Wirklich so gleich?

Die Zwillingsbrüder Adam und Erik (Kristofer Hivju) sind äußerlich nicht zu unterscheiden, aber ansonsten grundverschieden. Adam hat Frau und Kinder, managt eine Ferienanlage auf den Lofoten, und Erik lebt als Surflehrer in den Tag hinein. Er wohnt in einem alten Campervan. Und so beginnt auch alles. Er scheint Schulden zu haben. Man kommt auf ihn zu, er soll die Miete für das Grundstückchen und den Van bezahlen. Er kann nicht. Ihm wird der Van abgenommen. Er fährt hinterher, kommt illegal nochmal zu Gefährt und Wohnung zugleich, doch der Vermieter will auch nicht aufgeben, es kommt zu einem Streit auf verschlungenen Küstenstraßen, der Campervan stürzt ins Wasser.

Erik kommt irgendwie wieder an Land und versucht bei seinem Bruder, den er aber 15 Jahre lang nicht gesehen hat, obwohl er nur wenige Kilometer entfernt wohnt, unterzukommen. Doch es ist keine Empathie da, nichts Gemeinsames, es kommt zu einer Auseinandersetzung, in die auch Adams Ehefrau Ingrid (Rebekka Nystabakk) verwickelt ist. Lange Rede kurzer Sinn: Nach einer kopflosen Rettungsaktion und einem heillosen Durcheinander ist Adam tot, und Erik wird irgendwie völlig unvermittelt, fast unschuldig, in dessen Rolle gepresst. Jeder meint, der mittellose Freak Erik sei tot, Adam und seine Familie trauerten um ihn. In was da in Wirklichkeit Erik und Adams Frau hineinstolpern, ist von Anfang an unheimlich spannend, obwohl es eigentlich gar nicht wie ein Thriller aufgebaut ist. Man ergötzt sich anfänglich an den wundervollen Naturaufnahmen, an den heimeligen – mittlerweile sagt man ja hyggeligen – Einrichtungsformen, am ursprünglichen Leben der Inselbewohner, Fischfang, kleine Wochenendhäuschen in Dünen, die man nur mit Bötchen erreichen kann, fast eine Pippi-Langstrumpf-Idylle. Zu beobachten, wie sich Erik notgedrungen als Adam ausgibt, wie selbst der engste Familien- und Freundeskreis irgendwie glauben soll/kann/muss, dass es sich hier um Adam handelt, wie er durch die Tücken des Alltags taumelt, das macht Spaß. Natürlich ist das alles nicht ganz rechtens, immerhin ist einer gestorben, aber man fiebert mit! Dazwischen kommt es immer wieder zu Rückblenden, man versteht, wie die zwei Brüder in ihren jungen Jahren waren, wie sie wurden, was sie sind, und vor allem, warum.

Ich hatte eigentlich wirklich nicht auf diese kleine Serie gewartet, aber sie hat mich irgendwie gefunden. Ich habe mich verfangen in diesem ganz klein bisschen Anderssein, es ist nicht typisch deutsch, es ist nicht amerikanisch, es ist einfach nordisch. Und: Ich war interessiert daran zu sehen, was Hauptdarsteller Kristofer Hivju noch so kann. Bislang kannte ich ihn aus einigen Staffeln von Game of Thrones. Dort spielte er den freundlichen Wildling Tormund Riesentod, der stets Jon Snow zur Seite stand und von Anfang an in Brienne von Tarth verliebt war. Ein ganz klein wenig konnte man ihn hier im etwas wilderen Erik erkennen. Hat Spaß gemacht!

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Twin
Norwegen 2019
Drama, Thriller
Von: Kristoffer Metcalfe
Cast: Kristofer Hivju, Rebekka Nystabakk u.a.
8 Folgen in 1 Staffel
Deutsche Erstausstrahlung: 05.01.2021 Das Erste
Deutsche Online-Premiere: 18.12.2020 ARD Mediathek

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