Tanz in die Unterwelt

Endlich ist wieder Free & Easy im Backstage, endlich wieder zweieinhalb Wochen vollgepackt mit Bands, Lesungen, Filmvorführungen, Partys und vielem mehr. Natürlich wie immer umsonst, wer garantiert reinkommen will, kann ein Reservierungsticket (inklusive zweier Getränkegutscheine) erwerben. Der heutige Samstag ist im Werk fest in elektroschwarzer Hand, die alten Szenehelden In Strict Confidence und Suicide Commando bitten zum Tanz, und wer danach noch nicht genug geschwitzt hat, kann bei der Blackstage mit DJ Sconan (Blackpaintingcrew) und DJ Shorze gleich weiterstampfen. Na dann – Stiefel geschnürt und ab ins Backstage.
DSC_3858Wie immer bei solchen Abenden sieht man überall bekannte Gesichter, fast schon ein kleines schwarzes Familientreffen, und das ist schön. Vertraut ist auch das Geschehen auf der Bühne, als In Strict Confidence mit „My despair“ beginnen, einem alten Bandklassiker. Doch halt, ein bisschen anders als sonst ist es schon – Dennis Ostermann wird heute nicht von den üblichen Bandmitgliedern begleitet und hat nur eine*n Mitstreiter*in an den Synths dabei, Haydee und Nina sind nirgends zu sehen … Schade, dann heute wohl ohne die schönen Leuchtflügel, die immer ein besonderer Hingucker der ISC-Bühnenshow sind. (Und die Markenzeichenmütze fehlt auch.) Aber wir sind ja wegen der Musik hier, und da ist alles beim Alten. Bei „Used and abused“ und „Kiss your shadow“ tanzen sich die ersten Reihen schon warm, und weiter geht die musikalische Reise durch über fünfundzwanzig Jahre Bandgeschichte. Es gibt „Forbidden fruits“ zu naschen (vom Album Exile paradise, 2006), keine „Mercy“ (oder doch?, jedenfalls von der letzten Veröffentlichung Hate2Love, 2018), und nicht nur Katzen haben „Seven lives“, sondern vielleicht auch wir. Untermalt werden die Songs auf der ansonsten weitestgehend im Dunkeln liegenden Bühne wie immer von atmosphärischen Videosequenzen, Dennis Ostermann kommt auch immer wieder nach vorn an den Bühnenrand. „Morpheus“ nimmt das Tempo ein wenig raus, bevor es mit „Engelsstaub“ und vor allem dem Szenehit „Zauberschloss“ (immerhin schon aus dem Jahr 2001) noch mal richtig tanzbar wird. „Herzattacke“ beschließt diesen sehr soliden Auftritt, Dennis Ostermann bedankt sich von Herzen beim Backstage, der Technik, den Leuten an der Bar, den – mittlerweile sehr zahlreichen – Gästen, was mit viel Beifall honoriert wird. Fein war’s, danke!

DSC_4018Zu Suicide Commando muss man eigentlich genauso wenig sagen wie zu In Strict Confidence. Seit 1986 sorgt der Belgier Johan van Roy für ordentlich Dampf auf den Tanzflächen und Konzertbühnen und hat es mittlerweile auf zehn Alben gebracht, die letzte Veröffentlichung Goddestruktor ist von 2022. Unermüdlich tourt er und bespielt die einschlägigen Festivalbühnen und entfesselt dabei jedes Mal ein amtliches und vor allem schweißtreibendes Feuerwerk. Live wird er unterstützt von Torben Schmidt (Infacted Recordings) an den Synths und Mario Vaerewijck an den Drums, die sehenswerten Videos im Hintergrund nicht zu vergessen. Johan selbst steht kaum eine Sekunde still, nachdem „The gates of oblivion“ den Auftritt eröffnet hat, kommt immer wieder ganz nach vorn an den Bühnenrand, sucht den Kontakt zu den ersten Reihen, während er einen Bandhit nach dem anderen abfeuert. „God is in the rain“ und die Liebeserklärung „I’d die for you“ zeigen, dass auch Platz für melancholische Momente im Elektrofeuerwerk ist, „God of destruction“ und „Sterbehilfe“ geben sich dafür wieder richtig finster. „Kill all humanity“ vom aktuellen Album Goddestruktor ist ein etwas zurückgenommener, aber sehr intensiver Midtempo-Song, ein kleines Luftholen, bevor das bekannte „Cause of death: Suicide“ wieder ordentlich Dampf macht. Eindringlich („The devil“, „We are transitory“), hart und tanzbar („Love breeds suicide“) geht es weiter, bis mit den zwei Krachern „Dein Herz, meine Gier“ und „Die motherfucker die“ der Hauptteil des Auftritts zu Ende geht. Nachdem aber alle so schön warmgetanzt sind, gibt es natürlich noch eine Zugabe, bei der es tief hinab in die „Unterwelt“ und zum „Hellraiser“ geht. Bedankt, Suicide Commando, das war fett!

Bei beiden Bands weiß man, was man bekommt – nicht mehr, aber definitiv auch nicht weniger. Die meisten Anwesenden haben beide Acts wahrscheinlich sogar bereits diverse Male live gesehen, die Songs und Setlisten sind vertraut – und manchmal ist gerade dieses Vertraute genau das Richtige. Tanzen, Mitsingen, Feiern, viele bekannte Gesichter um einen herum und auf der Bühne, und das alles auch noch beim Free & Easy. Ein schöner Elektrokonzertabend, der danach noch seine Fortsetzung bei der Blackstage findet. Sconan und Shorze sorgen in den nächsten Stunden mit einer Mischung aus bewährten EBM- und Düsterelektroklassikern sowie aktuellerem Material für viel Bewegung auf der Tanzfläche – danke auch an euch beide!

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2:

Setlist Suicide Commando:
The gates of oblivion
God is in the rain
I’d die for you
God of destruction
Sterbehilfe
Kill all humanity
Cause of death: Suicide
The devil
Love breeds suicide
We are transitory
Dein Herz, meine Gier
Die motherfucker die

Unterwelt
Hellraiser

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