Kunst in den Zeiten des Coronavirus

Geht es euch wie mir? Seid ihr auch total ausgehungert auf alles, was sich außerhalb eurer eigenen vier Wände abspielt? Endlich mal was anderes außer Serien schauen und essen? Ab 11. Mai öffneten sukzessive die Museen, ich wollte es unbedingt bald ausprobieren, wie so ein Besuch in den Zeiten des Coronavirus wohl sein würde. Miss Übervorsichtig – also ich – hat sich also online ein Zeitfenster gebucht und ist an einem Freitagmittag zum Haus der Kunst gefahren. Mitgebrachte Taschen wurden entweder in von dort gestellte Plastiktaschen gepackt oder sollten in Schließfächern deponiert werden. Fotos machen? Ja, ohne Blitz. Also, los ging die Tour, mit einer bereits vorab in der U-Bahn angewärmten Mund-Nasen-Maske. Schön wenig Leute waren dort (schön für uns, schlecht für das Museum), entspannt konnte man herumschlendern, Fotos machen, vor Exponaten verweilen. Das Aufsichtspersonal war entspannt und hat sich gefreut, wenn man gegrüßt hat zum Anfang und beim Abschied. Und was war dazwischen?

Theaster Gates: Black Chapel (noch bis 16.8.2020)

In der 800 Quadratmeter großen Mittelhalle des Haus der Kunst wird von dem 1973 geborenen US-amerikanischen Künstler Theaster Gates die Installation „Black Chapel“ gezeigt. Zwei Pavillons und Vitrinen zeigen Skulpturen, Fotografien und Dokumente „Schwarzer Kultur“. Wie das dargestellt ist, bringt einen dazu, sich mit Fragen zu Schwarzer Geschichte, Spiritualität und Repräsentation auseinanderzusetzen.

Bildmaterial aus den Magazinen „Ebony“ und „Jet“ – Publikationen mit Kultstatus, die maßgeblich zur Verbreitung Schwarzer Kultur in den Vereinigten Staaten beitrugen:

Leuchtreklamen mit Produkten, die vorzugsweise die schwarze Bevölkerung liebte:


Ein „Houseberg“, Jesse Owens repräsentierend:

 

Franz Erhard Walther, Shifting Perspectives (bis 29.11.2020)

Von dem 1939 in Fulda geborenen Künstler darf man sich keine normalen Bilder und Skulpturen erwarten. Er hat von früh an mit unterschiedlichen Medien und Gestaltung experimentiert, er hat den Betrachter als Akteur mit einbezogen und damit einen neuen Werkbegriff formuliert. Walther hat beobachtet und Studien betrieben, wie sich Materialien verhalten (wenn man sie beispielsweise faltet), er hat gesehen, wie sie wirken (in großer Menge neben- und untereinander),

und er hat vor allen Dingen mit Stoff gearbeitet, mit Stoff im Raum, und bald haben menschliche Körper hierbei eine große Rolle gespielt. In die Stoffe konnte man reinschlüpfen, draufliegen, sich bedecken, der Akteur und der Stoff wurden ein Kunstwerk. Normalerweise war gedacht, dass die Exponate teilweise angezogen oder betreten werden. Das Verständnis des Betrachters würde auf diese Weise ganz anders herausgefordert. Aufgrund der aktuellen Situation ist dies derzeit leider nicht möglich. Schade, das hätte ich mir sehr interessant und imposant vorgestellt. Einen kleinen Eindruck verschafft aber das Video:

Anschließend bin ich über die Terrasse der Goldenen Bar ein wenig in Richtung Englischer Garten geschlendert. Die Eisbachwelle war schon aktiviert, und viele junge Surfer hatten dort trotz der Kälte ihren Spaß. Leider konnte man nirgends verweilen, kein Kaffee weit und breit, keine Holundersaftschorle oder gar ein Glas Prosecco. Das ist wahrscheinlich noch ein weiter Weg bis dahin. Aber dass man nun zumindest mit Abstrichen wieder ins Museum gehen kann, ist schon mal ein Stück in Richtung Normalität.

Haus der Kunst (seit 11. Mai 2020 wieder geöffnet):
Prinzregentenstr. 1
80538 München
https://hausderkunst.de

Öffnungszeiten: Mo bis So 10 bis 20 Uhr
Do 10 bis 22 Uhr

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