach im Mittelalter noch nicht bis in unseren Breiten vorgedrungen.

„Kein Sonnenstrahl“ beinhaltet die Gedanken eines Vampirs. Leider nur auf die allgemeinen Umstände und nicht die speziellen im Mittelalter bezogen, ist der Text unterhaltend, nicht mehr. Das gleicht die Musik aus, die unter anderem Geigenspiel und harte Riffs zu etwas Spannendem verbindet.
„Mutter“. Ein Titel, der schnell mit anderen Stücken in Verbindung gebracht wird und, wenn wunderts, eine Mutter-Kind-Beziehung beschreibt. Nur setzt diese sehr früh ein, nämlich im Mutterleib, und endet mit der Geburt. Das Stück rockt und es fällt kaum auf, dass die mittelalterlichen Instrumente nur wenig zum Zug kommen.
Eingeleitet durch eine Akustikgitarre nimmt „Ego“ langsam an Fahrt auf, ohne übermäßig schnell zu werden. Im Gegenteil, sobald der Gesang einsetzt wird es gemächlicher. Der Tempowechsel wird das Lied über gut eingesetzt und unterstreicht den Text bei dem es um Geiz und Gier geht recht anschaulich.
Das Piratenlied, dass heutzutage nicht fehlen darf, ist entsprechend schnell und energiegeladen. Schnarrende Töne ergänzen den Hardrocksound in der „Verfluchten Karibik“. Die Feierlaune wird kurz durch den Gedanken an die Hölle getrübt, aber auch dort kann man sicherlich abhauen und in See stechen.
Es wundert nicht, dass „Hetzjagd“ mit schnellen Passagen versehen wurde und der Beat durchgehend voran eilt. Dudelsack und E-Gitarre verstehen sich über die gesamte Strecke sich gut. Ein gedankliches Zwiegespräch mit der Beute wird aus Sicht des Jäger geschildert, der am Ende erfolgreich ist und sich selbst einholt.
Was wie eine Ballade beginnt ändert sich im Refrain zur üblichen Härte, was wie eine Liebesgeschichte beginnt endet unschön. Zumindest für die Person, dessen „Erntezeit“ war.
Ein „Fiebertraum“ in Wort und Klang. Der Sänger klingt sogar schwach und krank. Kein Highlight, aber eine gute Situationsbeschreibung, mit vom Genre her etwas zu kraftvoller Musik.
Sie tanzt mit einem anderen, weil er es so gewollt hat. „Tango“ beschreibt Distanz und Nähe einer in die Jahre gekommenen Ehe. Die beschriebene Aussicht ist nicht positiv und es endet mit einer Drohung. Musikalisch ist es kein Tango, sondern der schon bekannte Metalsound.
„Krieg der Blicke“ fällt nicht nur wegen der deutlicher hörbaren Mundharmonika aus dem Rahmen. Das Lied ist hektischer, in Wort und Ton. Die konstante E-Gitarre gibt das Tempo an und wird gekonnt ergänzt. Ein Anstarrduell detailreich und kurzweilig beschrieben.
Ein Song, der die Bedürfnisse und Gedanken eines Sklaven zum Thema hat ist nichts Neues. Auch nicht auf einer mediavalen Rock-CD. Moment. Die freiwillige Selbstversklavung ist eher Thema unserer sexuell offeneren Zeit. Nicht, dass es das früher nicht gab, aber da waren Sklaven in erster Linie zum Arbeiten da, nicht um bearbeitet zu werden. „Fetisch II“ wird von der schon hinreichend beschriebenen Musik getragen.

Wie sooft, die Mischung machts. Erntezeit ist eine CD für viele Gelegenheiten, dabei immer unterhaltsam und ohne Rohrkrepierer. Sicher muss man dieser Musikrichtung gegenüber aufgeschlossen sein um ein Fan zu werden, aber auch der Durchschnittsmetaler dürfte seinen Spaß mit diesen Stücken haben. Freunde der mittelalterlichen Rockmusik werden die Zeit nicht bereuen, die sie mit hiermit verbringen und vielleicht sogar erwartungsvoll auf das neue Album von Feuerseele schielen. Es wird sich an diesem messen lassen müssen, also Markus, Stefan, Andi, Lukas und Patrick, gebt euch Mühe!

Es bleibt noch eine Frage: was ist mit „Fetisch I“? Auf der Demo-CD ist kein so benanntes Stück zu finden.

Anspieltipp: Krieg der Blicke


Feuerseele – Erntezeit
Echozone, 2012
14,99 € kaufen!

Tracklist:
01. Kein Sonnenstrahl
02. Mutter
03. Ego
04. Verfluchte Karibik
05. Hetzjagd
06. Erntezeit
07. Fiebertraum
08. Tango
09. Krieg der Blicke
10. Fetisch II

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