Starke Worte im neuen Gewand
Im neuen Album Neumond von Joachim Witt treffen seine großen und berührenden Worte auf Sequenzer, Bassdrum und Powerchords. Ein Zusammenspiel der neuen Art mit Martin Engler von Mono Inc. Die neue Scheibe ist erst seit dem 25. April auf dem Markt, aber die Musik dazu durfte ich mir schon seit längerem für diese Review anhören:
„Aufstehen“ lässt die Szenerie einer Katastrophe erscheinen, Wassermassen und Ruinen sind geblieben, aber da gibt es doch noch diesen Ruf nach Wiederaufbau und Erneuerung, der den Menschen doch immer wieder gegeben ist. Es geht weiter mit „Die Erde brennt“, die Glockentöne drängen zur Eile, die Flötentöne im Hintergrund lassen mich an so manche Straßenmusikanten denken. Meine Begeisterung lässt noch auf sich warten. Bei „Bis ans Ende der Zeit“ sind die Glockenschläge zurück, eine ruhige Melodie zieht in den Gehörgang und beschreibt das Trösten eines Freundes nach dem Verlust eines geliebten Menschen. Eine gut erzählte Geschichte, die mir insgesamt gefällt. Über das folgende „Mein Herz“ kann sich mittlerweile jeder dank der Webzine von SchwarzesBayern ein Bild machen. „Es regnet in mir“ und „Strandgut“ lösen bei mir Freude aus, hier ist Musik und Text stimmig, es kann getanzt werden, oder man kann sich den Texten ergeben. Was wäre ein Silberling von Herrn Witt ohne den vielmals besungenen Abschied: „Ohne Dich“ tritt in einer bewegungsfördernden Musikmischung an, um mit seinen Vorgängern zu konkurrieren. Ein gelungener Track, wie ich finde. Sphärische Klänge und eine Erzählstimme beinhaltet „Neumond“. Dieses Lied in Versform öffnet dem Zuhörer Augen und Ohren für die Person hinter dem Namen Joachim Witt. „Spät“ und „Frühlingskind“ sind in meinen Augen Goth-Pop, eine gefällige Musik zu einem besseren Text. „Dein Lied“ ist interessanter. Die hohen Synthesizer-Töne machen es aus, da wippt der Kopf mit, dazu würde auch so mancher Roboter seinen Takt finden. Die gleichen Töne finden sich wieder im „Fahnenmeer“, ein Track im Instrumentalstil. Interessant ist das eingefügte Orchester, und dass die Melodie zu „Aufstehen“ den Bogen zum Anfang des Albums spannt.
Der Sequenzer spielt eine maßgebliche Rolle bei Neumond, mir fehlen allerdings die Streicher, das Cello und das Klavier, welche ich auf so manchen Witt-Alben in den letzten Jahren schätzen gelernt habe. Die Zusammenarbeit von Witt und Engler trägt seine Früchte in Form von guten Texten mit gefälliger, Synthesizer-dominanter Musik. Hin und wieder setzt sich diese Mischung auch bei mir durch. Die Songs fordern mitunter zum Tanzen auf, und das ist schon einmal eine gute Voraussetzung für die Konzerte.
Im Gesamtpaket betrachtet ist Neumond eine neue musikalische Richtung, die der 65-Jährige ausprobiert. Die Texte sind gewohnt stark, und das lässt mich hoffen. Hoffen auf ein neues Experiment mit anderer Unterstützung.
Anspieltipp: Es regnet in mir
Joachim Witt: Neumond
Oblivion (SPV), VÖ. 25. April 2014
€ 15,99
Tracklist:
01. Aufstehen
02. Die Erde brennt
03. Bis ans Ende der Zeit
04. Mein Herz
05. Es regnet in mir
06. Strandgut
07. Ohne Dich
08. Neumond
09. Spät
10. Dein Lied
11. Frühlingskind
12. Fahnenmeer
(5520)