Schweden rockt

Mittwochabend, das derzeitige Konzertangebot bringt einen schier ins Armenhaus, vier eher Insidern bekannte Bands – wie viele Zuschauer sich da wohl in den Backstage Club schleppen werden? Zu Beginn des Abends tatsächlich erschreckend wenige, dabei stehen mit Altum Atramentum, Saeculum Obscurum, Nominon und Valkyrja vier vielversprechende Bands auf dem Spielplan, die für einen abwechslungsreichen Konzertabend sorgen sollten. Aber was nicht ist, kann ja noch werden!

altum-atramentumDie 2008 gegründeten Altum Atramentum aus Thalheim in Sachsen machen um halb acht den Anfang und spielen in der folgenden halben Stunde musikalisch soliden, aber wenig überraschenden Midtempo-Black-Metal mit deutschen Texten, der aber grundsätzlich schon mal ganz gut in die Nackenmuskulatur geht. An Liedtiteln habe ich leider nur „Blutgericht“ verstanden, insgesamt hören wir fünf Songs der Sachsen. Ein wenig fehlt mir hier noch die Eigenständigkeit des Materials, und ich hätte mich über etwas mehr Interaktion der Band mit dem Publikum gefreut. Einzig Sänger Enrico Wolf legt hier eine engagierte Bühnenshow mit den entsprechenden Grimassen und Verrenkungen hin, seine Kollegen wirken sehr auf ihre Instrumente konzentriert und werfen kaum einen Blick zu den Zuschauern. Insgesamt ein okayer Einstimmungsauftritt, der mich aber nicht vollständig überzeugt hat.

saeculum-obscurumWeiter geht’s nach kurzer Umbaupause mit den Münchner Extrem-Metallern Saeculum Obscurum, bei denen sich der Club auch endlich etwas füllt. Mir war vor dem Auftritt nur der Name und die ungefähre musikalische Ausrichtung bekannt, nicht aber die Atmosphäre, die die Band mit wenigen Mitteln auf der Bühne erzeugt. Viel Nebel (ok, als Fotografin fluche ich hier dann doch ziemlich), schwarze Kutten mit weißen Puppengesichtermasken und ein in ein sakral anmutendes Gewand gehüllter Sänger mit Pandaschminke wirken erstaunlich finster und eindringlich und bringen das Songmaterial exzellent zur Geltung. Auch Saeculum Obscurum (gegründet 2007) spielen eine halbe Stunde, bringen allerdings nur drei Songs darin unter: „The Whore“, „Holy Murderers“ und „Apotheosis“, alle vom hervorragenden zweiten Album Apotheosis, das keinem Fan von Underground-Extrem-Metal fehlen sollte. Mächtig ist die Musik, komplex, erhaben. Schöne Akzente werden gesetzt, wenn Sänger Omnicron zwischendurch immer wieder kurz die Bühne verlässt und den übrigen Bandmitgliedern Raum für instrumentale, atmosphärische Parts gibt.
Hier passt auch die nicht vorhandene Interaktion mit dem Publikum zum Gesamtkonzept des geheimnisvollen, distanzierten Auftritts und stört mich nicht so wie bei Altum Atramentum.
Ich bin wirklich begeistert und hoffe, die Band bald wieder in München sehen zu können.

nominonDanach ist der Abend dann fest in schwedischer Hand, und wer mich kennt, weiß, wie sehr mein Herz für schwedische Bands (und ihr Herkunftsland) schlägt. Nominon aus dem schönen Jönköping haben also schon mal einen gewissen Bonus bei mir, den sie durch das in den nächsten vierzig Minuten folgende Death-Metal-Feuerwerk rundum bestätigen. Die Truppe hat schon zwanzig Jahre auf dem Buckel und ist dementsprechend gut aufeinander eingespielt. Nach dem großen Ruhm hat man nie gestrebt, die Verwurzelung im Untergrund war ihnen wichtiger, und das merkt man auch: Hier gibt es Metal mit Leib und Seele, Haaren und Bier. Die Setlist besteht aus einem Rundumschlag durch die gesamte Diskografie der Band mit leichtem Schwerpunkt auf dem aktuellen Album The Cleansing aus dem Jahr 2012. Nach Songs wie „In the Name of Gomorroh“, „Sodom’s Fall“, „Hordes of Flies“, „The Cleansing“ oder dem abschließenden „The Hammer“ haben sich die meisten Anwesenden warmgebangt und verabschieden Nominon mit mehr als wohlwollendem Applaus.

valkyrjaTja, und dann … dauert es etwas länger, bis die zweite schwedische Band des Abends, Valkyrja aus Stockholm, ohne Angabe von Gründen mit doch deutlicher Verspätung auf die Bühne kommt. Das Publikum – immerhin mittlerweile stolze sechzig Leute an diesem trüben Mittwochabend – hat geduldig gewartet, Valkyrja dürften von allen Bands heute den größten Bekanntheitsgrad haben. Das Warten hat sich auch gelohnt, wir werden mit wunderbar wahnsinnigem Black Metal belohnt, bei dem man allerdings nicht nur die Rübe schütteln, sondern auch auf die kompositorischen Feinheiten in den Songs achten sollte. Erfreulich eingängig ist manches, ohne an Härte zu verlieren („Madness Redeemer“ vom aktuellen Album The Antagonist’s Fire zum Beispiel oder „Ambience of the Dead“ von Contamination), manches einfach nur schön kompromissloses Geknüppel („Frostland“ von The Invocation of Demise). Sehr gut gefällt mir auch Sänger A.L.s kräftig-dunkle Stimme sowie sein authentisch-psychopathisches Gebaren auf der Bühne, das ganz und gar nicht aufgesetzt wirkt.
Leider ist der Auftritt – wieder ohne Angabe von Gründen – früher als geplant zu Ende, Zugabe gibt es auch keine. Nun gut, dann schafft man noch die S-Bahn, aber ganz so abrupt hätte der Abend jetzt nicht zu Ende sein müssen.

Fazit: Schweden rockt einfach, Nominon und Valkyrja liefern sehr gute, mitreißende Auftritte ab, denen aber Saeculum Obscurum als meine Überraschungsband des Abends in nichts nachstehen. Altum Atramentum haben insgesamt einen guten Job als Anheizer gemacht, wenn sie jetzt noch etwas mehr auftauen auf der Bühne, reißen sie auch das Publikum sicher noch mehr mit.
Insgesamt war es jetzt eher familiär mit viel Platz zum Haarekreisenlassen, aber alle Anwesenden hatten anscheinend Spaß, und das ist ja das Wichtigste.

Setlist Valkyrja:
As everything ruptures
Laments of the Destroyed
Madness Redeemer
The cremating Fire
Sinister Obsession
The Vigil
Frostland
Ambience
Eulogy
Oceans to Dust

:mosch: :mosch: :mosch: :mosch: :mosch2: (mit Tendenz zu fünf)

 

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