CD: Your Enemy – Broken toys

Schon im Opener „Breathe“ werden die Markenzeichen ihres ganz eigenen Sounds hörbar: Extrem tanzbare, hämmernde, treibende Beats und grüblerische Melodien, darüber verhallte Vocals – in diesem Track von Viva – die die Intensität des Songs erhöhen. „I am the surprise“, ein Track, der bereits als Single veröffentlicht wurde, setzt diese Intensität mit einem roheren Sound fort. Vivas gesprochene, flüsternde Vokals sind im Vordergrund, Carls verzerrte Stimme ist tief im Sound verborgen. Der explosive Beat verleiht dem Song Druck und Dringlichkeit. „My passion“ klingt minimalistischer, reduziert die Geschwindigkeit etwas und lässt Zeit zum Durchatmen und Verweilen. Der Song hat eine fiebrige und sich windende Rhythmik mit rezitierenden Vocals und einem exzellenten Midtempo-Groove. In „It´s gone“ dominieren peitschende, stechende Beats, die beklemmend die Türen der Dunkelheit öffnen und eine ahnungsvolle, hoffnungslose Atmosphäre erzeugen – ein schöner Kontrast zu den Vorgänger- und Nachfolgetiteln.
„Bad things“ ist ein wunderschöner Ohrwurm und gehört zu meinen Lieblingstracks dieser Veröffentlichung. Der Song lebt von seinen Kontrasten und den vielen musikalischen Details. Wenn sich bei Minute 1.30 der Song öffnet und die Soundstruktur Schicht für Schicht aufgebaut wird, die warme und melodische Klanglandschaft sich (druck)wellenartig ausbreitet, eine betörende Dynamik entwickelt und dabei ein leicht melancholisches Gefühl hinterlässt, wirkt das alles sehr unmittelbar – elektronische Glückseligkeit, die gerne endlos andauern könnte. Vivas sinnliche Stimme hallt im Vordergrund wider und schwingt gegen Carls verzerrten Gesang. „Broken toys“ scheint dort weiterzumachen, wo dieser Track endet, ähnlich melodisch, in der Wirkung hypnotischer – ein flirrender Song mit Sogwirkung und starker Bass-Präsenz, perfekt in der Harmonie und hervorragend in der Ausführung. Wieder ein Lieblingssong. Das folgende „Deep fear“ ist ein ruheloser und kantiger Song, der Unruhe und Bedrohung miteinander verwebt und in viele Richtungen schreit, um sich von der unter der Oberfläche pulsierenden Angst zu befreien.
„Ohm“ verändert den bisherigen Sound des Albums, der Song ist purer Rhythmus und präsentiert sich im technoiden Gewand – harte, metallisch kalte Beats mit einer treibenden Dynamik. Vivas Stimme ist ein Hauchen und legt sich über die tranceartigen Klänge. Mit einem ebenso loderndem Sound greift „Taming the tigress“ diese Intensität wieder auf. Hier dominieren Kälte und der rohe, industrielle Klang, der durch Carls eindringliche Vocals angetrieben wird. „Dead dolls“ ist ein unheimliches, beunruhigendes Unterfangen. Hier werden schwere rhythmische Impulse und dunkle, verzerrte und beschwörende, sich ständig wiederholende Vocals dramatisch in Szene gesetzt. Die schleppende Melodie und wuchtig düstere Soundeffekte erzeugen einen unruhigen Zustand und lassen das Album finster ausklingen.

Was für ein Debüt! Broken toys ist ein ganz großartiges Album geworden und zeigt Your Enemy’s wunderbares Gespür, elektronische Beats und hypnotische Rhythmen in fesselnde, tanzbare  Songs mit dunkler Intensität  zu verwandeln. Mit ihrer Musik verwischen Carl und Viva die Grenzen von EBM, Industrial und Dark Electro und kreieren einen energiegeladenen Sound, (an)getrieben von hallenden Vocals, die sich in ihrer Wirkung unheimlich gut ergänzen. Jeder Song ist in einer anderen Nuance gefärbt, kein Song ist wie der andere, und auch innerhalb jedes einzelnen Titels gibt es so viele klangliche Details und Facetten und machen Broken toys zu einer anspruchsvollen und vielseitigen Veröffentlichung. Fans elektronischer und industrieller Musik sollten sich diese musikalische Perle nicht entgehen lassen.

©Darklark

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