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Rhythm is a dancer

Nein, keine Angst, hier wird nicht plötzlich über Eurodance der Neunziger berichtet (aber wer jetzt einen Ohrwurm hat, keine Ursache), über Rhythmus und Tanzen allerdings schon. Vor allem das Tanzen zu rhythmischem Lärm elektronischer Art, wie zum Beispiel Rhythm’n’Noise, Dark Techno, Power Electronics, Power Noise, mal melodischer, mal industrial-verzerrter. Für Nicht-Fans schwer erträglich, für Fans pure Glückseligkeit und Tanzen in Trance. In München widmet sich seit einigen Jahren die Party- und Konzertreihe Dark Infection diesen Musikrichtungen, für die die Fans im sonst eher lärmarmen Süden Deutschlands auch aus anderen Städten anreisen. So auch zum 6-jährigen Jubiläum im Januar, das mit zwei hochkarätigen Live-Acts aus dem Haus HANDS und einer amtlichen Party gefeiert wird. Weiterlesen

De-Industrial

Zwei Wörter, die ich mit Sylvgheist Maëlström (noch) mehr als mit anderen Industrial- und Rhythm&Noise-Acts verbinde, sind „Dystopie“ und „Räumlichkeit“. Die vorherigen zwei Alben Norillag und Pripyat stellten mir postapokalyptische Landschaften in den Kopf, in denen unter einem leeren Himmel, vor einem ausgeräumten Horizont, unendlich weit weg, jeder verrostete Zahn des liegengebliebenen Schaufelbaggers einzeln zu klingen beginnt. Wie wird sich dann erst das neue Album anhören, nach und während all der Desaster dieser letzten paar Jahre? Schnell noch mal über das wie immer wunderbare Cover-Design aus dem Hause Hands gefreut und losgehört. Weiterlesen

Synthesen

Ein bisschen ist es ja ein zweites Jubiläumsalbum, oder man könnte diesen Eindruck haben: Zehn Jahre musikalischer Output von Phasenmensch, Material von fünf Alben, zuletzt das 2019 erschienene Haunted (The gentle indifference of the world) (Review), wurde für dieses Remix-Album von einer Schar Mitmusiker*innen umgeschrieben, umgespielt und gefeiert. Über zwanzig Titel, über zwei Stunden Spielzeit, da muss man gar nicht erst versuchen, einen Track-by-track-Durchgang zu schreiben. Darum zuerst nur kurz die Zahlen: Von den 22 Titeln sind 21 Remixe, 20 davon von Kolleg*innen unterschiedlicher musikalischer Ausrichtung, einer ist ein Eigen-Rework in bewährter Zusammenarbeit mit ICD-10. Dazu kommt als Opener ein neuer Track, der in Zusammenarbeit mit Antoine Saint-Martin entstanden ist. Und ich bin froh, dem Einzeldurchgang schon durch diese schiere Fülle von der Schippe zu springen; er könnte einem Album ohnehin nicht gerecht werden, bei dem die Beziehung der Stücke zueinander und zum jeweiligen Original fast ebenso tragend ist wie die musikalische Qualität der einzelnen Tracks.
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Die Schönheit der Veränderung

Okay, das ist – anders. Ich las ja schon, dass dieses Album eine spürbare Entwicklung in neue Richtungen zeige, aber gleich von einem Extrem ins andere? Denn das läuft hier jetzt schon zehn Sekunden lang und ich höre: Stille. Wohltuende Ruhe. Friedliches Nichts. Irritierter Blick zum Mute-Knopf, nö passt, hm, vielleicht mal die Kabel kontr… – ah, jetzt, weit weg in der Ferne taucht etwas auf. Es schwebt und scheppert sachte näher, aber es dauert eineinhalb Minuten, bis die charakteristischste aller Zerr-Bassdrums einsetzt und unmissverständlich sagt: Wir sind hier immer noch bei Mono no aware. Aber wie!

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Klanggewordene Stille

phasenmensch_haunted_coverZehn Jahre Phasenmensch: Seit 2009 erkundet Wolfram Bange mit diesem Projekt den Bereich zwischen Industrial, Rhythm&Noise, Downbeat und Dark Ambient, mal allein, oft in Kollaborationen. Mit den Kollegen von ICD-10 und dem 2017 gemeinsam veröffentlichten Divinity/Unity/Nothingness war er vor Kurzem in München zu Gast (zum Konzertbericht hier entlang), zugleich konnte der Release des Phasenmensch-Jubiläum-Solo-Albums Haunted [The gentle indifference of the world] gefeiert werden. Mit Ine-San und Ein Profil haben auch hier Gastmusiker Sounds und Ideen beigesteuert, allerdings nur bei einem bzw. zwei Tracks.
Zehn Jahre Phasenmensch sind mehr als „nur“ zehn Jahre des Entwickelns und Auslotens eines eigenen musikalischen Stils, der auf dem Jubiläumsalbum entsprechend rund und vollkommen konsequent wirkt, als sei er schon immer so da gewesen. Die Musik ist hier Hauptträger eines intermedialen Ansatzes, dessen inhaltliches Anliegen sehr tief geht, einer intensiven Beschäftigung mit Nihilismus und buddhistischer Philosophie, die in Klänge, Rhythmus und Zeit, Textfragmente, Bilder gefasst wird. Die Tracklist sagt es explizit: Haunted ist, mehr noch als seine Vorgänger, eine Einladung, mit auf eine Wanderung zu gehen, die vor allem nach innen führt.

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Von rutschenden Hosen, Zombieclowns und tanzenden Katzen

 

Meine Güte, wie die Zeit vergeht. Fünf Jahre gibt es den Katzenclub schon, die vierteljährliche Party- und Konzertreihe, die es schafft, an nostalgische Pulverturmzeiten anzuknüpfen und gleichzeitig die derzeit angesagtesten Bands aus dem schwarz-wavigen Untergrund auf die Bühne zu holen. Die Tempers waren schon da, Zanias, She Past Away, Lebanon Hanover, Ash Code, aber auch so Szenelegenden wie Psyche oder The Invincible Spirit; Klangstabils Boris May ist sowieso Stammgast. Doch die schönste Partyreihe taugt nichts ohne die DJs hinter den Reglern, und da kann der Katzenclub auf die langjährige Erfahrung der Pagan DJs zurückgreifen, auf DJ Thaly aus dem Pulverturm und diverse hochklassige Gäste an den Reglern, die die kleine Tanzfläche mit oft wohltuend unbekanntem Material versorgen. Solche Erfolge müssen gefeiert werden, dachten sich daher die Veranstalter, und daraus wurde das erste Katzenclub Festival im Feierwerk. Weiterlesen

Lärmglück in München

Der Süden Deutschlands ist traditionell nicht gerade verwöhnt mit Veranstaltungen aus den Bereichen Industrial, Noise, Rhythm ‘n‘ Noise und generell härterem, experimentellem Elektro. Die Dark-Infection-Partyreihe, die es seit Januar 2017 gibt, ist da in München ein echter Lichtblick, und besonders groß war die Freude, als die Veranstalter nach zwei reinen Partyabenden (Januar 2017 und 2018) für den Juni 2018 eine Konzert- und Partynacht in Aussicht stellten. Mit den Szeneurgesteinen P·A·L und Winterkälte konnten hierfür zwei echte Schmankerl gewonnen werden. Das kann ja nur ein großartiger, schweißtreibender Abend werden, weshalb sich am 16.6. eine durchaus ansehnliche Zahl Lärmfreunde von nah und fern im Feierwerk Orangehouse versammelt. Weiterlesen