„Stille ist ein Zustand, der sich fast überall herstellen lässt, weil er unabhängig vom Außen existiert“

Stille ist eins meiner Lieblingsthemen, das mich bei der Fotografie genauso fasziniert wie in der Musik – sie ist sehr vielfältig interpretierbar sowie wahrnehmbar und weckt unterschiedliche Assoziationen. Reduktion, Einfachheit, gedämpfte (Farb-)Töne, Rauschen und Klänge, die den Moment der Verbundenheit und Ruhe einfangen, können in beiden Kunstformen im Fokus stehen, um Stille zu komponieren.

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In unserer neuen Serie nähern wir uns Stille aus verschiedenen Blickwinkeln und laden Künstler:innen dazu ein, Gedanken zum Thema Stille mit uns zu teilen. Der Auftakt der Serie ist unser Interview mit Morphosita, einer  Künstlerin aus München, die wir euch vor gut einem Jahr  im Webzine (hier zum Interview) vorgestellt haben. Neben faszinierenden Fotos arbeitet Morphosita auch mit bewegten Bildern und kreiert Musikvideos für verschiedende Künstler:innen.

Was bedeutet Stille für dich? Womit verbindest du Stille?
Für mich bedeutet Stille ein Innehalten, in sich kehren, die Abwesenheit von Lärm und Ablenkung. Bewusst im Moment sein. Ein Zustand, der sich fast überall herstellen lässt, weil er unabhängig vom Außen existiert.
Die perfekte visuelle und akustische Übersetzung des Begriffs ist für mich eine Winterlandschaft ohne Menschen. Viel Schnee, der alles bedeckt, Formen aufweicht und Geräusche dämpft.

Gibt es bestimmte Orte für dich, die du mit Stille assoziierst ?
Vor allem Lost Places oder alte, antike Städten, denn sie alle waren einmal alles andere als „still“ und dadurch wirkt ihre Stille im Hier und Jetzt für mich umso eindrücklicher.

Welches ist dein bevorzugtes Medium, um Stille darzustellen?
Musik oder eher Klangteppiche, wie man sie mit Synthies herstellen kann.

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Wie würdest du den visuellen Aspekt von Stille beschreiben? Wie nutzt du Stille für die Fotografie?
Ich würde sagen, dass Stille bei mir fast nur ein Thema für Natur-Aufnahmen ist, denn Selbstportraits sind in der Herstellung meist hektisch und im Endergebnis für mich zu aufgewühlt, als dass Stille da einen Raum finden würde. Ein paar Ausnahmen gibt es, aber auch da funktioniert es nur, weil verhüllt und dadurch erstickt wird (siehe Foto rechts).
Sille begegnet mir dafür oft in Makroaufnahmen – denn dazu ist genau das ganz oben beschriebene Innehalten notwendig, das Eintauchen in eine andere Welt der Details, Strukturen oder kleinen Lebewesen. Um da etwas einzufangen, halte ich meist selbst den Atem an, um nicht zu zittern, um diese kleine Welt nicht zu stören.

Manche Wetterumstände eignen sich besonders gut – Winter- oder Nebellandschaften, wobei der Nebel für mich wie ein Stilmittel wirkt, um Stille erlebbar zu machen, in dem er alles Grelle, Laute und Ferne verschluckt und nur den Moment bestehen lässt.

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Wie klingt Stille für dich?
Für mich klingt Stille wie das Verklingen eines Vibrierens oder eines Störgeräuschs oder wie das Verhallen eines Effekts, also wie eine Art Zwischenmoment zwischen dem Klang und der tatsächlichen Stille.

Welche Musik verbindest du mit Stille bzw. welche Musikstücke sind für dich zu Klang gewordene Stille?
Das Melancholie² Album von ColdWorld steckt für mich voll von solchen Momenten, allem voran der Track „Winterreise“ – wie die zur Musik gewordene Winterlandschaft.

Davon abgesehen (Dark) Ambient oder Drone, wie zum Beispiel von øjeRum, der wiederum auch als Collage Artist aktiv ist und dabei ganz wunderbare Vereinigungen von Mensch und Natur erschafft. Beides zusammen ergibt für mich eine eigene, meditative Welt.

Alle Fotos ©Morphosita.

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  1. […] bisherigen Interviews mit Morphosita (hier), Jan Sturm (hier) und Barkosina (hier) zum Thema Stille haben einige Facetten dieses […]

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