Sex, Liebe und falschverstandene Moralvorstellungen

kruzituerken
In Schwabing schleppt sich ein Mann mit letzter Kraft die Leopoldstraße entlang und bleibt sterbend am Fuß des „Walking Man“ liegen. Ein toter Türke – ein Fall für das Team Migra. Zeki Demirbilek ist schnell vor Ort, da er ohnehin gerade zum Tavla-Spiel in der Gegend war.

Zur gleichen Zeit tritt eine Gruppe Bauchtänzerinnen in München auf. Sie ist zu Promotion-Zwecken für einen sündteuren Laden mit türkischer Mode für Musliminnen in der Maximilianstraße engagiert. Doch dann werden kurz hintereinander zwei Tänzerinnen ermordet: Meral, die in der Duschkabine aufgefunden wird, und Deniz, umgebracht in der Teeküche.
Es kommen so viele als Täter in Frage: Der schwule Tour-Manager Farhaad, der erpresst wird; die eine Tänzerin, die eifersüchtig auf die andere war; der Macho Okan, der den Gedanken nicht ertragen kann, von einem Mann einen geblasen bekommen zu haben, auch wenn er nicht gemerkt hat, dass es ein Mann war; die Eltern eines vor Jahren umgekommenen Mädchens, die eine der Tänzerinnen dafür verantwortlich machen …

Dies alles ist ein bisschen viel, nicht nur für den Leser, sondern auch für Demirbilek. Hinzu kommt nämlich, dass der Kommissariats-Leiter Weniger aufhört und Pius Leipold Interims-Chef wird. Neue Chefin wird eine Frau aus Augsburg werden, und man munkelt, dass sie die Migra auflösen will. Zekis Hausarzt will ihn eine Woche krankschreiben, schließlich findet er das sogar selbst eine gute Idee. Er stellt sich vor, wie es wäre, nach Istanbul zu fliegen und seine Ex-Frau Selma zurückzugewinnen, auch wenn mittlerweile eine andere Frau dabei ist, sich in seinem Kopf und in seinem Herzen einzunisten. Privat kann er es sich zeitlich jedoch nicht leisten, nach Istanbul zu fliegen, aber der Fall führt ihn dann doch da hin.
Er löst während seiner Reise unter aufregenden Umständen in kürzester Zeit mehrere vertrackte Fälle: Die Morde an den zwei Bauchtänzerinnen und dem Toten am Walking Man; das Verschwinden eines Vaters, dessen Tochter ihn um jeden Preis wiederfinden will; großangelegten Rauschgiftschmuggel und verworrene Liebesverhältnisse. Er gewinnt ein bisschen Klarheit sein Verhältnis zu Selma betreffend, und er kreuzt sogar den Weg von Jales Bruder und kann ihm die Leviten lesen.

Am schönsten war hier in dem dritten Fall von Kommissar Pascha wieder, die liebgewonnenen Charaktere weiter beobachten zu können: Jale Cengiz, Isabel Vierkant, Pius Leipold – seine Kollegen. Zekis Sohn Aydin, der mit Jale ein Kind bekommen wird, und seine Zwillingsschwester Özlem, die ihr Studium abgebrochen hat und wieder nach Istanbul zurückkehren will. Und wieder Derya Tavuk, die Kellnerin, die er während eines Falles kennen gelernt hat. Obwohl Zeki nichts so sehr möchte – außer natürlich die Fälle zu lösen – wie seine Familie zusammenzuhalten, driftet sie irgendwie doch immer weiter auseinander im Moment. Wie wird das alles weitergehen?
Die Geschichten um diese liebenswert gezeichneten Personen sind für mich persönlich wichtiger als die Fälle. Ich liebe den Lokalkolorit, den Su Turhan in seine Romane einbringt, und ich freue mich über alles auf die Weiterentwicklung seines Teams und seiner Lieben.


:lesen: :lesen: :lesen: :lesen: :buch2:

Su Turhan: Kruzitürken
Knaur TB (Januar 2015)
336 Seiten, 9,99 Euro
Amazon

(2333)